Dr. Johann Richter: Die Vereisung der Beltsee und südlichen Ostsee im Winter 1928/29.
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Während der Eisperiode melden 35 Stationen (i) — Leuchttürme und Lotsenstationen — jeden
Morgen die Eisverhältnisse ihres Sehbereiches. Nachrichten über gefragte, aber nicht meldende
Stationen werden von den örtlichen Behörden, etwa der Eisenbahnfähre gegeben, ebenso Nachrich
ten von in See befindlichen Schiffen, Lotsen und Eisbrechern. Diese Meldungen werden zu einem
Sammelbericht und in eine Karte zusammen gefallt und telegraphisch und schriftlich veröffentlicht.
Der telegraphische Bericht (2) geht an die
Sturmwarnungsstellen: Aalborg, Aarhus, Apenrade, Esbjerg, Frederikshavn, Odense.
Eissignalstationen: Fornäs, Hämmeren, Helsingör, Hirshals. Kjelsnor, Sejrö, Skagen.
Staatssignalstationen: Ilanstholm. Kronborg.
\ on diesen Stationen können Schiffe auf Anfrage Auskunft erhalten. Wenn nötig, werden Eis
signale auf vier schwarzen Tafeln, die 15 Fahrwasser umfassen, gegeben; aber nur dann, wenn
die Schiffahrt für Segler noch nicht geschlossen ist. Viermal am Tage werden Funksprüche in offe
ner englischer Sprache ausgesandt. Im Gegensatz zu anderen Ländern, die diese Sprüche verschlüs
selt geben, geht Dänemark von der Annahme aus. daß bei schlechtem Wetter die Entschlüsselung an
Bord mit Schwierigkeiten verknüpft ist. Daß in diesen Funksprüchen die Angaben über eingezogene
Feuerschiffe, Wind und Temperatur enthalten sind, sei als selbstverständlich hier nur erwähnt.
Der schriftliche Eisbericht enthält nun alles Wissenswerte in übersichtlicher Form. Er wird Be
hörden, der Presse, Reedereien und anderen Interessenten zugestellt.
Erheblich später erst als der dänische Eisdienst wurde der deutsche Meldedienst eingerichtet.
Seit 1896/97 erfolgt eine Veröffentlichung der Eismeldung in Verbindung mit dem täglichen Wetter
bericht der Deutschen Seewarte *). Im Winter 1926/27 wurden auf der Deutschen Seewarte die
ersten Eisübersichtskarten, zuerst noch handschriftlich, und deshalb naturgemäß in nur beschränktem
Umfange, hergestellt und an den Böisen der wichtigsten deutschen Seestädte zum Aushang gebracht.
Seit dem Winter 1927/28 werden diese Karten in bedeutend größerer Auflage im Steindruckverfahren
angefertigt und sind so einem großen Interessentenkreis zugänglich gemacht worden.
Die funkentelegraphische Verbreitung der Eismeldungen erfolgt von der Küstenfunkstation Nord
deich (5), und zwar auf ungedämpfter und tonmodulierter Welle, damit auch die kleineren Fracht
dampfer und Motorsegler, die vorzugsweise die Ostsee befahren, und die meistens nur tonmodulierte
Wellen auffangen können, auch wirklich Nutzen aus dieser Einrichtung ziehen können. Die Aus
sendung des Berichts erfolgt um
10 h 50 m auf ungedämpfter Welle
11 h 15 m auf modulierter Welle
und wird durch das Wort „Eis“ eingeleitet.
Der Melde Vorgang vollzieht sich wie folgt: Eine Reihe von Stationen, 47 an der Zahl (4). melden
ihre Beobachtungen der Deutschen Seewarte. Hier werden sie zu einem Sammelbericht zusammenge
faßt und an die wichtigsten Stationen weitergeleitet. Eine dieser ist eben die Funkstation Nord
deich. die anderen (5) sind:
Kiel, wohin auch die außerdeutschen Meldungen gehen,
Cuxhaven, Wilhelmshaven, Pillau und List.
Jede Station hat ihr Kennzeichen. Wünscht ein Schiff Auskunft, so ruft es die Station mit diesem
Zeichen an.
Ein Beispiel mag das erläutern:
Ein Schiff wünscht von der Station Norddeich Auskunft über Eisverhältnisse in der Ostsee. Jede
Station ist auf eine bestimmte Wellenlänge und Frequenz abgestimmt. Diese Daten entnimmt die
Schiffsleitung der Broschüre „Funkwetter“ der Deutschen Seewarte. Dort findet sie unter Nord
deich (6) die Angaben
1) ebenda, S. 509.
2) ebenda, S. 510.
5) „Funkwetter“, 8. Aufl. herausgegeb. v. d. Deutschen Seewarte Hamburg, Aug. 1928. S. 126.
4) „Der Pilote“. N. F. jalirg. 1929. Hrsggb. v. d. Deutschen Seewarte Hamburg. S. 196/19?, Tab. TU.
5) „Funkwetter“, S. 129.
6) „Funkwetter“, S. 126.
*) P. Peter sen, Zur Entwicklung des Eisnachrichtendienstes d. Deutschen Seewarte. Meereskundl. Beiträge
d. Ges. f. Erdkunde Berlin, anläßlich ihrer Hundertjahrfeier: 24.—26. Mai 1928, S. 22.