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Aus dem Ai'chiv der Deutschen Seewarte. — 52. Bd. Nr. 4.
luftvorstöße aus südwestlicher Richtung haben oftmals Temperaturen von 11—■ 12°; das ergibt Unter
schiede zwischen Luft und Wasser von 6 — 7°.
Daß auch offene, weniger geschützte Fjorde eine wesentlich geringere Nebelhäufigkeit als die Küste
besitzen, ist auf die höhere Wassertemperatur derselben zurückzuführen. Ganz frappant waren die
Unterschiede der Wassertemperaturen zwischen Küste und dem Ameralikf jord (15 km südlich Godthaab).
Die Temperatur stieg von 4,8° vor der Küste ziemlich sprunghaft auf 12,5° im Fjord. Der Ameralik-
fjord ist ziemlich lang und steht nicht mit Gletschern in Verbindung; das Wasser wird also stark durch
wärmt. So kraß sind die Unterschiede bei eisführenden Fjorden wie dem Godthaabfjord natürlich nicht,
doch münden auch in solche Fjorde Nebenarme, deren Wasser erheblich wärmer ist. Die allmähliche
Auflösung des Seenebels im Mündungsgebiet des Godthaabfjordes konnte häufig beobachtet werden. Das
scheinbare Stillstehen der von See herantreibenden Nebelbänke mit scharf begrenzter Front wenige 100 m
vor Godthaab kann nur diese Ursache haben.
Kennzeichnend für die vertikale Temperatur Verteilung an der Küste ist eine kräftige
Bodeninversion, auf die schon früher mehrfach hingewiesen wurde. In diesem Zusammenhänge sollen
die Ergebnisse des bei der Inlandeisüberquerung mitgeführten Meteorographen besprochen werden 3 ).
Der Verlauf der Druckkurve kann, da stets in geringer Höhe über Grund geflogen wurde, als Profil des
Kontinents in ost-westlicher Richtung aufgefaßt werden und zeigt in Übereinstimmung mit den Angaben
von de Quervain und Nansen das stärkste Gefälle an der Ostseite und die Kammlinie mit 8000 m Höhe
der Ostküste am nächsten liegend. Die Temperaturänderungen waren während der Überquerung ver
hältnismäßig gering. Die Anfangstemperatur in Seoresbysund lag nur etwa 3 Grade über dem Gefrier
punkt. Darüber befand sich eine Inversion von ungefähr 5°, die Bodeninversion, so daß erst in 2000 m
Höhe die Bodentemperatur wieder erreicht wurde. Es lassen sich aus der Bodentemperatur also nicht
ohne weiteres durch Einsetzen eines Gefälles von 0,5 o /u>u m die Höhentemperaturen bestimmen, da, wie
immer über kalten Flächen, Bodeninversionen eingeschaltet sind, die in Stärke und vertikaler Erstreckung
schwanken. Bodeninversionen von 5° auf 700 m scheinen an der Küste im Sommer nicht selten zu
sein. Über dem Inlandeise sind naturgemäß weit höhere Beträge auch im Sommer möglich. Zur Zeit der
Überquerung war eine kräftige Inversion auf dem Plateau jedenfalls nicht vorhanden; ob aber eine sehr
flache weniger als 100 m hohe Inversion das Steigen der Maschine an der höchsten Stelle des Inland
eises so sehr erschwerte (Antenne schleppt im Schnee), läßt sich nicht mit Sicherheit sagen. Die
niedrigste Temperatur von —2° wurde in Maximalhöhe (3000 m) angetroffen. Am gleichen Tage
(15. August) hatte Hamburg in 2800 m Höhe —4,0° C; einige Tage früher, am 12. August, lag die Frost
grenze über Hamburg in 1800 m und oberhalb 2500 m setzte leichte Vereisung ein. Hamburg lag in
einem anderen Luftkörper, einer vom hohen Norden stammenden Luftmasse. Hiernach und nach den
Beobachtungen an der Westküste scheinen sich die Temperaturverhältnisse inder Höhe von
denen über Mitteleuropa nicht wesentlich zu unterscheiden. (Das gilt für den Sommer.) Während der
Monate Juli und August wurde nicht ein Tag erlebt mit einem regelrechten Kaltlufteinbruch mit starken
Schauern, in denen mit Vereisung zu rechnen ist. Während beider Monate fiel auch in höheren
Lagen (1500 m — Berge) kein Neuschnee. Erst Mitte September wurden die ersten Schneefälle verzeichnet.
Die relative Feuchtigkeit war auf dem ersten Teil der Inlandeisstrecke sehr gering, ein Beweis für die
dynamischen Vorgänge in dem kräftigen Hochdruckgebiet über Ostgrönland (vergl. Karte 4 Tafel 7).
Auf dem Flugabschnitt westlich der Kammlinie blieb die Temperatur etwas unter 0°, während die
relative Feuchtigkeit ganz bedeutend zunahm. Es war das Gebiet mit tief hängenden Wolken und
Schneeschauern im Bereich des an der Südseite gestreiften Ausläufers. Sowohl die Lufttrockenheit auf
dem östlichen Teil der Inlandeisstrecke als auch die schnelle Zunahme der relativen Feuchtigkeit auf
dem westlichen Teil lassen sich ohne Zwang aus der Wetterlage erklären. Bei Wolkenflügen in dieser
3 ) Die Werte der Registrierkurve sind von mir geschätzt, da eine Auswertung wegen Fehlens der Basiswerte zunächst
nicht ohne weiteres möglich ist (vgl. jedoch die hiervon unabhängige Auswertung von Prof. Kobitzsch, S. 30 ff. und Fig. 5 Tafel 1).