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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 52. Bd. Nr. 1.
Die bisherigen Betrachtungen zeigten die typischen, z. T. bedingt konservativen Eigenschaften der
troposphärischen Hanptluftmassen in ihren einzelnen Feldern (Einzelelementen), wie sie bei aktiven,
d. h. strömenden, in horizontaler Bewegung befindlichen Luftmassen kurz nach ihrem Einbruch in Mittel
europa vom Prognostiker aus dem vorliegenden Material der Wetterkarte bzw. am Orte selbst zu er
kennen sind.
Besonders ist hierbei jedoch zu beachten, daß die Hauptluftmassen infolge der verschieden gearteten,
lokal-orographischen Beeinflussung der untersten Schichten und fernerhin durch räumliche und zeitliche
Entfernung vom Quellgebiete gewisse Abänderungen, Abweichungen und Abschwächungen gegenüber den
angeführten mittleren Werten in einem oder mehreren Feldern fast immer aufweisen. Es dürfte jedoch
bei aktiven, eingebrochenen M fast durchweg möglich sein, in der Mehrzahl der Felder und hierbei be
sonders aus den repräsentativen Werten der freien Atmosphäre die typischen troposphärischen Haupt-
luftinassen wiederzuerkennen.
Bei der Luftmassenanalyse ist ferner zu berücksichtigen, daß sich in der kälteren Jahreszeit über dem
Kontinent (und in der wärmeren Jahreszeit über dem Meere) in jeder zur Ruhe gekommenen (also in
aktiven) Übergangs-Luftmasse besonders durch nächtliche Strahlungsverluste rasch eine seichte Kaltluft
schicht (die Bodeninversionsschicht, vgl. auch Seite 27) und in der wärmeren Jahreszeit durch Einstrahlungs
überschuß sich tagsüber rasch eine Bodenüberhi^ungsschicht (Schinze 56) herstellt. Im Temperaturfelde
werden daher in der kalten Jahreshälfte die Morgenwerte, in der warmen Jahreshälfte besonders die
Mittag- und Abendwerte meist stärker verändert und können daher nicht als repräsentative Werte
(Bergeron 4) einer Hauptluftmasse angesehen werden. Zum Schluß dieses Kapitels sei noch kurz auf
den Unterschied zwischen Degeneration und Regeneration der Hauptluftmassen aufmerksam gemacht.
Während die Degeneration am Boden stattfindet und der Übergang von der AL in die PL und von der
P L zur T L durch eine volle Umkreisung eines großzügigen antizyklonalen Gebildes (eines Aktions
zentrums) vonstatten geht, findet die Regeneration von TL zu PL und von PL zu AL vom Boden aus
unkontrollierbar in der Höhe statt.
B. Definition der Front.
(Von der Masse zur Front.)
Als Diskontinuität oder Front bezeichnen wir eine geneigte, meist schmale Grenzzone zwischen Massen
mit erheblich voneinander abweichender Dichte, wobei die qualitative und quantitative Definition der
troposphärischen Hauptluftmassen bereits aus dem vorangehenden Abschnitt zu ersehen ist. Bei einer
dynamisch wichtigen Front sollen beim Übergang von der einen in die andere Luftmasse in der
Grenzzone sämtliche Hauptfelder sprungartige Änderungen aufweisen. Tritt dieser Sprung nur in einem,
zwei oder drei Einzelelementen auf, so handelt es sich nur um dynamisch belanglose Fronten
(Scheinfronten),
Zu beachten ist ferner, daß der normale Neigungswinkel der Aufgleitfront etwa 1:100 beträgt und
die Breite der Frontalzone 50 km nicht überschreiten soll, eine 50 bis 500 km breite Übergangszone
muß schon als Frontalmasse bezeichnet werden.
Entstehung der Front.
Einige von Bergeron auf gestellte Sä^e bzw. Regeln über die Entstehung der Fronten sollen hier
kurz zusammengefaßt wiedergegeben werden (vgl. besonders Bergeron 4).
Nach Bergeron 5 (Richtlinien einer dynamischen Klimatologie, Met. Ztschr. Juli 1930, S. 253, Abb. 5)
gibt es bestimmte geographische Gebiete, die eine Tendenz zur Frontenbildung aufweisen (vgl. a. Kap. IV).
Als hauptsächlichste Bedingungen der Bildung dynamisch wichtiger Fronten sind hierbei zu erwähnen: