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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 51. Bd. Nr. 6.
der öffentlichen Wetterdienststelle angegliedert, die ihrerseits wieder dem Universitätsinstitut für Geophysik
und Meteorologie zugehört. Dieses Institut untersteht dem Universitätskuratorium in Frankfurt a/M., also
dem Preußischen Unterrichtsministerium. Das Personal der Flugwetterwarte gilt wie dasjenige der öffentli
chen Wetterdienststelle als Universitätsangestellte und wird nach derem Tarif besoldet. Die Mittel hierfür
stammen aber aus Fonds des Reichsverkehrsministeriu-ms, Abteilung Luftfahrt, werden vom Landwirtschafts
ministerium bewilligt, durch die Regierung in Wiesbaden der Universitätskasse zugeführt. Die sächlichen
Ausgaben der Flugwetterwarte hingegen ressortieren größtenteils zum PreußischenHandelsministerium, wer
den vom Preußischen Landwirtschaftsministerium bewilligt und der Kasse der öffentlichen Wetterwarte zu
geleitet. Andere Beiträge für sächliche Ausgaben erhält die Flugwetterwarte von der Zentrale des Höhen
wetterdienstes, die dem Aeronautischen Observatorium Lindenberg untersteht, das diese Mittel beim Reichs
verkehrsministerium, Abteilung Luftfahrt, anfordert. Diese Zentralstelle erteilt der Flugwetterwarte ihre
technischen Instruktionen, aber die Abrechnungen werden durch die Regierung in Wiesbaden bewirkt, die im
Aufträge des Landwirtsehaftsministeriums handelt. Hier arbeiten nicht weniger als elf Dienststellen, Insti
tute und Dezernate zusammen und erzeugen einen Verwaltungsapparat, in dem auch ein wissenschaftlich ge
schulter Kopf die Kompetenzen der einzelnen Ressorts nur schwer zu entwirren vermag.
Hinzu kommt die räumliche Anhäufung von Instituten und Stellen, die im Grunde dem gleichen Zwecke
dienen, sich aber gegenseitig in ihrer Arbeit hemmen und Interessenkonflikte erzeugen. Auch dafür ein Bei
spiel: Schlägt man tun Darmstadt einen Kreis von 50 km Radius, so kommt man durch mehr als ein halbes
Dutzend verschiedener meteorologischer Wirkungsb er eiche. Wenn in Gießen eine Wetterdienststelle, in
Frankfurt ein großes Universitätsinstitut mit verschiedenen Abteilungen, in Darmstadt eine Landesanstalt für
Wetter- und Gewässerkunde und zugleich ein Hochschulinstitut für Meteorologie und in Karlsruhe schon wie
der eine Landeswetterwarte besteht, so wird man sich diese räumliche Zusammenballung von Institutionen
gleichen Zweckes nur aus der politischen Zersplitterung erklären können.
Als unrationell muß es auch bezeichnet werden, wenn zwei meteorologische Institute an einem Orte eine
ähnliche, ja sogar die gleiche Materie, bearbeiten.
In Hamburg gibt die Deutsche Seewarte Wetterkarten für den Nordatlantischen Ozean und für die Nord
see und Ostsee heraus und stellt die Prognosen für die Nordsee und die westliche Ostsee. Für die Küstenge
biete der übrigen Ostsee nimmt die öffentliche Wetterdienststelle den Vorhersagedienst wahr. Was läge nä
her, als der Wetterdienststelle, die auch schon die Wetterkarte für den Wirtschaftswetterdienst herausgibt,
die Versorgung obiger Gebiete mit Wetterkarten und Prognosen zu übertragen? Die notwendige weitgehende
Entlastung der Deutschen Seewarte von den Ansprüchen, die die Öffentlichkeit an die meteorologische Tätig
keit ihrer Abteilung für ausübende Wetterkunde stellt, würde es dieser möglich machen, sich mehr den welt
meteorologischen Bedürfnissen des deutschen Volkes zu widmen.
Zweifelsohne haben die bisherigen Bemühungen, den Wetterdienst im ganzen Reiche gleichmäßig zu ge
stalten und ihn in Verbindung mit dem vom Wetter abhängigen Wirtschaftskreisen zu bringen, manche Er
folge gezeitigt. Vor dem Kriege wurde alle zwei Jahre vom Reichsinnenministerium eine „Reichswetterdienst
konferenz“ einberufen, an der auch Vertreter der Landwirtschaft, der Schiffahrt usw. teilnahmen. Diese Ein
richtung ist leider in Vergessenheit geraten. Seit 1920 fanden dann zwischen dem Reichswirtschaftsministeri
um und den meteorologischen Fachvertretern Beratungen statt, die auf den Ausbau und eine einheitliche
Handhabung des Wetterdienstes im ganzen Reiche hinzielten. Es ist ein „Deutscher meteorologischer Reichs
ausschuß“ gebildet worden, dem die Fachleute aller Gliedstaaten angehören und der Richtlinien für einen
einheitlichen Dienst im Reiche ausgearbeitet hat. Zu definitiven Maßnahmen größeren Stils ist es aber bisher
nicht gekommen. Wenn trotzdem eine Beeinträchtigung der wissenschaftlichen und praktischen meteorologi
schen Arbeiten nicht oder nur wenig zu Tage getreten ist, so liegt das nur daran, daß die Leiter der großen
Institute sich nach dem Kriege zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammen geschlossen haben, der „Konferenz
der Direktoren der deutschen meteorologischen Institute“, die alljährlich tagt und allgemeine Richtlinien fest
legt.
Viel ist damit schon erreicht, sehr viel bleibt aber noch zu tun übrig.
Linke möchte nun aus wissenschaftlichen und aus verwaltungstechnischen Gründen eine Neuorganisation,
die zwischen Zentralisation und Dezentralisation die rechte Mitte hält, er befürwortet eine Vereinheitlichung
der verschiedenen meteorologischen Organisationen unter einem Reichsministerium. Da aber heute ein solches
Maximalprogramm noch wenig Aussicht auf Verwirklichung hat, und da bei der heutigen innerpolitischen