Lorenz Steiner: Die sozialwirtschaftl. Aufgaben u. Leistungen d. Deutsch, öffentl. Wetterdienstes 47
und finanziellen Lage Deutschlands die äußerste Vereinheitlichung sich kaum durchführen läßt, fordert er
einstweilen die strenge Zusammenfassung der verschiedenen Institute nach besonderer Aufgabe und wissen
schaftlichem Charakter.
Ein derartiges Minimalprogramm müßte nach Linke auf Folgendes hinauslaufen:
1) Zusammenschluß des Norddeutschen Wetterdienstes und des Klimadienstes des Preußischen meteoro
logischen Instituts zu einem „Institut für angewandte Meteorologie“ und Bildung von Provinzialwetterwar
ten in Norddeutschland. Diese würden den süd- und mitteldeutschen Landeswetterwarten so ähnlich sein, daß
eine enge Zusammenarbeit unter einem Kuratorium leicht zu erreichen wäre.
2) Zusammenfassung aller Norddeutschen Observatorien, einschließlich der Flugstellen, unter eine ge
meinsame Oberleitung.
3) Vereinheit 1 ichung des Wetternachrichtendienstes.
Meines Erachtens wäre das Hauptgewicht auf die Erfüllung des erst genannten Punktes zu legen. „Da
der Dienst der angewandten Meteorologie — Wetterdienst und Klimadienst — der ganzen deutschen Wirt
schaft und Volksgesundheit zugute kommen soll, ist eine ständige persönliche Fühlung mit den Zentralbehör
den, den wirtschaftlichen Großorganisationen, den Zentralstellen der Verkehrsgesellschaften, der Bäderwirt
schaft, den Rundfunkgesellschaften, Krankenkassen und Versicherungsgesellschaften und besonders auch der
deutschen Presse, notwendig. Den einzelnen Leitern eines Instituts kann nicht die für solche, oft rein kauf
männischen, Verhandlungen nötige Begabung und Erfahrung zugemutet werden; es kann sich das einzelne
Institut auch nicht einen besonderen Wirtschaftsreferenten halten. Eine Gesamtorganisation aber würde durch
Anstellung eines solchen Sachverständigen für alle Landesinstitute und nicht zuletzt für die Allgemeinheit
große Vorteile schaffen“ 65 ).
Schluß.
Trotz der Vervollkommnungsfähigkeit der Einrichtungen und der Organisation des öffentlichen Wetter
dienstes haben sich seine Dienste und Leistungen — allen früheren Zweifeln entgegen — Anerkennung ver
schafft. Durch seine praktische Brauchbarkeit im Wirtschafts- und Gesellschaftsleben ist er auch in die
Reihen der bisher ihm skeptisch gegenüberstehenden Bevölkerungskreise vorgedrungen. Der Wetterdienst
ist ein weiteres Mittel auf dem Wege zur Rationalisierung der Wirtschaft und ihrer Unabhängigmachung
von den unberechenbaren, bisher stoisch hingenommenen Launen der Natur. In dem Bestreben, die schädi
genden oder förderlichen Einflüsse der Natur mit möglichster Sicherheit vorauszuberechnen, verfolgt er das
Ziel, die Witterungseinflüsse vor allen den organischen Produktionsgewerben, den Freiluftgewerben und
den Saisongewerben, die ja auf äußerste Ausnutzung der wenigen für sie überhaupt geeigneten Monate an
gewiesen sind, dienstbar zu machen oder sie mindestens vor Wetterschäden zu bewahren.
Den relativ geringen Kosten, die seine Unterhaltung erfordert, stehen die großen Werte gegenüber, die
durch seine Tätigkeit der deutschen Volkswirtschaft erhalten werden.
Dem öffentlichen Wetterdienst seine hohe volkswirtschaftliche Aufgabe durch verständnisvolles Entge-
genkomemn zu erleichtern, muß daher das Bestreben jedes Einzelnen wie der Gesamtheit sein, denn nur
so kann er für die kommenden Arbeiten, die dem letzten Ziele — der restlosen Erforschung der Erdatmo
sphäre — näher führen, gerüstet sein.
**) Linke a. a. O. Seite 6.