Skip to main content

Full text: 52, 1933/34

38 
Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 52. Bd. Nr. 4. 
fort. Die von den wenigen an der Küste gelegenen Stationen einlaufenden Wettermeldungen 
gestatteten eine recht gute Witterungsübersicht, woraus ziemlich sicher hervorging, daß für den 
nächsten Tag, den 15. 8., auch in Godthaab mit Aufklaren zu rechnen wäre. Eine entsprechende 
Wettermeldung wurde schon am Mittag des 14. 8. am Scoresbysund gefunkt. Die Annahme hatte 
sich als zutreffend erwiesen: Die Wolkendecke riß auf und die Bewölkung nahm schnell ab. Der 
Wind drehte von Südwest über Süd auf östliche Richtungen. Damit war die Wetterlage für die Inland 
eisüberquerung als günstig und sicher zu bezeichnen. Eine Neueinholung der grönländischen Wetter 
meldungen am 15. 8. früh morgens bestätigte die tags zuvor angenommene Entwicklungstendenz voll 
ständig. Die telegraphisch übermittelte Vorhersage des Vortages lautete nämlich: „Hochdruckachse 
Frederikshaab — Scoresbysund nordwärts sich bewegend. Distrikt Godthaab noch auf Nordseite. Besse 
rung schreitet fort. An Südseite schwache Ostwinde. Gutes Flugwetter wahrscheinlich.“ Am 15.8. morgens 
wurde folgendes Telegramm gegeben: „Südgrönland — Hoch weiter gekräftigt, Flugroute längs Diver 
genz, schwache, meist östliche Winde, heiter. Westküste klar.“ Das klare Wetter an der Westküste war 
in gewissem Sinne das Zeichen zum Start, denn es war unbedingt notwendig, daß bei Erreichung der 
Westküste diese wegen der an sich schlechten Orientierungsmöglichkeiten auf Grund der ungenauen 
Karten vollkommen einwandfreies Wetter hatte. Wie sich auf dem Fluge zeigte, bot die Orientierung 
trotz der erfüllten Witterungsbedingungen große Schwierigkeiten. 
Um 12.20 Uhr wurde in Scoresbysund gestartet. Der Start gestaltete sich wegen der Eismassen im 
Startgewässer schwierig, zumal der Wal voll belastet war und nahezu Windstille herrschte. Der südliche 
Arm des Scoresbysundes, der Gaasefjord, wurde zum Aufstieg gewählt. In dem engeren Teil dieses 
Fjordes, wo die treibenden Eismengen sehr gedrängt sind, ist kein genügender Raum für Landungen 
vorhanden. Insofern muß das Gebiet der Eisfjorde ander Ost- und Westküste Grönlands zu der fliegerisch 
schwierigen Inlandeisfläche hinzugerechnet werden. Den Abschluß des Gaasefjordes bildet ein riesiger 
Gletscher, der mit dem Inlandeis in Verbindung steht. Es mußte teilweise mit Vollgas geflogen werden, 
um die Höhe von 2500 m (Randhöhe des Inlandeises) zu erreichen. Wie sehr die Angaben der Landkarte 
an der Grönlandküste trügen, zeigte sich hier besonders deutlich. So fand sich das in Höhe von 2500 m 
hinter dem eigentlichen Randgebirge durchflogene zweite Gebirge in der Karte nicht verzeichnet. Erst 
nach Durchquerung dieses zweiten Gebirges wurde die ununterbrochene Fläche des Inlandeises erreicht, 
dessen Rand hier 2700 m hoch liegt. Über die enormen Abmessungen des überflogenen Randgebietes 
(Fjord, Gletscher und Randgebirge) bekommt man einigen Aufschluß, wenn man bedenkt, daß der Flug 
von Scoresbysund bis zum Inlandeis etwa 1% Std. dauerte, was annähernd einer Entfernung von 250 km 
entspricht. 
Das Wetter war in diesem Abschnitt vollkommen klar; wolkenlos, sehr gute Sicht und schwach 
windig. Weit voraus tauchten am Horizont einige Zirren auf. Zur Verkürzung des Inlandeisweges 
wurde der Kurs nicht direkt nach Godthaab, sondern auf das 300 km nördlicher gelegene Holstensborg 
abgesetzt. Diese bedeutende Kursverlegung nach Norden, die in der Prognose des Flugwetters nicht 
berücksichtigt war, sollte sich aber bald bemerkbar machen. Nach 2 l A ständigem Flug über dem Inlandeis 
kamen einige Cumuluswolken auf, die in westlicher Richtung Zunahmen und in nimbi übergingen. Bei 
Erreichung der höchsten Stelle (Kammlinie) des Inlandeises (nach 2X Std. Flugzeit über Inlandeis) 
hingen die Wolken bis fast auf die Schneefläche herab; aus einzelnen Wolken gingen leichte Schnee 
schauer nieder. Die Flughöhe betrug 3000 m, nur etwa 70 m über Grund, so daß die Antenne vorüber 
gehend im Schnee schleifte. Eine Höhenschätzung war hier unmöglich, wie auch der Horizont durch 
eine optische Täuschung rings herum beträchtlich gehoben erschien. Ferner fehlte jeglicher Anhalt für 
Windrichtungs- und Windstärkeschätzungen. Die tiefhängenden Wolken zwangen zur Kursänderung 
auf 30° südlicher, um den im Süden und links voraus sichtbaren hellen Himmelsstreifen aufzusuchen. 
Die Temperatur betrug in dieser Höhe —1°, die für Vereisung gefährlichste Temperaturlage. Aus diesem 
Grunde erschien es unbedingt geboten, die Wolken nicht zu durchfliegen. Die Temperatur von — 1° 
in 3000 m Höhe ist eine verhältnismäßig hohe und entspricht durchaus sommerlichen Verhältnissen in 
Mitteleuropa. Nach der vorhergegangenen Witterungsperiode ist dies vollkommen verständlich; hatte
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.