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Full text: 52, 1933/34

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Dr. Johann Richter: Die Vereisung der Beltsee und südlichen Ostsee im Winter 1928/29. 
münde hörte das Packeis auf, das Eis wurde leichter und führte schließlich in offenes Wasser. Ein 
20 Uhr waren „Ermack“ und „Trouvor“ bereits vor Marienleuchte. Trotz wieder einsetzenden Nebels 
wurde die Weiterfahrt unter Loten fortgesetzt. 
14. März. Um 1 Uhr zwang jedoch der Nebel die Eisbrecher einstweilen zum Ankern. Etwa um 
9 Uhr klarte es auf, worauf die Fahrt fortgesetzt wurde und um '/*12 Uhr waren „Ermack“' und „Trou 
vor“ vor der Holtenauer Schleuse. „Trouvor“' lief sofort ein, während „Ermack“ zunächst den Kieler 
Hafen aufbrach und erst um 18 Uhr zum Kohlen und zur Wasserübernahme festmachte. 
Die Eisverhältnisse waren nun auf dem Stand, daß eine Eishilfe durch Linienschiffe wieder 
möglich war. Da aus den Berichten der Kapitäne von „Götaälf“ und „Luleälf“ hervorging, daß sämt 
liche noch festsitzenden Schiffe in Seenot waren, lief Linienschiff „Elsaß“' zum zweiten Male zur Eis 
hilfe aus. 
15. März. Um 6 Uhr 50 hatte „Elsaß" südwestlich von Darsserort clie Grenze des Packeises er 
reicht. Von Kiel bis Gedser-Riff war, von einigen Schollen abgesehen, stets freies Fahrwasser gewe 
sen. Der Marsch durch das Eis ging ohne besondere Schwierigkeiten vor sich, Boxen war nur selten 
nötig. Bis 19 Uhr waren die vier festsitzenden Dampfer: ..Rita“, „Ceres", „Tczew" und „Lisa“ befreit 
und ins offene Wasser entlassen. Oestlieh der Geclser Enge lag unter Land noch ein Eisgürtel von 
8 bis 10 sm Breite, nördlich davon war clie See eisfrei. „Elsaß” trat nunmehr die Fahrt nach der Kie 
ler Bucht an, um die bei Gabelsflach festsitzenden „Baitrader“' und „Havborg" zu befreien. 
16. M ä r z. Der Rückmarsch ging ohne besondere Schwierigkeiten vor sieh. 7 sm nordöstlich 
Gabelsflach wurde erneut das Packeis angetroffen, und gleichzeitig kamen auch die beiden gesuchten 
Schiffe in Sicht. Da sie in einem Eisfelde von Brcitgruncl hierher getrieben worden waren, nahm 
„Elsaß” an, daß das Eis im Norden und W esten begrenzt sei und ein Umgehen möglich wäre. Dieses 
gelang. Vor der Lckernförder Bucht lag stellenweise noch sehr schweres Packeis, das z. T. erst nach 
wiederholtem Boxen überwunden werden konnte. Die Bucht selbst war mit einer glatten Eisdecke 
überzogen, clie ohne große Mühe durchbrochen werden konnte. Etwa um 11 Uhr war diese Arbeit be 
endet und nun wurde Kurs auf „Baitrader“ genommen. Dieser, wie auch ..Havborg“, steckte in 
schwerstem Packeis. Die „Elsaß" stieß von W esten her in das Feld hinein und konnte an dessen 
Ostseite clie beiden Dampfer ins offene W asser bringen. Um 16 Uhr lief „Elsaß“ in Kiel ein. 
„Ermack " und ..Trouvor'' hatten am Morgen des 15. 5. die Aufbrecharbeiten im Kanal begonnen 
und waren am 16. 5. gegen 12 Uhr vor Brunsbüttel angekommen. 
17. März. Ueber clie Eisverhältnisse im Großen Belt äußerten sich die Führung der „Schleswig- 
Holstein" und des Hapag-Dampfers „Thuringia“, die beide von Kiel nach der Nordsee bestimmt 
waren und die Fahrt um Kap Skagen machten. W enn der Westwind anhalten würde, wäre ein Pas 
sieren des Beltes mit starken Dampfern möglich; sowie aber wieder östliche Winde aufkommen wür 
den, würden clie Buchten der Fahrwasser wieder mit Eis verstopft werden und die Schiffahrt behin 
dert werden. 
18. März. Da schon am 16. wieder Schiffe von Holtenau in die Ostsee ausliefen, ließen die Eis 
verhältnisse ein Passieren unbedenklich erscheinen. Am 19. 5. setzten aber wieder östliche Winde ein 
und verstopften clie Gedser Enge aufs neue. Zwei Dampfer waren schon wieder festgeraten. Zwar 
kam der eine von ihnen schon am nächsten Tage wieder frei, der andere wurde jedoch bei Saßnitz 
in neuen Eispressungen beobachtet. 
Die Aufbrucharbeiten im Kaiser-Wilhelm-Kanal waren am 21. 3. beendet und der Verkehr für 
eingleisige Fahrt freigegeben. Da eine Verwendung der Eisbrecher in der Ostsee nun auch nicht 
mehr nötig war, wurden diese nach Leningrad entlassen. Damit war die Eishilfe der Reichsmarine 
ebenfalls erledigt. 
Die Eismassen waren jedoch noch lange nicht weggeschmolzen, hin und wieder kamen immer 
noch Schiffe fest, so vor Heia im Treibeis noch 8 Dampfer. Das letzte Eis in der südlichen Ostsee 
wurde am 50. April gemeldet. 
Wir wollen nun den beschreibenden Teil dieser Arbeit verlassen und in den folgenden Ab 
schnitten versuchen, eine Erklärung für die Vereisung der Ostsee zu geben. Als nächstes Kapitel 
soll die Besprechung der Witterungsverhältnisse folgen.
	        
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