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Einige Bemerkungen zu den vorstehenden Tabellen.
Hierzu Tafel 1, Abb. 1 und 2.
Jede derartige statistische Zusammenfassung eines nicht unter dem Geset} der großen Zahlen zu be
trachtenden Materiales wird unvollkommen bleiben und zu grundsätjliehen Bedenken Anlaß geben. Z. B.
werden in Tabelle IV vier jahreszeitliche Spalten mit ganz verschiedener Endzahl von Aufstiegen zu einem
Mittel zusammengefaßt. Hier könnte einerseits erwartet werden, daß die Zusammenfassung unter Bei
legung eines Gewichtes entsprechend der Aufstiegszahl jeder Gruppe erfolgt. Doch darf nicht angenommen
werden, daß eine größere Zahl von Pilotaufstiegen ein „besseres“ Mittel ergäbe. Denn wenn regelmäßig
bei einer bestimmten Windverteilung an einem Orte je nach seiner Lage Föhn mit Aufheiterung, oder
aber niedrige Aufgleitbewölkung eintritt, dann wird sich die dadurch herbeigeführte Auswahl gewisser
Wetterlagen auf alle Aufstiege gleichmäßig und ohne Einwirkung der Gesamtzahl erstrecken 1 ). Überdies
würden die Jahreszeiten, aus denen zufällig eine größere Zahl von Aufstiegen vorliegt, bevorzugt.
Daß andererseits die Methode der vertikalen Differenzen, vermittels derer die fehlenden Werte ein
zelner Spalten rechnerisch ergänzt werden könnten, in solchen Fällen, in denen wie hier der Gang der
meteorologischen Elemente mit der Höhe erstmalig gesucht wird, nicht anwendbar ist, habe ich an an
derer Stelle dargetan 2 3 ). So erscheint das gewählte Verfahren erträglich, trotj solcher Unebenheiten, wie
z. B. in Tabelle IV, wo in der Höhenschicht 1254 bis 13Ki km die mittleren Werte durch die stark ab
weichenden Werte eines einzigen Frühjahrsaufstieges gänzlich gestört werden.
Ergebnisse. Zur besseren Übersicht ist die Komponentendarstellung der Tabelle IV (S.77) auf Tafel 1
Abb. 1 in Gestalt von „Windsäulen“ veranschaulicht. Eine erste Übersicht zeigt eine Vierteilung der Atmo
sphäre über Island: 1. Bodenschicht 0—3 km, Windhäufigkeit wenig ausgeprägt, so daß das Überwiegen
der S- und SE-Winde in der Spalte 12 (Gesamtmittel des Lufttransportes über Island) nicht zu hoch ver
anschlagt werden darf, abgesehen von der Stufe 0,2—0,5 km, für die sich in Tab. IV eine hohe prozentuale
Beständigkeit von 28% ergibt. Erst in 3 km erreicht diese wieder 20%, in der Stufe 3,5—4 km sogar den
hohen Wert 47% und bleibt bis 8,5 km über 33%. Wir dürfen somit der 2. Schicht 3—8,5 km eine größere
Einheitlichkeit in physikalischem Sinne zuschreiben. Oberhalb dieser sinken die Beständigkeits-Werte und
schwanken in dieser 3. Schicht zwischen 18 und 31%, bis dann oberhalb 12,5 km eine 4. Schicht größerer
prozentischer Beständigkeit (48—29%) einsetjt, für die bis 15 km noch immer 20 Aufstiege als Unterlage
vorhanden sind. Die mittlere Luftversetjung der Hauptschicht zwischen 3 und 8,5 km erfolgt aus dem
NW-Quadranten. Die jahreszeitliche Aufspaltung (Sp. 13—16) zeigt eine Drehung von NW im Sommer und
Herhst zu W—SW im Winter und Frühjahr, d. h. in dieser Höhenschicht liegt der tiefe Druck in den
beiden ersten Monaten in NE, im Winter und Frühling in NW. Auffallend ist die durchgängige West
komponente in dieser Schicht, deren Masse wenig unter der halben Atmosphärenmasse zurückbleibt, und
die nicht in einer anderen Schicht durch eine östliche Komponente kompensiert wird. Dieses Verhalten
stimmt überein mit einem von de Quervain durch Extrapolation der Bodendrücke nach der Höhe
gefundenen Ergebnis'): „Darnach würde die Rechnung aufs neue auf die Annahme einer über das Grön
landhindernis weggehenden, in der Höhe vorhandenen Westströmung führen, also zu einer Entwicke
lung des Polarwirbels auch nördlich des Polarkreises.“ Aber dieses Ergebnis ist unvereinbar mit d e Q u e r-
vains eigenen Pilotaufstiegen in Westgröüland mit ihrem vorherrschenden SE, ebenso mit den Auf
stiegen der Grönland-Expeditionen von W. H. H o b b s 4 ), die von 2—8 km einen langsamen Übergang von
S nach SW zeigen und erst über 8 km im Gesamtmittel nach W und NW drehen.
Bemerkenswert ist die geringe Mächtigkeit der darüber folgenden unstetigen Schicht, die in den
Jahresmitteln (Abb. 1, Sp. 1—11) im allgemeinen kaum mehr als 2 km beträgt und darüber, in 11—14 km
von stetigem NW abgelöst wird. Da die Höhenlage dieser Schichten anscheinend keinen regelmäßig jahres
zeitlichen Gang aufweist, kommt sie in den zusammenfassenden Spalten 12—16 weniger deutlich zur Er
scheinung.
Ergebnisse von Pilotaufstiegen im Gebiet von Island. Z. f. Geophysik, Jg. 4, H. 7/8, S. 353 f.
2 ) Met. Beobachtungen auf einer Forschungsreise mit „Meteor“ nach Island und Grönland im Sommer 1928, „Aus dem
Archiv der Deutschen Seewarte“, Bd. 49, H. 3, 1930, S. 61.
3 ) Erg. d. Schweiz. Grönlandexp. 1912—13. 1920. S. 375.
4 ) Reports of the Greenland Expeditions of the Univ. of Michigan 1926—31, Part I, Aerology 1931, S. 23.