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Full text: 51, 1932

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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 51. Bd. Nr. 6. 
Der Volkswirtschaftliche Wert der überseeischen meteorologischen Beobachtungen liegt zum ersten darin, den 
deutschen Pflanzungsunternehmungen wertvolles Zahlenmaterial über Witterungs- und Klimaverhältnisse zu 
liefern, zum zweiten sollen sie den deutschen Belangen des Weltluftverkehrs dienen, indem sie die Aufgaben 
des Seeflugreferats — Erkundung der Witterungs Verhältnisse auf den Weltflugstrecken — fördern und 
schließlich liegt es im nationalen Interesse, mehr als bisher Auswanderer hinsichtlich der klimatischen Ver 
hältnisse des von ihnen gewählten Gebietes zu beraten. 
V. Teil. 
Die Finanzierung des öffentlichen Wetterdienstes. 
Daß nach alledem der Wetterdienst eine volkswirtschaftlich unentbehrliche Einrichtung darstellt und daß 
die Kosten dieser Institution werbende Ausgaben sind, die große Ersparnisse an sonst verlorengehendem 
Volksvermögen zur Folge haben können, wird heute wohl von keinem mehr bezweifelt werden. 
Um die jährlichen Kosten eines Wetterdienst-Instituts wieder einzubringen, genügt es, wenn es ein Schiff 
vor Schaden, ein Flugzeug vor Absturz bewahrt, oder wenn es durch rechtzeitige Warnung verhindert, daß 
verderbliche Waren beim Transport in Frost oder Hitze geraten und dem Verderben anheimfallen. 
Leider lassen sich die Werte, die alljährlich durch den Wetterdienst dem deutschen Volke gerettet wer 
den, statistisch nicht erfassen, denn es ist, wie schon betont, nicht möglich, objektiv einwandfrei festzustellen, 
daß z. B. ein Seeunfall durch Ausnutzung der Wetternachrichten verhütet worden ist. Dieser Umstand ver 
hindert es, eine Berechnung über die Rentabilität des Wetterdienstes anzustellen. 
Gewiß klingen folgende Zahlen, die einer Abhandlung C. F. Marvins 5S * * ), Professor der Meteorologie am 
Wetterbüro der Vereinigten Staaten von Nordamerika, entnommen sind, überaus wirkungsvoll: „Man hat be 
rechnet, daß der Heuertrag um die Erntezeit noch im Werte von 5 Dollar je Acre in 24 Stunden zunimmt. 
Beginnt die Ernte zu früh, so ist die Folge ein großer Verlust. Nodi schwerer wertet dieser, wenn nicht recht 
zeitig vor dem Eintritt des Frostes geerntet wird. Den günstigsten Augenblick muß der Landwirt an Hand 
der Wettermeldungen selbst wählen. 
Die Offiziere des Luftschiffes R 54 stellten fest, daß die Wettervorhersagen dessen Verlust — i Million 
Dollar wertend — verhüteten. 
Die Vorhersage einer sehr strengen Kältewelle ersparte der Volkswirtschaft einen Verlust von 5Vs Mil 
lionen Dollar. 
Fast ein Drittel der gesamten Zuckerernte in Texas und Louisiana rettete 1918 die amtlicheFrosiwarnung. 
Es steht fest, daß die Warnungen des Wetterbüros vor einem Hurrican Schiffe nebst Ladung im Werte 
von 30 Millionen Dollar in den Häfen des Atlantischen Ozeans zurückhielten.“ 
„Der Leser wird vielleicht ein Lächeln über diese „Dollar-Meteorologie“ nicht unterdrücken können. 
Dennoch: Wirtschaftsmeteorologische Aufsätze lesen nur wenige, den Wert des Dollars aber kennen alle. Die 
Umrechnung auf diesen Generalnenner erzwingt die Aufmerksamkeit für den Gegenstand und die erzieheri 
sche Seite dieser amerikanischen Methode ist zweifellos volkswirtschaftlich von großer Bedeutung“ 59 ). 
Natürlich ließen sich auch Beispiele dieser Art, auf deutsche Verhältnisse zugeschnitten, anführen, ich halte 
dies aber aus eingangs genannten Gründen nicht für angebracht. 
Die Aktivseite der Bilanz muß daher eine Unbekannte bleiben. 
Dagegen will ich versuchen, die Kosten, die der öffentliche Wetterdienst jährlich dem deutschen Volke 
verursacht, zahlenmäßig festzulegen. 
Ich betone aber von vornherein, daß die Angaben insofern keine Berechtigung auf unbedingte Zuverläs 
sigkeit haben können, als es bei der heutigen Organisation des öffentlichen Wetterdienstes schlechterdings 
unmöglich ist, die für den Betrieb der einzelnen Wetterdienstbehörden vorgesehenen Mittel streng nach Sach 
gebieten zu trennen. Der Dienst umfaßt außer dem reinen Wetterdienst meist noch den gesamten Klimadienst, 
gewöhnlich aber auch noch andere Zweige der Meteorologie, Aerologie, Geophysik usw. 
5S ) Procedings of the National Academy of Sciences of the Unites States of America, Vol. 6. 1920. S. 561—572. 
Washington. Marvin: „The Status and Problems of meteorology“. 
69 ) Castens: a. a. O. Seite 125.
	        
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