Lorenz Steiner: Die sozialwirtschaftl. Aufgaben u. Leistungen d. Deutsdi. öffentl. Wetterdienstes 9
ist die Wetterberatung und Wettersicherung der Flüge, die von den für die Beratung durch den Flugsiche
rungsplan zugewiesenen Flughäfen ausgehen, nach bestem Wissen und Gewissen 9 ).
2. a) Zur Durchführung dieser Beratung dienen die Flugwetterwarten, die auf den Flughäfen eingerichtet
sind.
Z. Zt. bestehen in Deutschland folgende: Berlin, Bremen, Breslau, Dresden, Erfurt, Essen, Frank
furt/M., Nürnberg-Fürth, Halle-Leipzig, (Schkeuditz), Hamburg, Hannover, Köln, Königsberg, München,
Norderney (für das Sommerhalbjahr), Stettin und Stuttgart.
Die Flugwetterwarten sind je nach ihrer geographischen Lage zu Gruppen zusammengeschlossen. Zur Grup
penflugwetterwarte Hamburg gehören die Bezirksflugwetterwarten: Hamburg, Hannover, Bremen und Nor
derney, zu Berlin: Berlin und Stettin, zu Breslau: Breslau, zu Halle-Leipzig: Halle-Leipzig, Dresden und Er
furt, zu Frankfurt: Frankfurt, zu Nürnberg-Fürth: Nürnberg-Fürth und München, zu Köln: Köln und Essen,
zu Königsberg: Königsberg.
Jede Gruppenwarte besitzt einen Sender, der jede Stunde die Wetternachrichten für den Flugdienst ver
breitet.
Als sehr bedeutende Hilfe tritt der Dienst des Aeronautischen Observatoriums Linclenberg hinzu, das für
den Flugwetterdienst vor allen Dingen das Material liefert, das es durch seine regelmäßigen Höhenwindmes
sungen gewinnt. Es wird ergänzt durch die Beobachtungen der Höhenwindmeßstellen, die sich auf allen Flug
häfen mit Flugwetterwarten befinden. Linclenberg hat ein eigenes, sehr umfangreiches Beobachtungsnetz des
Höhenwetterdienstes aufgebaut. Alle seine Beobachtungsstellen berichten teils stündlich, teils dreistündlich an
die Zentrale, sodaß dort ein zuverlässiges Bild der Höhenwetterlage entworfen werden kann. Stündlich gibt
Lindenberg internationale Flugwetterfunksprüche heraus. Weiter wirken eine Anzahl von Postämtern mit, die
an den deutschen Flugstrecken liegen und denen die telegraphische Erstattung von Wettermeldungen aus ih
rem Bezirk, namentlich auch bezüglich drohender Gefahren, an die zugehörigen Flugwetterwarten übertra
gen worden ist. An der Feststellung des Flugwetters betätigt sich fernerhin auch die Deutsche Seewarte durch
ihre besondere meteorologische Versuchsanstalt in Hamburg-Fuhlsbüttel sowie die Drachenstation in Fried
richshafen/Bodensee und die Luftwarte in Rostock. Die Forcierung der Vollständigkeit, Regelmäßigkeit, Gleich
zeitigkeit. Rechtzeitigkeit und Sicherheit im Luftverkehr bedingte die Erforschung der Flugmöglichkeiten auch
ohne Erdsicht. In neuester Zeit wird daher zu aerologischen Forschungszwecken anstelle der bisher verwand
ten Drachen, Fessel-, Pilot- und Registrierballons in ausgiebigerweise das Flugzeug benutzt. 1929 richtete die
Luftfahrtabteilung des Reiehsverkehrsministcriums in Deutschland fünf Flugstellen ein, die täglich meteoro
logische Höhenflüge zur Unterstützung der Wetterberatung des Luftverkehrs und zur Verbesserung des allge
meinen Wetterdienstes durchführen. Diese fünf Flugstellen sind meteorologischen Instituten und Wetterwarten
angegliedert: die Flugstelle Bei'lin-Tempelhof dem Aeronautischen Observatorium Lindenberg, die Flugstelle
Hamburg der Deutschen Seewarte, die Flugstelle München der Bayrischen Landes Wetterwarte, die Flugstelle
Darmstadt der Rhön-Rositten Gesellschaft und der technischen Hochschule Darmstadt und die Flugstelle Kö
nigsberg der dortigen öffentlichen Wetterdienststelle.
Zusammen mit den aerologischen Instituten in Linclenberg, Rostock:, Friedrichshafen und Hamburg steht
somit dem deutschen meteorologischen Höhendienst ein wertvolles Netz von täglichen Beobachtungen bis zu
etwa 6000 m Höhe zur Verfügung.
Die meteorologische Sicherung der Luftfahrt erstreckt sich auch auf den Weltluftverkehr. Die Ozeanflüge
der letzten Zeit haben die Notwendigkeit einer intensiveren Vorbereitung und wetterkundlichen Beratung der
Flüge ergeben, ein Arbeitsgebiet, welches die eingehende Erforschung der Wind- und Wetterverhältnisse in
den höheren Luftschichten über dem Weltmeer bedingt und dessen Wichtigkeit von Jahr zu Jahr zunimmt.
Zur Durchführung dieser vielfachen, rasch wachsenden Aufgaben und zur weiteren meteorologischenVor-
bereitung eines transozeanischen Luftverkehrs schuf 1927 die Luftfahrtabteiluug des Reichsverkehrsministeri
ums bei der Deutschen Seewarte, bei der Dank langjähriger Mitarbeit der Schiffahrt ein reiches meteorologi
sches, meereskundliches und nautisches Erfahrung®- und Beobachtungsmaterial niedergelegt ist, das „Seeflug
referat“, das die Bestimmung hat, die Erfahrungen der Küsten- und Seeflüge zu sammeln und im Hinblick auf
den See- und Überseeluftverkehr meteorologisch und betriebstechnisch auszuwerten. Ihm sind die Küstenflug
wetterwarten Hamburg und Norderney unterstellt.
Eine der widitigsten Arbeiten zur Vorbereitung des Weltluftverkehrs stellen Einrichtung und Ausbau der
Höhenwindmessimgen auf dem Atlantischen Ozean dar, um vor allem weiteres Beobachtungsmaterial über die
°) Aus: Anweisung über die betriebstechnische Abwickelung des Flugwetterdienstes. 1930. Seite 1.