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R. Becker und 6. H. Baumann: Beiträge zur Meteorologie des Luftweges über Grönland.
Bei den Jahreszeiten ist der Unterschied gegenüber der Küste im Sommer am stärksten. Nirgends
ist an der Küste zu dieser Jahreszeit mit mehr als 8% Schneetagen zu rechnen. Auf dem Inlandeise
beträgt aber der kleinste der drei vorhandenen Häufigkeitswerte schon 24%. In den übrigen Jahreszeiten
ist die Schneehäufigkeit als von derselben Größenordnung wie an der Küste anzunehmen.
Die ungünstige Stellung des Sommers prägt sich in den Jahresmitteln noch deutlich aus. Die
Jahresmittel der Schneehäufigkeit sind an der Küste etwas geringer anzunehmen als auf dem Inlandeis,
und zwar etwa in demselben Ausmaß, wie im vorigen die Zahlen der Nebelhäufigkeit als größer
bezeichnet wurden. Die beiden sichtbehindernden Faktoren gleichen sich also aus, so daß die Häufigkeit
schlechter Sicht im ganzen auf dem Inlandeise wie an der Küste nicht wesentlich verschieden sein wird.
Dabei sind aber noch einige Tatsachen zu bedenken, die dem unmittelbaren persönlichen Eindruck
der Expeditionsteilnehmer entstammen. Schon bei der Besprechung der Nebelhäufigkeit wurde auf die
Schwierigkeit hingewiesen, die Fälle von Nebelbeobachtungen auszuwählen, die tatsächlich eine schlechte
Sicht vom Flugzeug aus bedeuten. Dieselben Schwierigkeiten zeigten sich auch bei der Auszählung der
Schneefalltage. Auf die Intensität der Schneefälle wird im folgenden noch eingegangen werden. Aber
auch diese Betrachtungen können kein vollkommen sicheres Bild über die durch Schneefälle verursachte
tatsächliche Fliegersichtbehinderung ermöglichen. Die Stärke der durch Schneefall entstehenden Sicht
behinderung hängt wesentlich von Größe und Bau der Schneeflocken ab. Die Expeditionen ergaben aber,
daß der Schnee über dem Inlandeis hauptsächlich in Form sehr kleiner Kristallaggregate fällt, die bei
weitem nicht so sichtbehindernd wirken, wie große Flocken. Bezüglich der Sicherheit der Feststellung
von Schneefall auf dem Inlandeise muß auch noch auf die Schwierigkeiten hingewiesen werden, die
durch das Schneefegen entstehen. Bedenkt man dies alles, so dürfte sich das aus den Häufigkeits
zahlen gewonnene ungünstige Bild sowohl für Nebel wie für Schnee vielleicht etwas verbessern.
Wie bei der Untersuchung der Nebelhäüftgkeit soll auch für den Schneefall versucht werden, eine
Darstellung der Verteilung der sommerlichen Schneefallshäufigkeit quer über das Inlandeis zu geben.
Die angewandte Methode ist vollkommen dieselbe, wie beim Nebel. Die Fig. 10 bis 12 (Tafel 2) zeigen
die Verteilung der Schneefallshäufigkeit auf den drei Durchquerungen.
Das erhaltene Bild ist sehr charakteristisch. In der Mitte jeder Kurve liegt ein Minimum, zu beiden
Seiten befindet sich je ein Maximum. Das Absinken jenseits der beiden Maxima ist unregelmäßig und
wird, wegen der Annäherung an die Küste, auch starken lokalen Einflüssen ausgesetzt sein. Das west
liche Maximum ist mit Ausnahme von Nansens Reise am stärksten ausgeprägt. Bei der Bearbeitung der
Beobachtungen von Nansen wurde zur Ermittlung des Häufigkeitsprofils im Westen unter die 1500 m-
Linie heruntergegangen (in Fig. 10 gestrichelt gezeichnet). Die gute Einfügung der so hinzukommenden
Werte war die Veranlassung dazu. Aber auch bei Weglassung jener Werte würde die Häufigkeitskurve
kein grundsätzlich anderes Bild bieten. Die Übereinstimmung des prinzipiellen Ganges der drei Linien
züge ist sehr auffallend und auch bei der am unklarsten ausgebildeten Kurve (De Quervain) deutlich
erkennbar.
Die bereits erwähnten Beobachtungen der Jungschneeschicht gestatten nun auch solche Profilkurven
für den Jahresniederschlag zu zeichnen. In Fig. 10 bis 12 (Tafel 2) sind sie eingetragen. Diese
sind insofern besonders bemerkenswert, weil sie als ziemlich dichte Ketten von Beobachtungen wenigstens
eines Jahresmittels über das ganze Inlandeis hinweg aufgefaßt werden können. Der Verlauf der
Kurven entspricht völlig denen der Schneefallhäufigkeit. Ein Minimum wird von zwei Maxima flankiert,
von denen das westliche das weitaus kräftigste ist. Nansen hat leider keine laufenden Messungen der
Jungschneedecke angestellt, so daß hier keine Vergleiche möglich sind.
Eine örtliche Übereinstimmung jener Maxima und Minima von Schneefallhäufigkeit und jährlicher
Schneehöhe ist nur unvollkommen vorhanden. Bestimmte Gesetzmäßigkeiten scheinen aber auf eine
physikalische Zusammengehörigkeit hinzudeuten. Das bereits erwähnte von allen Expeditionen ange
troffene zentrale Kältegebiet (in den Figuren durch Schraffierung gekennzeichnet) ist stets von den