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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte.
52. Bd. Nr. 4.
sein als an der Westküste, was auf Grund der eingangs skizzierten, in der allgemeinen Luftdruck
verteilung begründeten Verhältnisse sicher gestellt ist.
Die physikalischen Ursachen des Nebels auf dem Inlandeise sind etwas andere als an der Küste.
Die Ausstrahllung der Schneeoberfläohe spielt hier eine große Rolle. Überträgt sich die Abkühlung auf
die darüber lagernde Luft, so bildet sich in dieser Nebel, falls sie genügend feucht ist. Dies wird im
Sommer häufiger der Fall sein als im Winter, denn im Winter, wenn der antizyklonale Charakter 14 ) der
grönländischen Atmosphäre stärker ausgeprägt ist als im Sommer, werden feuchte maritime Luftmassen
nicht so häufig ihren Weg bis auf das zentrale Inlandeis herauffinden. Andererseits ist aber auch zu
bedenken, daß das Inlandeis gerade im Winter ein extremes Kältegebiet relativ zu seiner Umgebung
darstellen wird, und damit auch erhöhte Kondensationsmöglichkeiten bietet, die sich aber nur dann
auswirken können, wenn in dieser Jahreszeit genügend feuchte Luft auf das Inlandeis heraufkommt.
Wie alle diese Faktoren quantitativ Zusammenwirken, läßt sich auf Grund des bis jetzt vorliegenden
Beobachtungsmaterials natürlich nicht entscheiden, und die infolgedessen bei den extrapolierten Jahres
kurven auftretende Gefahr eines prinzipiell falschen Ganges soll immerhin erwähnt werden.
Will man nun die Verhältnisse im Innern Grönlands betrachten, und einen Vergleich mit den
Küstenbeobachtungen anstellen, so hält man sich am besten zunächst an die erste Spalte der Fig. 6
(Tafel 1), da dieselbe keinerlei Extrapolationen enthält. Vergleichbar sind natürlich nur die Werte
innerhalb jeder Zone für sich, weil die betrachtete erste Spalte sich für jede Zone auf einen anderen
Zeitraum bezieht. Es zeigt sich, daß die Expeditionsbeobachtungen in der mittleren und in der nörd
lichen Zone geringere Nebelhäufigkeiten ergeben als sie die zugehörigen Küstenstationen zeigen. Der
Unterschied ist aber nicht sehr groß. Auf dem Wege von De Quervain wurden 19% Nebeltage ange
troffen, während die mittlere Häufigkeit der Nebeltage für denselben Zeitabschnitt des Jahres in
Angmagsalik 27% beträgt. Koch und Wegener trafen 21% Tage mit Nebel an, während in Upernivik
für dasselbe Intervall die Nebelhäufigkeit 25% ist (die Angaben für die Küstenorte sind immer lang
jährige Mittel).
Um den Unterschied gegenüber der Küste ganz summarisch zutage treten zu lassen, wurden in
Tabelle 1 die auf den Expeditionen beobachteten Häufigkeiten in Vergleich gesetzt mit Mittelwerten aus
sämtlichen Küstenstationen für die beiden Expeditionszeiten von De Quervain und Koch-Wegener.
Hier bestätigt sich das, was vorher schon behauptet wurde: Die Nebelhäufigkeit auf dem Inlandeise ist
etwas geringer als an der Küste.
Betrachtet man den extrapolierten Jahresgang der Nebelhäufigkeit auf dem Inlandeis (die Monats
spalten der Fig. 6 Tafel 1), so zeigt sich natürlich dasselbe Bild wie an der Küste, was nach der Art
der Berechnung dieser Zahlen auch erforderlich ist. Was über den Jahresgang der Nebelhäufigkeit an
der Küste gesagt worden ist, gilt also, mit allem gemachten Vorbehalt, auch für das Inlandeis. Man
kann etwa sagen, die Nebelhäufigkeit auf dem Inlandeis entspricht der einer geschützt gelegenen
Küstenstation.
Um den Unterschied der Nebelhäufigkeiten auf dem Inlandeis und an der Küste möglichst kurz und
allgemein gültig darzustellen, wären die Jahresmittel am geeignetesten. In der letzten Spalte der Fig. 6
(Tafel 1) sind diese ja auch angegeben. Es ist bei ihrer Benutzung aber zu bedenken, daß sie (für das
Inlandeis) weitgehenden Extrapolationen entstammen, also mit entsprechenden Fehlern behaftet sein
können. Nimmt man die Werte als brauchbar an, so muß sich wieder zeigen, daß die Häufigkeit von
Tagen mit Nebel auf dem Inlandeise auch im Jahresmittel etwas geringer ist als an der Küste. Es konnte
aber sowohl für den Weg de Quervain’s als auch für den von Koch und Wegener eine noch etwas größere
jährliche Nebelhäufigkeit errechnet werden als sie die besonders geschützt gelegene Küstenstation
Ivigtut aufweist.
14 ) Es muß ausdrücklich bemerkt werden, daß mit der Bezeichnung „antizyklonaler Charakter“ nicht die Behauptung
aufgestellt werden soll, daß über Grönland stets eine ausgeprägte stationäre „Inlandeisantizyklone“ vorhanden ist. Nur die
auf jeden Fall wirksame Tendenz zu einer solchen ist gemeint.