Dr. Johann Richter: Die Vereisung der ßeltsee und südlichen Ostsee im Winter 1928/29.
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Fortsetzg. Tab. 20. Verlauf d. Winters 1908/09 a. d. deutschen Ostseekiiste.
Periode
Anzahl
Tage |
Wärme-
bzw.
Kältesumme ;
Mitteitem p.
d. Periode
Neufahrwasser .
7.11. —16.11.
10
|
— 45,()
— 4,5
1 22.12,— 5. 1.
6. 1. — 10. 1.
11. 1, — 21. 3.
15
5
70 |
— 84,0
+ 7,5
237,5
— 5,6
+ 1,5
-3,4
Memel
12.ll.-16.il.
5
— 22,0 !
-4,4
22.12.— 5. 1.
6. 1. —10. 1.
11. 1, —21. 3.
15
5
70
— 86,0
+ 4,0
— 354,5
— 5,7
+ 0,8
— 5,1
Damit wollen wir uns nun den örtlichen Unterschieden, die Vereisung betreffend, zuwenden
und zunächst, die Eisbildung in der Beltsee besprechen.
c) Die Vereisung der Beltsee.
Betrachten wir den Verlauf der Vereisung in der Ostsee während des Winters 1928/29 (s. S. 27),
so erkennen wir deutlich zwei Phasen. Ein Vor Stadium, das am 19. Dezember 1928 beginnt und
am 23. Januar 1929 seinen Höhepunkt erreicht hat, und die Hauptvereisungsperiode, die mit dem Ein
setzen des strengen Frostes am 1. Februar 1929 beginnt und ihr Ende in der südlichen Ostsee erst
am 30. April 1929 findet.
ln der Beltsee, die wir nun betrachten wollen, zeigt sich das erste Eis während des Vorstadiums
nur in clen Buchten: So am 21. 12. bei Seeland, am 9. 1. auch in denen des dänischen Festlandes. Erst
nach Eintritt des strengen Frostes, am 2. 2., erscheint das Eis im Hauptfahrwasser, und zwar zuerst
im Sund. (S. Taf. I K. 7). Nach weiteren zwei Tagen sehen wir das Eis auch im Grollen Belt und
noch zwei Tage später im Kleinen Belt. (Taf. 1, K. 8 u. 9). Auch bemerken wir beim Betrachten der
Karten 7 u. 8 (Taf. 1), daß das Eis des Sundes zuerst an dessen Nordeingang, bei Helsingör, auftritt,
dagegen beim Feuerschiff „Drogden“, das nahe dem Südausgange liegt, erst beträchtlich später.
(Nach den Eismeldungen (1) tritt das erste Eis bei Drogden allerdings schon drei Tage früher auf
als bei Helsingör. Vermutlich handelt es sich aber hier noch nicht um das infolge des Frostes an
Ort und Stelle gebildete Eis, sondern um vereinzeltes, mit der Strömung hierher verfrachtetes
Treibeis; denn es wurde auf der von der Deutschen Seewarte herausgegebenen Eiskarte nicht be
rücksichtigt).
Zur Erklärung dieser Erscheinungen verwenden wir die jährlich herausgegebenen Beobachtungs-
daten, wobei wir auch auf frühere Winter zurückgreifen müssen. Ferner sei darauf hingewiesen,
daß sich unsere Betrachtungen stets auf die Hauptfahrrinnen beziehen sollen, nicht aber auch auf die
Buchten und Häfen. In Betracht gezogen wurden alle diejenigen Winter seit 1906/07, deren „Kälte-
summen“ (vergl. S. 30 und Tab. 13 S. 31) im Beltseegebiet größer sind als 100: Es sind deren acht.
Diese Winter verursachten infolge ihrer großen Kälte eine so starke Eisbesetzung im Beltseegebiet,
daß die Feuerschiffe (2) des Eises wegen eingezogen werden mußten. Wir wollen sie daher mit
Gehrke (3) als „Eiswinter” bezeichnen.
Wir wollen nun zunächst die Länge der Vereisungsperioden untersuchen. Dazu wählen wir uns
fünf charakteristische Stationen im Beltseegebiet aus: Middelfart, am Norcleingange des Kleinen Belts,
zwei Stationen im Großen Belt: Westrinne und Ostrinne, und zwei Stationen im Sund: Helsingör und
Drogden. Die Beobachtungsergebnisse sind in Tab. 21 zusammengestellt (s. Taf. 4, Fig. 5a). Trotz
vielfacher Abweichungen im einzelnen ist doch eine auffallende Gesetzmäßigkeit zu erkennen: Die
1) N. M. A. 1929. Tab. V, S. XVI.
2) N. M. A. 1906—1929. Tab. „Oeversigt over Inddragningen af dauske Fyrskibe under Isforhold.“
3) Joh. Gelivke: „On the After-effect usw. S. 1. S. Fußn. S. 30.