Dr. Karl-Heinrich Wagner: Die unechten Zylinderpro jektionen.
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Stabsverkleinerung haben, sondern ein herausgegriffenes Wertepaar aus der unendlichen Menge der möglichen
Wertepaare von m und n. Im Falle m—n wird sich dieVersteckung der Gradtrapeze stets in erträglichen Grenzen
halten. Wenn auch diese Verstreckung bei Projektionen wie Eckert, Mollweide usw. ohne weiteres zu bemerken
ist, so kann man doch nicht sagen, daß die inneren Projektionsteile über Gebühr verzerrt sind.
Auf S. 13 haben wir verschiedene Möglichkeiten der Bestimmung von m und n entwickelt. Diese Variationen
kommen in Betracht, wenn nicht bis zum Pol, sondern nur bis zu einem bestimmten Parallelkreis cp x abgebildet
werden soll. Wir haben bei den graphischen Verfahren ein Beispiel durchgeführt (S. 43ff.). Wir haben dort die
Mollweide-Projektion mit Pollinie für den Atlantischen Ozean angewendet. Der längentreue Parallelkreis wurde
nach Maßgabe des darzustellenden Gebietes bestimmt. Die Betrachtung der Landformen, die den Atlantischen
Ozean umgeben, ergibt, daß in nicht allzu großer Entfernung zu beiden Seiten des 35. bis 40. Parallelkreises (im
Hilfsnetz) die wichtigsten Gebiete liegen. Nun ist es natürlich nicht so kritisch um die Wahl von n bestellt. Es
genügt, wenn der längentreue Parallelkreis in dem eben’bezeichneten Bereich liegt. Um möglichst vermittelnd
einzuwirken, wollen wir den längentreuen Parallelkreis auf <p 0 = 37°30' festsetzen. Wir haben festgestellt (S.14/15,
Anm.), daß bei den flächentreuen Entwürfen mit Hilfswinkel der ursprünglich längentreu angenommene Parallel
kreis durch Veränderung seines Äquatorabstandes und dadurch auch seiner Länge nicht mehr längentreu bleibt.
Wir müssen daher nach dem auf S. 14/15 angegebenen Verfahren erst ein n ermitteln, durch welches dann nach
her im flächentreuen Entwurf der Parallelkreis 37°30' längentreu wird.
Anm.: Angenommen, es soll in unserem Palle der Parallelkreis q> 0 = 37° 30' längentreu abgebildet werden. Wir haben
Es ist nach S. 15, Anm. Gl. 4
, . — mn ■ ,
y = n X cos t, x= -r^_ sm t
/3
71 Sin (p x
j f(t,n) g'(t) dt
Wir intregieren nach S. 43 von l l 0° bis i 2 = 38° 43' 12". Nach Einsetzen aller Werte erhalten wir
VT sin 65°
35° 43' 12"
nj cos s t dt
0,859 ...
Als Bedingungsgleichung für tp 0 und t 0 erhalten wir nach S. 15, Anm. Gl. 5
0,859 • n
4 V 3
(21 -|- sin 2 t) — sin <p 0
Für ein <p 0 = 37°30' ergibt sieh daraus ein t 0 —- 23° 39'. Nach Gl. 6 erhalten wir dann
cos 37® 30'
cos 23« 39'
m = 0,991 .. .
»= 008 =0.866...
woraus sich für m ergibt
Diese Werte entsprechen im abstandsgleichen Entwurf einem längentreuen Parallelkreis von ziemlich genau 36°. Ich habe bei dem
bei den graphischen Verfahren durchgeführten Beispiel n nicht auf diese Weise fcstgestellt, sondern von vornherein für den abstands
gleichen Entwurf ein (jr 0 = 35° angenommen. Dieser Parallelkreis ist durch Schätzung gewonnen. Wenn man genauer mit den Ent
würfen Bescheid weiß, kann man sich durch Schätzung ein Bild machen, welchen Parallelkreis man längentreu annehmen muß,
damit dann im flächentreuen Entwurf ein bestimmter Parallelkreis längentreu wird. Dieses n — 0,870 aus dem auf S. 43 ff. durch
geführten Beispiel differiert ja auch ganz wenig gegen das eben genau ermittelte n ~ 0,866. Es würde einem längentreuen Parallel
kreis zwischen 36° 30' und 37° entsprechen, und es ist ja für das Aussehen der Karte ganz gleichgültig, welcher von diesen Parallel
kreisen längentreu abgebildet wird, wenn er nur in dem Intervall zwischen 35® und 40° liegt.
Eine solche Bestimmung von n nach den Formen und der Breitenlage des abzubildenden Gebietes ist ein wich
tiger Gesichtspunkt. Wir hatten zu Anfang dieser Betrachtung dargelegt, daß im Inneren aller unechten Zylinder
projektionen um die längentreuen Parallelkreise herum ein Gebiet günstigster Verzerrungen liegt. Wenn man
nur einen Teil der Erdoberfläche abbilden will, wird es immer gelingen, durch geeignete Wahl von n diese günstigen
Projektionsteile so zu legen, daß sie auch mit den wichtigsten Teilen des abzubildenden Gebietes zusammen
fallen. In diesem Fall erlauben uns ja unsere Netze viel größere Variationsmöglichkeiten als bei der Abbildung
der ganzen Erde.