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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 52. Bd., Nr. 3
auf die gleichen Ursachen zurückzuführen zu sein wie das Bild der Luftdruckverteilung beim
Fogo und Sao Thiago. In Luv der Inselgruppe herrschte ein Luftdruck von 761,3 mm, der sich
nach der Passage der Ostecke von Santo Antao auf 760,9 bis 761,0 mm senkte. Erst als das
Schiff auch aus dem Luvbereich der Insel Sao Vicente herauskam, fiel der Luftdruck rasch bis
auf 760,1 mm, und er blieb in Lee der Inseln bei diesem tiefen Stand.
Die Erklärung der Luftdruckverteilung an den beiden Inselgruppen, den Kapverden, durch
thermodynamische Vorgänge, wie bei der Insel Palma, ist nicht angängig, weil im allgemeinen
die Temperaturabnahme mit der Höhe innerhalb der Passatströmung schon sehr nahe an der
Adiabaten liegt und weil auch eine Änderung der Mitteltemperatur der Passatschicht wegen
ihrer geringen Höhenerstreckung nur eine kleine Druckänderung am Boden hervorrufen kann.
Der Druckeffekt am Boden kann aber mit seinem vollen Betrag durch ein geringes Aufwölbeu
der Passatobergrenze in dem Staugebiet vor den Inseln erklärt werden. Die Strömung um die
Kapverdischen Inseln ist in erster Annäherung als ein zweidimensionales Strömungsproblem
aufzufassen, weil der Passat durch die Passatinversion nach oben scharf begrenzt ist und
die Inseln noch über den Passatluftkörper herausragen. Es ist daher nur ein Umströmen und
kein Überströmen möglich. Bei der Aufwölbung des Passates findet oberhalb der Passatinversion
ein Luftmassenwechsel statt, in dem an die Stelle der wärmeren Luftmassen eine um 10° kältere
Luftmasse tritt. Die Druckzunahme am Boden ist abhängig von dem Gewichtsunterschied der
beiden Luftmassen. Da die Dichte der Luftmassen durch die Temperatur gegeben ist, ist die
Druckzunahme am Boden von dem Volumen der an dem Wechsel beteiligten Luftmassen abhängig.
Das Volumen der Luftmassen, die bei einer Temperaturdifferenz von 10" einen Gewichts
unterschied aufweisen, der einer Quecksilbermenge von 1 m 2 Querschnitt und 1 mm Höhe ent
spricht, ist 13,6
(?l — ('s) (1 -f at)
= 277m s
?1 = PT, P2 = PT + t, t = 10 C
Dieses Volumen entspricht einer Luftsäule von 277 m Höhe und 1 nr Querschnitt.
Die Höhe dieser Luftsäule von 277 m ist der Aufwölbungsbetrag des Passates, der eine
Druckzunahme am Boden von 1 mm Hg erzeugt. Der Aufwölbungsbetrag ist unabhängig von
der Höhe, in der die Aufwölbung stattfindet, weil die im Verhältnis b/B erfolgte Gewichts
verminderung eines Luftvolumens mit der Höhe gleich ist der im Verhältnis b/B verkleinerten
Druckänderung in der Höhe, die erforderlich ist, um eine bestimmte Druckänderung am Boden
hervorzurufen.
Danach würde bei Sao Thiago ein Aufwölbungsbetrag von etwa 225 m genügt haben, um
den Druckeffekt hervorzurufen und bei Sao Vicente etwa 300 bis 330 m. Das Aufwölben des
Passates um diese Beträge liegt durchaus im Bereich des möglichen. Die Stauwolke am Fogo,
die von verschiedenen Stellen aus photographiert werden konnte, läßt erkennen, daß der Auf
wölbungsbetrag in unmittelbarer Nähe der Insel noch größere Beträge tatsächlich erreicht hat,
als auf Grund der Druckbeobachtungen und der zugrunde gelegten Annahme für den Schiffsort
berechnet werden konnte. (Siehe Bild 1 bis 4 auf Tafel 5.)
Der Vorgang der Aufwölbung steht im engen Zusammenhang mit der Strömungsgeschwin
digkeit der Luftmassen. Die die Aufwölbung krönenden Wolkenmassen zeigen kurzperiodische
Höhenänderungen, die wohl als eine „Brandung“ der Luftmassen an der Insel angesehen werden
können. Entsprechende Beobachtungen konnten während eines Ausfluges auf der Insel Madeira,
am 3. März, gemacht werden. Beim Monumento de Paz in etwa 1000 m Höhe konnte eine
schmale Wolkenmasse in etwa 600 m Höhe beobachtet werden, die in kurzfristigen Abständen
an den Berghängen etwas emporstieg. Besonders eindrucksvoll war die Erscheinung, wenn
die Wolkenmassen in einem der tief eingeschnittenen Barancos vordrangen, wo sie sich dann
wieder auflösten, wenn die weitere Zufuhr von Wolkenluft aufhörte, bis wiederum ein neuer
Vorstoß der Wolken erfolgte. (Siehe Bild 5 und 6 auf Tafel 5.)