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Full text: 51, 1932

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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 51. Bd. Nr. 6. 
Verkehrseinrichtung vor allem Vorsorge getroffen werden. Die Geschäftswelt hat erkannt, daß der Umsatz 
durch die schnelle Frachtbeförderung auf dem Luftwege wesentlich begünstigt wird und der scharf kalkulie 
rende Kaufmann zahlt gern das erheblich höhere Porto, wenn er weiß, daß seine Offerte oder sein Beste! 1- 
schreiben um vieles früher eintrifft als auf dem erdgebundenen Wege und daß für die Sicherheit des Flug 
zeuges, dem er seine Ware anvertraut, das Menschenmögliche getan wird. 
Neben der Sicherheit gilt es auch die Innehaltung der Abgangszeiten und die Erreichung der Anschlüsse 
an andere Verkehrsmittel zu gewährleisten. Dies kommt vor allem in Frage bei dem sogen. „Flei“-Verkehr, 
einer Einrichtung, die es ermöglicht, ein Gut mit durchgehenden Frachtdokumenten teils auf dem Eisenbahn-, 
teils auf dem Luftwege gehen zu lassen. Überall greift hier der Flugwetterdienst helfend ein und ermöglicht 
es dem Piloten auf Grund der laufenden Wetterberatung die sichersten und relativ kürzesten Wege aufzu 
suchen. 
b) Die Abhängigkeit vom Wetter, die trotz aller technischen Fortschritte auch noch dem räumlich enger 
begrenzten kontinentalen Luftverkehr gewisse Beschränkungen auferlegt, fällt bei überseeischen Luftverbin 
dungen erheblich mehr ins Gewicht, da über dem Ozean nicht die gleichen Bedingungen gegeben sind, den Ge 
fahren des Wetters auszuweichen, wie über Land, f ür den Führer eines Flugzeuges im überseeischen Luftver 
kehr ist die Kenntnis der meteorologischen Erscheinungen daher eine Lebensnotwendigkeit. „Für transozeani 
sche Luftfahrten ist Wetterdienst eine Voraussetzung, wenn anders sie nicht lediglich als kühnes Sportunter- 
nehmenmit hohem Einsatz, aber ungewissem Erfolg aufzufassen sind“ 3 ’). Nicht zufällig ist der erfolgreichste 
Luftschiffer der Welt, Dr. Eckener, von Haus aus Meteorologe! 
Als tragisches Beispiel falscher meteorologischer Navigierung kann der Untergang des englischen Luft 
schiffes R 101 am 5. Oktober 1930 bei Beauvais bezeichnet werden. Das Luftschiff ist, obwohl ihm zur Zeit des 
Startes die Wetterlage bekannt gewesen sein mußte, mitten ins Zentrum eines Luftdrucktiefs hineingeflogen, 
wurde zur Erde gedrückt und durch Explosion vollständig vernichtet. Mit Genugtuung lesen wir dagegen die 
Presseberichte vom 8. September 1931 über die Rückfahrt des „Grafen Zeppelin“ von Pernambuco, in denen 
es heißt: „Die glänzende Navigation ermöglichte es, an Hand des hervorragend arbeitenden Wetterdienstes im 
mer das für die Fahrt beste Wettergebiet aufzusuchen“. Die Bestätigung hierfür gibt Dr. Eckener, der Führer 
des Luftschiffes, wenn er diesen Erklärungen hinzufügt: „Auf der Rückfahrt von Pernambuco wurden uns von 
allen Dampfern Sturmmeldungen gefunkt: Windstärke 6, 7, 8, sogar 9. Auf 1600 km hatten wir Sturm aus 
Nordnordost. Trotzdem sind wir zu der von uns gefunkten Stunde in Friedridhshafen angelangt. Wir haben die 
Schlechtwetterzone umgangen und Winde aufgesucht, von denen wir uns schieben ließen.“ Weitere Fahrten 
nach Südamerika sollen nun den Beweis bringen, daß diese nahezu fahrplanmäßige Einhaltung der Reisezeit 
sich bei zuverlässigem und gut ausgebautem Wetterdienst und geschickter Schiffsführung regelmäßig erreichen 
läßt. 
Neben der Sicherheit und Zuverlässigkeit ist auch im Überseeflugverkehr in erster Linie die Frage der 
Wirtschaftlichkeit in den Vordergrund zu stellen. Weite Luftreisen werden nur dann wirtschaftlich, wenn gün 
stige Wege, günstige Höhen und günstige Zeiten gewählt werden, d. h., wenn die Navigation nach meteorologi 
schen Gesichtspunkten vor sich geht. Dies ist aber nur möglich, wenn dem Führer des Luftfahrzeuges die ihm 
entgegenstehenden Schwierigkeiten, nämlich schlechtes Wetter undGegenwind, so rechtzeitig bekannt sind, daß 
entschieden werden kann, ob man durchhält oder umfliegen muß. Dazu ist die Mitwirkung eines Fachmeteoro 
logen nötig, der nicht im Flugzeug sitzt, sondern seine auf den einlaufenden Wettermeldungen aufgebauten 
Ratschläge und Warnungen vor und während der Fahrt übermittelt. Allein auf dieser durchaus notwendigen 
wissenschaftlichen Basis kann ein wirtschaftlicher Fernluftverkehr, insbesondere über dem Ozean, aufgebaut 
werden. Welche Ersparnisse dadurch gemacht werden, daß dieWettermeldüngen es dem Flugzeug ermöglichen, 
die eine schnellere Fahrt begünstigenden Wettergebiete aufzusuchen, geht z. B. daraus hervor, daß die Be 
triebskosten einer Fahrtstunde des Luftschiffes „Graf Zeppelin“ sich auf rund 1000.— bis 1200.— RM belaufen. 
Im Hinblick auf die im Sommer 1927 einsetzenden atlantischen Versuchsflüge hat die Deutsche Seewarte 
das Seeflugreferat geschaffen. Durch die dank dem Entgegenkommen verschiedener Reedereien, ermöglichten 
atlantischen Forschungsfahrten und durch die stets sich mehrenden laufenden Höhenwindmessungen an Bord 
von Handelsschiffen, die als unentbehrliche Grundlage für die Beratungen dienen, ist es diesem Institut in kur 
zer Zeit gelungen, die ihm gestellte Aufgabe zu lösen. Der Leiter des Instituts und seine Mitarbeiter haben 
durch ihre aufopfernde Tätigkeit auch der deutschen Volkswirtschaft einen nicht unbeachtlichen Dienst gelei- 33 
33 ) Seilkopf: „Die meteorologische Beratung der Uberführungsfahrt des Luftschiffes LZ 126 durch die Deutsche 
Seewarte“. Annalen 1924. Seite 285.
	        
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