R. Becker und G. H. Bau mann: Beiträge zur Meteorologie des Luftweges über Grönland. 39
doch das etwa 8 Tage über dem Westatlantik gelegene Hochdruckgebiet an seiner Westseite, im Raume
Island — Grönland, in ununterbrochenem Strome subtropische Warmluft weit nach Norden Vordringen
lassen. Die über diesem Teil Grönlands lagernde Luft mußte ihren Ursprung in südlichen Breiten
suchen. Warum sollte auch ein solcher Luftaustausch, wie er über dem europäischen Festlande in
gleicher Breite durchaus gewöhnlich ist, nicht möglich sein? Die Erscheinung ist hier nur sehr viel
seltener, weil ein so ausgeprägtes Hochdruckgebiet über dem Nordatlantik eine anormale Luftdruck
verteilung bedeutet. Diese Wetterlage ist ein guter Beweis dafür, daß das grönländische Eismassiv,
jedenfalls der südliche Teil, den Charakter eines reinen Polargebietes zuweilen vollkommen verliert. In
diesem Falle hatte sich ein atlantisches Tiefdruckgebiet ungehindert über Südgrönland hinwegbewegt.
Die über Mitte Inlandeis angetroffene tiefe Bewölkung war nichts anderes als Reste der aufgleitenden
Warmluft im Bereich des nordwestwärts schwenkenden Tiefausläufers der „Daviszyklone“. Dieser Tief-
druckausläufer wurde also infolge des nördlicheren Kurses noch gestreift. Auf dem letzten Drittel der
Inlandeisstrecke klarte es wieder auf, d. h., die Maschine flog nun mit südlicherem Kurs wieder in das
Sehönwettergebiet hinein. Nach gut 6-stündigem Fluge über dem Inlandeise wurde der Westrand im
Holstensborgdistrikt erreicht. Wolkenloses Wetter mit ausgezeichneter Sicht erleichterte die sonst
schwierige Orientierung. Der letzte Teil dieses Etappenfluges wurde über dem Randgebiet und außerhalb
der Fjorde an der Küste zurückgelegt.
Start in Scoresbysund: 10.20 Uhr. Landung in Sukkertoppen: 20.15 Uhr. Entfernung: 1670 km.
Flugzeit: 9 h 55'. Durchschnittsgeschwindigkeit: 164 kin/Std.
Bei wolkenlosem Wetter und nordöstlichen Winden wurde am 16. 8. die 170 km lange Küstenstrecke
Sukkertoppen — Godthaab zurückgelegt. Aufkommender starker Dunst in der Höhe, der den Eindruck
einer Cirrosstratusschicht erweckte, konnte als Ankündiger erneut eintretenden Schlechtwetters auf
gefaßt werden. (Südwestwinde in der Höhe!)
Am folgenden Tage, den 17. 8., hatte sich der Südwestwind bis zum Boclen durchgesetzt und w r ehte
mit Stärke 4. Die Wolken waren sehr tief und hingen unmittelbar an der Küste teilweise bis zum
Boden herab.
Von der 100 km südlich von Godthaab gelegenen Marineküstenstation Feringerhafen wurden SW-
Wind Stärke 8, tiefe Wolken und Regen gemeldet. Der für diesen Tag vorgesehene Erkundungsflug
nach Ivigtut, der über den Rand des Inlandeises führen sollte, mußte ausfallen. Die Schlechtwetterzone
umfaßte allerdings nur den Godthaabdistrikt, was bei lokalen Störungen über der Davisstraße häufig der
Fall ist. Über Südgrönland (Distrikt Ivigtut und Julianehaab) herrschte noch das ausgesprochene Hoch
druckwetter der Vortage.
Erkundungsflüge Godthaab—Ivigtut am 18. 8. und Ivigtut—Godthaab am 19. 8.
Am 18. 8. konnte erst um 12.15 Uhr gestartet werden, da in Godthaab vormittags noch Nebel war —
einer der üblichen morgenlichen Nebel bei SW-Winden, die erst bei zunehmender Einstrahlung um die
Mittagszeit verschwinden. An der Küste war außer einigen Nebelresten keine tiefe Bewölkung mehr
vorhanden, während die mittelhohen Wolken (alto stratus) nur */i« des Himmels einnahmen. Gleich nach
dem Start gewahrte man im Osten über den Fjorden und dem Inlandeis wolkenloses Wetter als blauen
Himmelsstreifen. Das Schlechtwetter war also nicht sehr weit in die Fjorde eingedrungen. Auch nach
Süden zu wurde es allmählich heller, ganz übereinstimmend mit der Morgenwitterungsübersicht. Trotz
des anfänglich kräftigen Windes war kaum nennenswerte Böigkeit festzustellen, von einigen kurzen
Böen abgesehen, die sich in 600 m Flughöhe beim Überfliegen niederer der Küste vorgelagerter Berge
äußerten.
Über dem auf halbem Wege zwischen Godthaab und Ivigtut ins Meer mündenden Gletscher bei
Frederikshaab wurde das Inlandeis angesteuert. Während des Fluges wurden fortlaufend Temperatur
messungen ausgeführt, die zeigten, daß, wie es in Kaltwassergebieten nicht anders zu erwarten ist, über