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Full text: 51, 1932

Lorenz Steiner: Die sozialwirtsdiaftl. Aufgaben u. Leistungen d. Deutsch, öffentl. Wetterdienstes 33 
Setzung der Versicherungsprämien und damit zu einer Verminderung der Geschäftsunkosten, was schließlich 
der Allgemeinheit zu Gute kommt. 
d) Eine volkswirtschaftlich nicht minder wichtige Aufgabe des öffentlichen Wetterdienstes liegt in der Vor 
hersage der Hochwasser für die Binnenlandsgebiete. Das wichtigste Vorbeugungsmittel, die Vernichtung riesi 
ger Mengen wirtschaftlicher Güter zu verhindern, ist und bleibt auch hier ein schnell arbeitender und gut funk 
tionierender Melde- und Wamungsdienst. Überschwemmungen und Hochwasserkatastrophen haben mit ihrer 
häufigen Wiederholung gerade in den Jahren nach dem Kriege der schwer leidenden deutschen Volkswirtschaft 
wiederholt empfindliche Wunden geschlagen; hat doch allein das Rheinhochwasser um die Jahres wende 1925/26 
einen Schaden von rund 100 Millionen verursacht 4S ). 
Dies hat wohl in erster Linie dazu beigetragen, den Hochwasserwarnungsdienst auch in Norddeutschland 
— in den meisten Bundesstaaten war dies schon der Fall — dem öffentlichen Wetterdienst zu übertragen. Die 
Landesanstalt für Gewässerkunde im Preußischen Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten hat 
in Zusammenarbeit mit der Niederschlagsabteilung des Preußischen Meteorologischen Instituts im Herbst 1926 
einen neuen „wasserwirtschaftlichen Wetternachrichtendienst“ mit 64 Stationen, deren Zahl 1927 auf 102 er 
höht wurde, eingerichtet. Ihnen ist zur Pflicht gemacht, jeden Morgen Meldungen an die ihnen zugeordneten 
öffentlichen Wetterdienststellen abzugeben über die festgestellte Niederschlagshöhe, erforderlichenfalls auch 
über die Schneedeckenhöhe, sowie über den Wassergehalt der Schneedecke. Die Wetterdienststellen, die als 
Zentralen des Hochwasserwarnungsdienstes gedacht sind, haben die Aufgabe, auf Grund der eingegangenen 
Meldungen und unter Berücksichtigung der Wetterlage sich mit den Strombauverwaltungen bei drohenden 
Hochwassergefahren in Verbindung zu setzen. 
Bedingen im Sommerhalbjahr nur lang anhaltende starke Niederschläge oder plötzlich auftretende starke 
Regengüsse für die Flußregulierung der deutschen Flüsse Schwierigkeiten, so bietet im Winter die Aufspeiche 
rung von Scfaneemassen besondere Gefahren, sobald bei Eintritt von Tauwetter und Einsetzen von Niederschlä 
gen bedeutende Abflußmassen binnen kurzer Zeit ihre Abfuhr erheischen. Wohl kann der Ausbau von Tal 
sperren, können Regulierungsarbeiten des Flußbettes, sowie Vervollkommnung der Deichanlagen che Gefah 
ren solcher Hochwasser herabmindern, gänzlich bannen aber wohl nicht. 
Von der hohen volkswirtschaftlichen Bedeutung eines gut organisiertenHochwasserwarnungsdienstes über 
zeugt am besten ein Blick auf die Landkarte mit den oft hundert von Kilometern langen deutschen Flüssen und 
Strömen und die Vorstellung dessen, was an Wirtschaftsgütern an ihren Ufern und in ihren Tälern steht und 
lagert oder auf ihren Rücken getragen wird und was bei einer unvorhergesehenen Überschwemmung der Be 
schädigung oder Vernichtung preisgegeben ist. Da soll und will der öffentliche Wetterclient helfen. Schon in 
der Höhe heranströmende feuchte Luft wird rechtzeitig erkannt. Während des Regens meldet in gefahrdrohen 
den Fällen der Telegraph bereits die ersten Messungsresultate, übermittelt er die Nachricht vom Eintritt der 
Schneeschmelze. Die Talsperren werden dann gerüstet, die Bewohner der bedrohten Täler gewarnt. In den 
weitaus meisten Fällen ist es noch möglich, die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, dem entfesselten Ele 
ment verstärkte Hindernisse entgegenzustellen oder zu retten, was ihm sonst unweigerlich zum Opfer fallen 
würde. Eine eingehende Schilderung dessen, welche Werte hier auf dem Spiele stehen, erübrigt sich wohl. 
Jeder von uns hat schon eine mehr oder weniger große Überschwemmung erlebt und kann sich ein Bild 
davon machen, welch große Teile des Volksvermögens durch rechtzeitige Voraussicht einer Überflutung vor 
dem Untergang gerettet und der Volkswirtschaft erhalten werden können. 
2) „Es ist“, sagt Knoch 48 49 ), „kein Zufall, daß in den Jahren nach clem Kriege die Bearbeitung der Fragen, 
die sich mit der Anwendung der Meteorologie auf die Praxis aller Art beschäftigen, allgemein stark zugenom 
men hat. In dieser Zeit wirtschaftlicher Not ist es eben notwendig, Leistung und Ertrag auf den verschieden 
sten Gebieten zu steigern.“ Wenn wir die volkswirtschaftliche Bedeutung des öffentlichen Wetterdienstes für 
die bisher noch nicht behandelten Wirtschaftsgebiete, insbesondere des Handels, des Gewerbes und der Indu 
strie gebührend würdigen wollen, so tun wir am besten, wenn wir die Frage beantworten: Welcher Art sind die 
Wünsche, die hinsichtlich der Witterung aus diesen Kreisen stammen, und welchen Zwecken dienen sie? 
Einige instruktive Beispiele mögen dabei einen tieferen Einblick gewähren. 
Zwar bieten die allgemeinen Wetternachrichten, insbesondere die Vorhersagen, kombiniert mit eigenen 
48 ) R. Langbek: Der Wasserwirtschaftliche Wetternachrichtendienst in Norddeutschland. Aus: „Das Wetter“. 
1927. 
4e ) K. Knoch: „Die Möglichkeit der Abschätzung des Ernteertrages auf Grund meteorologischer Angaben“ in: 
„Die Naturwissenschaften“ 1923. Seite 769.
	        
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