30
Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 51. ßd. Nr. 6.
Immerhin ist folgende Tatsache, die mir der Leiter der öffentlichen Wetterdienststelle Hamburg mitteilte,
erwähnenswert: Das Räucherverfahren wurde 1928 zum erstenmal bei einem Weingutsbesitzer im Rheinland
praktisch angewandt. In einer Nacht wurden zwar für 6000.— RM. Räuchermittel verbraucht, die ganze
Weinernte aber war gerettet.
Auch die Forstwirtschaft bedarf der Ausnutzung des Wetterdienstes vor allem bei neuen Aufforstungen.
Hier kommt es nicht nur darauf an, zu wissen, ob die nächsten Tage Trockenheit oder Regen bringen, son
dern der disponierende Forstmann muß sowohl wissen, wie lange die Trocken- oder Regenperiode ungefähr
andauert, als auch, wie stark die Ergiebigkeit der Niederschläge bzw. wie intensiv die Hitze voraussichtlich
auftreten wird. Er muß wissen, ob er mit feuchtwarmer Hitze bei schwacher Luftbewegung oder mit Hitze
bei bewegter Luft zu rechnen hat. Er darf sich daher nicht nur auf die Wettervorhersage verlassen, sondern
er muß alle Hilfsmittel zu erreichen suchen, die ihm ein Erkennen der Wetterlage ermöglichen 42 ).
Diese Hilfsmittel gibt auch ihm wiederum der Wirtschaftswetterdienst zur Hand.
b) In der Nahrungsmittelwirtschaft spielt auch die Fischerei eine wichtige Rolle. Wie die Schiffahrt all
gemein, so ist sowohl die Küsten- als auch die Hochseefischerei in weitestgehendem Maße vom Wetter abhän
gig. Gerade unsere Fischereibevölkerung ist es daher, die die Wettermeldungen, besonders die Sturmwar
nungen, mit voller Zuversicht auf nimmt und trotz der unvermeidlichen Unvollkommenheit betrachtet sie sie
als notwendige Stütze ihrer Arbeit, auf die sie nicht mehr verzichten kann.
Unmittelbar abhängig vom Wetter sind Fangzeit, Fangmenge und Transportmöglichkeit der Fische. Plötz
lich hereinbrechender Sturm, hoher Seegang verhindern nicht nur die Ausübung der Fangtätigkeit, sie be
deuten für den Fischer oft Verlust von Netz und Fang, wenn nicht des Fahrzeuges und des Lebens der Be
satzung. Rechtzeitige Warnung unterbindet ein Auslaufen der Fahrzeuge und somit ein Laufen in die Gefahr.
Rechtzeitige Kenntnis kommender Hitze ermöglicht das Treffen entsprechender Vorsichtsmaßregeln, die das
Verderben der an Bord oder auf dem Transport sich befindlichen Fische verhüten. Mittelbar kommt die Ab
hängigkeit vom Wetter zur Geltung in der Beeinflussung der Preise an der Fischbörse und der Verdienste
der Fischereigesellschaften. Die sofortige Bekanntgabe der Wetternachrichten gibt den Fischereibetrieben
und Fischhändlern laufend ein Bild davon, unter welchen Verhältnissen ihre Schiffe draußen arbeiten. Die
Interessenten können dann annähernd übersehen, wie groß die Fänge voraussichtlich sein werden und wann
sie ihre Schiffe zurückerwarten können. Die frühere Festsetzung der Preise und die schnellere und bessere
Abwickelung der Geschäfte sind eine weitere Folge dieses Verfahrens. Auf Grund dieser weitgehenden Ab
hängigkeit vom Wetter hat sich — ähnlich dem landwirtschaftlichen Wetterdienst — ein fischereiwirtschaft
licher Wetterdienst entwickelt. Die Wahrnehmung dieses Dienstes obliegt den deutschen Küstenwetter
dienststellen Hamburg, Stettin und Königsberg.
Wie stark er z. B. für die Nordsee ausgebildet ist, sei hier kurz skizziert:
An die Fischcreigesellschaften Wesermünde usw. gehen zweimal täglich durch Telephon und Eilbrief:
1) Wetterbericht von den 12 wichtigsten Fanggebieten zwischen Island, Elbmündung und Kattegat.
2) Wetterbericht von 10 norwegischen und nordrussischen Küstenstationen.
3) Temperaturbericht von Mitteleuropa.
4) Wettervorhersagen für die Nordsee.
An die Hochseerundfunk A.-G. gehen täglich zweimal zur Funkverbreitung für die Fischdampfer vom
N orddeich-Sender:
1) Wetterbericht von 18 Stationen rings um die Nordsee und Island.
2) Übersichten und Wettervorhersagen, einschl. Sturmwarnungen für die gleichen Gebiete.
3) Windmeldungen von 7 Ostseestationen sowie Vorhersagen.
An die Norag für alle, also auch für die Fischerei, gehen siebenmal täglich zur Rundfunkübertragung:
1) Wetterbericht, Vorhersagen und Sturmwarnungen für Norddeutschland, die Nordsee und Ostsee,
2) zweimal täglich Hochwasserwarnungen für die Nordseeküste.
Uber die Nachrichtenübermittelung an die Fischdampfer sagt J. Spieß im Jahresbericht für die deutsche
Fischerei, „daß bereits etwa 2 Stunden nachAbgabe der Wettermeldung die Fischdampfer funkentelephonisch
den Wind- und Wetterbericht sowie die Vorhersage für das Gebiet, in dem sie arbeiten, erhalten; sie bekom
men also bereits am Vormittag die Vorhersage für den laufenden Tag. Besonders bei Island, wo drei getrennte
42 ) Aus: Wetterkunde und Wetterkarte a. a. O. Seite 31.