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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 52. Bd., Nr. 3
strömt wird wegen der durch die Strömung am Hindernis hervorgerufenen Druckverteilung.
Bei einer entsprechenden Einschätzung des Schiffseinflusses läßt sich aus den Windmessungen
an Bord ein Ergebnis ableiten, das ein wahrscheinliches Bild von wahren Strömungsvorgängen
darstellt.
Von dem beobachteten relativen Wind wird vektoriell der Fahrtwind abgezogen, um den
wahren Wind zu erhalten. Diese Vektorsubtraktion wurde auf eine halb graphische, halb
mechanische Art nach den Angaben vorgenommen, die auf der hinteren, inneren Umschlagseite
des Seeobs-Schlüssels 6 gemacht worden sind, nachdem die dort veröffentlichte Darstellung ent
sprechend auf Sekundenmeter-Teilung umgezeichnet war. Da die relative Windrichtung nur in
Strichen der Kompaßteilung beobachtet werden konnte, überdeckt jede Windrichtung einen
Winkelbereich von 11,25°. Besonders bei kleinen, wahren Windgeschwindigkeiten streute die
bestimmte wahre Windrichtung über einen mehrfachen Betrag dieses Winkelbereiches, und
daher ist ihre Bestimmung nur mit einer gewissen Willkür möglich. Ferner sei noch erwähnt,
daß die Beobachtung der Windrichtung durch den Schornsteinrauch an einem anderen Schiffs
teil stattgefunden hat, bei dem der Betrag der durch die Schiffsform hervorgerufenen Wind
richtungsänderung andere Werte haben kann als auf dem Peilkompaßdeck, wo die Wind
geschwindigkeit gemessen worden ist. Dies ist bei der Diskussion der Messungsergebnisse zu
berücksichtigen.
3. Die Ergebnisse der Beobachtungen an den Inseln.
Die Fahrt des D. „Sierra Ventana“ führte bei der Ausfahrt durch die Westgruppe der Kap
verden. Leider konnten bei der Durchfahrt zwischen St. Antao und Sao Vicente bei den
achterlichen Winden keine brauchbaren Windbeobachtungen angestellt werden, doch sind die
Luftdruckregistrierungen gut auszuwerten.
Die Heimfahrt führte durch die Südostgruppe der Kapverden zwischen dem Fogo und Sao
Thiago hindurch. Es konnten Windbeobachtungen angestellt werden, doch ist ihre Auswertung
etwas schwierig, weil durch die starken Kursänderungen des Schiffes der Einfallswinkel des
Windes sich stark veränderte, so daß der unterschiedliche Schiffseinfluß sehr zur Geltung
kommt. Die Luftdruckbeobachtungen sind gut und einwandfrei.
Bevor aber auf die hier erhaltenen Werte eingegangen wird, sollen die Messungsergebnisse
bei der Insel Pahna behandelt werden, weil dort die Beobachtungsbedingungen günstiger waren,
und weil an der isolierten Insel die Strömungsverhältnisse einfacher liegen.
a) Beobachtungen des Windes an der Insel Palma.
Die Passage der Insel Palma fand am 11. April 1931 von etwa ll h bis 13 h statt. Eine Über
sicht über den Kursverlauf ist auf Tafel 3 dargestellt.
Die Nordwest- bis Nordströmungen, die an diesem Tage in dem Fahrtbereich angetroffen sind,
gehören zu dem Stromfeld eines Tiefdruckgebietes vor der portugiesischen Küste, das schon seit
einigen Tagen dort-mit nur geringer Intensitätsabschwächung gelegen hat. Im Laufe des 11. April
verlagert es sich unter langsamer Auffüllung nach der Gibraltarstraße, um dann an den folgenden
Tagen mit den Mittelmeertiefdruckgebieten in Verbindung zu treten und erneut aufzuleben.
Gleichzeitig mit der Abwanderung des Tiefs erfolgt der Aufbau eines nach England gerichteten
Hochdruckkeils des Azorenhochs. Etwas eingehender ist die Wetterlage im Abschnitt II dar
gestellt.
Die Höhenwindmessung (Pilot Nr. 73), die zirka 12 sm südsüdwestlich von der Südspitze
der Insel Palma, Pt. Fuencaliente, steht schon vollständig unter dem Inseleinfluß. Die Pilot
ballonverfolgung Nr. 74, die nach der Passage der Insel etwa 20 sm nordöstlich von Pt. Cumplida
angestellt wurde, dürfte dagegen repräsentativ für die ungestörte Strömung in dem Inselbereich
in diesen Tagen sein.
6 Schlüssel und Anweisung zur Aufstellung von Seeobs-Telegrammen, 3. Aufl,, Hamburg, 1930.