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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte.
ßd. 52. Nr. 4.
aber keinen Zweck, kurzfristige Beobachtungen zu verwenden, denn das Bild des Klimas der grön
ländischen Küsten wird sicherer werden, wenn man sich auf wenige Stationen aber solche mit langen
Beobachtungsreihen stützt, an Stelle einer vermehrten Stationszahl mit kurzen und verstreut liegenden
Beobachtungszeiten. Dazu kommt noch die Tatsache, daß das an den Küstenorten beobachtete Wetter
außerordentlich stark lokal beeinflußt ist, in Folge der Zerklüftung der Küste durch zahlreiche Fjorde
und Inseln. Je kürzer aber eine Beobachtungszeit ist, um so schwieriger ist es, diese lokalen Einflüsse
zu erkennen.
Auch bei der Auslese des Beobachtungsmaterials vom Inlandeise wurde der Qualität vor der Quanti
tät der Vorzug gegeben. Im Interesse einer möglichst weitgehenden Vergleichbarkeit und Homogenität
wurden nur die großen Überquerungsexpeditionen benutzt. Zwar ist auch dann noch zu bedenken, daß
die drei in Frage kommenden Expeditionen zu verschiedenen in den Frühling, Sommer und Herbst
fallenden Jahresabschnitten durchgeführt wurden und außerdem teilweise Jahrzehnte auseinander liegen.
Man muß aber auch berücksichtigen, daß durch die Auswahl der drei großen Überquerungsreisen zur
Beurteilung der Verhältnisse auf dem Inlandeis eine Anzahl von Vorteilen gegenüber dem Material der
Küstenstationen erreicht wurde: Die Beobachtungen sind während der ganzen Reise lückenlos, oder doch
mindestens unter Notierung alles Wesentlichen, von Fachwissenschaftlern angestellt worden; die
Anstellung möglichst zahlreicher und eingehender Beobachtungen gehörte ja zu den Aufgaben aller
Expeditionen. Die vielfach sehr vielseitigen Beobachtungen sind immer zusammenfassend veröffentlicht,
und können deshalb bei der Beurteilung einer kritischen Frage leicht alle herangezogen werden. Der
Wert der Inlandeisbeobachtungen erhöht sich weiterhin noch dadurch, daß lokale Einflüsse nicht in
Frage kommen.
Will man nun aus den Küsten und Inlandeisbeobachtungen das fliegerisch Wichtige herausholen,
so zeigt sich ein recht unerfreuliches Bild. Nirgends, weder auf den Expeditionen noch an den Küsten
orten, sind Beobachtungen unter Rücksichtnahme auf fliegerisch wichtige Daten angestellt worden. Die
Beobachtungen richten sich alle nach allgemein meteorologisch-klimatologischen Gesichtspunkten. Die
für die fliegerische Praxis wichtigen Daten decken sich damit nur sehr unvollkommen. Den Flieger inter
essiert in erster Linie die Sicht und damit zusammenhängend Wolkenhöhe und Bedeckung, die in den
polaren Gegenden besonders zu beachtende Vereisungsgefahr und der Wind. Bei der Beurteilung von
Sicht und Vereisungsgefahr ist man vollkommen auf indirekte Methoden angewiesen. Es mußte
deshalb versucht werden, das vorhandene Material mit Hilfe solcher Methoden nach fliegerischen Ge
sichtspunkten umzuarbeiten.
Für die Küstenbeobachtungen ergab sich aus diesen Gründen die Notwendigkeit einer weiteren Aus
lese. Es mußten auch von den langjährigen Reihen diejenigen ausscheiden, die keine Beobachtungs
reihen von wesentlichem flugmeteorologischem Interesse aufweisen. Das sind z. B. solche, die nur Druck-
lind Temperaturmessungen enthalten.
Aus dem bisher über die Natur des Expeditionsmaterials gesagten geht ohne weiteres hervor, daß
eine weitere Auslese des Beobachtungsmaterials nach fliegerischen Gesichtspunkten, wie es bei den
Küstenstationen geschah, bei den Expeditionen keinen Sinn hätte. Man muß hier aus den veröffent
lichten meteorologischen Tagebüchern der Expeditionen unter Berücksichtigung aller Faktoren das
fliegerisch Wichtige herauszuziehen suchen und es möglichst in Zahlenwerten darstellen. Dies muß
natürlich so geschehen, daß Vergleiche (im Rahmen des Möglichen) zwischen Küstenstationen und In
landeis angestellt werden können.
Bei Beachtung all dieser Gesichtspunkte kommen nun als Küstenstationen folgende in Fig. 1
(Tafel 1) eingezeichnete Orte in Frage: Es sind an der Westküste Godthaab, Jacobshavn und Uper-
nivik; an der Südspitze Ivigtut und Nanortalik; an der Ostküste Angmagsalik 1 ).
’) Das Beobachtungsmaterial dieser Stationen wurde in bereits bearbeiteter Form entnommen aus: „The Climate of Green
land“. Helge Petersen, M. So. Copenhagen.