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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. 51. Bd. Kr. 4.
Parallelkreise, die bei mathematisch genauer Teilung der Ellipsenbogen Kurven höherer Ordnung werden, durch
parallele Gerade, deren Abstände untereinander der Forderung der Flächen treue genügten.
Die Berechnung der Parallelkreisabstände ist umständlich. Schon Mollweide hat bei seiner Veröffentlichung
eine kleine Tabelle dafür gegeben. Ausführlich hat erst Jaques Babinet die Parallelkreisabstände von 1 / 2 ° zu 1 / 2 ®
berechnet 1 , der bei dieser Gelegenheit die Projektion besonders empfahl und ihr den Namen „homalographische“
gegeben hat. Ihm verdankt die Projektion ihr Bekanntwerden in weiten Kreisen. Die Projektion ist daher auch
häufig mit seinem Namen verknüpft worden. Sie erfreut sich noch heute großer Beliebtheit bei der Abbildung
der ganzen Erde. Die Frage, in welchen Fällen die Anwendung der Projektion berechtigt ist, und wann andere
einzutreten haben, bedarf noch einer kritischen Untersuchung an einer anderen. Stelle dieser Arbeit.
Entwurf von Collignon
Nicht unerwähnt darf hier der von Collignon vorgeschlagene imechtzylindrische Entwurf mit geradlinigen
Meridianen bleiben. Das von Collignon entworfene Netz bildet die Halbkugel als Quadrat ab. Die Parallelkreis
abstände bestimmen sich durch die Forderung der Flächentreue. Der Wert dieses Entwurfs und seiner Varianten 2
für die Kartographie ist als sehr gering zu veranschlagen. Trapezmaschige Entwürfe werden nur in den seltensten
Fällen angewendet.
Entwurf von Prepetit-Foucaut 1862
Die Projektion von Prepetit-Foucaut (1862) muß als Außenseiter betrachtet werden. Die Parallelkreisabstände
werden ermittelt durch die Form x — wtg (|). Für n=1 wären die Schnittpunkte der Parallelkreise mit dem liaupt-
meridian identisch mit denen der winkeltreuen azimutalen, sogenannten stereographischen Projektion. Um Flächen
treue zu erzielen, werden die Meridiane algebraische Kurven 5. Ordnung. Bei Prepetit-Foucaut ist n so bestimmt,
daß auf der Karte einer Halbkugel der Äquator gleich dem Hauptmeridian von Pol zu Pol wird. Dies tritt ein
für den Fall n = )'jt.
2. Abschnitt
Die moderne Entwicklung von 1890 an
Die Anregungen von M. A. Nell 1890
Einen vielversprechenden Anlauf nahm die Entwicklung der unechten Entwürfe im Jahre 1890 durch M. A. Nell 3 .
Nell befaßt sich mit der Verbesserung der sogenannten Bonneschen Projektion. Die Bonnesche Projektion kann
auch als der allgemeine Fall der abweitungstreuen Entwürfe überhaupt aufgefaßt werden, wie auch die echten
konischen Entwürfe als der allgemeine Fall aller echten Entwürfe aufgefaßt werden können 4 * . Der eine Grenzfall
wäre dann die Stabsche Projektion (Kegelhöhe = 0), der andere die Mercator-Sanson-Projektion (Kegelhöhe un
endlich).
Der Hauptübelstand bei der Bonneschen Projektion ist die stark und schnell zunehmende Schiefschnittigkeit
von Parallelkreisen und Meridianen gegen den Grenzmeridian. Die echten Formen wahren allerdings die Recht-
schnittigkeit von Parallelkreisen und Meridianen, bringen aber mit zunehmendem Abstand von den Berührungs-
bzw. Schnittlinien stark zunehmende Verdehnungen in Richtung der Parallelkreise mit sich. Nell entwickelt nun
für die Bonnesche Projektion zur Vermittlung der in beiden Fällen extremen Verzerrungen einen Entwurf, der ein
Mittel darstellt zwischen der Bonneschen Projektion und einem echten flächentreuen konischen Entwurf, und deutet
am Schluß seiner Untersuchungen an, daß ähnliche Überlegungen auch für den einen Spezialfall, nämlich die
Mercator-Sanson Projektion, gegebenenfalls zu einer Verbesserung führen könnten 6 , führt den Fall aber nicht durch.
1 Jaques Babinet, Mappe-monde. Système homalographique. E. Bourdin, Paris 1857.
2 Die Halbkugel kann auch als Rhombus erscheinen. Auch lassen sich leicht abstandstreue Entwürfe dieser Art herstellen. Die
Entwürfe mit geradlinigen Meridianen nehmen in unserer mathematischen Behandlung eine Sonderstellung ein.
3 Petermanns Mitteilungen 1890, S. 93.
4 Bei den zylindrischen Entwürfen kann man von einem Kegel mit der Höhe unendlich sprechen, bei den azimutalen Entwürfen
von einem Kegel mit der Höhe null.
6 Petermanns Mitteilungen 1890, S. 98.