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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. 52. Bd. Nr. 5.
Die Trift zeigt eine große Regelmäßigkeit: Das Schiff wird fast bis zur Ausgangsstelle wieder zu
rückgetrieben. Im übrigen aber sehen wir die gleichen Charakterzüge wie bei den übrigen Schiffen.
Die Triften der „Ceres“ 1 ) und „Gottfried Poppe“. 2 )
(Siehe Tab. 37 und Taf. 7 Fig. 1 und 2.)
Die Triften weichen insofern von den übrigen ab, als sie nicht in den Langeland-Belt, sondern
in die Kieler Bucht hinein setzten. Die Trift der „Ceres" begann aber bereits am 6. Februar, also zu
einer Zeit, als auch die Vereisung erst im Entstehen begriffen war. Das Schiff konnte deshalb
noch teilweise mit eigener Maschinenkraft arbeiten. Im großen und ganzen läßt sich jedoch die West
wärtsversetzung mit dem Eise erkennen (vergl. auch die Aufzeichnungen des Tagebuchs in Tab. 57).
Am 12. 2. war das Schiff bis dicht vor Schleimünde getrieben worden. Hier wurde es von Packeis
eingeschlossen und blieb bis 8. 3., also fast vier Wochen fest. Dann trieb es ostwärts ab und erreichte
am 14. 3. 20 Uhr nördlich der Prerow-Bank das eisfreie Wasser.
Von dem Dampfer „Gottfried Poppe“ liegt endlich nur eine zehnstündige Triftperiode vor. Als
„Luleälf“ und „Götaälf“ noch bei Rödby bzw. Hyllekrog trieben, befand sich der in Frage stehende
Dampfer bereits südlich der Südspitze Langelands. Darauf trieb er von hier weiter bis zur Südspitze
von Aerö und blieb hier vom 11. 2. bis 8. 3. liegen, bis er durch das zufällige Auftreten einer
durch seine Position laufenden Rinne in eisfreies Wasser kam.
Allen Triften gemeinsam ist folgendes:
Mit Ostwinden treiben die Schiffe nach Westen, entweder in den Langelandbelt oder in die
Kieler Bucht hinein. Die Trift in den Belt hinein aber fand zeitlich später statt. Es liegt daher die
Annahme nahe, daß sich mit der zunehmenden Eisblockade sowohl die Lübecker, als auch die Kieler
Bucht mit Eis verstopften, und so den später als „Ceres“ und „Gottfried Poppe“ auf Trift gehenden
Fahrzeugen der Weg nach Westen versperrt wurde. Auch wird sich an der Südspitze Langelands
ein Festeisblock gebildet haben, der den Eisstrom in zwei Teile gespalten hat: dieser wird dann
teils nach Norden in den Langelandbelt, teils in die Kieler Bucht, solange diese jedenfalls noch
nicht mit Packeis verstopft war, gewandert sein.
Was endlich die „Gottfried Poppe“ anbelangt, so wird sich der oben genannte Festeisblock zur
Zeit ihrer Vorbeitrift wohl noch nicht in voller Stärke entwickelt haben können, so daß das Schiff
noch daran vorbeikommen konnte.
Die völlige Abhängigkeit der Eisbewegung von der Windrichtung erkennt man am besten an den
beiden Dampfern „Sayn" und „Götaälf”. Abgesehen von der Südostwärtsbewegung beider vom 19.
bis 20. 2., worüber schon früher berichtet wurde, erkennt man deutlich die Südwärtsbewegung im Lan
gelandbelt während der zweitägigen Westwindperiode am 21. und 22. 2. Fast momentan stellt sich
das Eis auf die neue Windrichtung ein und ebenso, als am 23. 2. der Wind wieder nach Osten um
sprang. (Vergl. dazu d. a. S. 55 Gesagte, sowie Taf. 7 Fig. 5 und Taf. 6).
Gehen wir nun zur Betrachtung der Triftgeschwindigkeiten über, so hatten wir Seite
52 gesehen, daß zu der Triftgeschwindigkeit in enger Beziehung steht der durch das (Wirken der ab
lenkenden Kraft der Erdrotation hervorgerufene Ablenkungswinkel. Diese Winkel, die aus den Tab.
34 bis 37 ersichtlich sind, wollen wir zunächst betrachten. Es ergibt sich, daß die Winkel ganz er
heblich variieren, und daß statt der für die nördliche Erdhalbkugel geforderten Rechtsablenkung, so
wohl Rechts- wie Linksablenkungen unregelmäßig durcheinander Vorkommen, ja, daß sogar in eini
gen Fällen praktisch Wind- und Triftrichtung zusammenfallen, in anderen wieder einander entge
gengesetzt sind. Außerdem durchlaufen die Winkel sämtliche Richtungen der Windrose.
Es liefern uns die beobachteten Ablenkungswinkel zwischen Trift und Wind also keinerlei Un
terlagen, die zur Berechnung der Kraftübertragung des Windes auf das Eis führen. Um aber trotz
dem, wenn auch nur angenähert, zu einem zahlenmäßigen Ausdruck für diese Größe (c) zu gelangen,
1) Kleines Wetterbuch d. Deutschen Seewarte. Nr. 2123.
2) Aus dem Originaltagebuch des Dampfers.