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Full text: 51, 1932

Dr. Karl-Heinrich Wagner: Die unechten Zylinderprojektionen. 
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Zylinderprojektion zurück 1 , so hat doch ihre einfache Konstruktion und die Eigenschaft der Elächentreue ihr eine 
ungeheure Verbreitung verschafft. Wenn das Netz auch heute aus unseren Atlanten verschwinden sollte, da es 
durch bessere Netze derselben Gruppe ersetzt werden kann, so schmälert doch dies die Bedeutung, die es'gehabt 
hat, nicht. 
Der Äquator ist längentreu geteilt, ebenso der Hauptmeridian. Durch die Teilpunkte des Hauptmeridians sind 
die Parallelkreise parallel zum Äquator gezogen und nach ihren wahren Längen geteilt. Die Verbindungslinien der 
entsprechenden Teilpunkte ergeben die Meridianbilder in Gestalt von Sinuskurven. Daher rührt d’Avezacs Be 
zeichnung: Sinusoïdale Projektion. 
Über den eigentlichen Erfinder dieser Projektion hat lange Unklarheit geherrscht. So wird bei d’Avezac 2 und 
daher auch bei Gretschel 3 die Projektion Nikolaus Sanson zugeschrieben, der sie seinen Karten der Erdteile zu 
grunde legte (1650). Später wurde sie von dem englischen Kartographen Flamsteed in seinem „Atlas coelestis“ 
benutzt (1729). Daher die viel angewendete Bezeichnung: „Sanson-Flamsteedsche Projektion“. 
Sie findet sich aber bereits 1606 in der Hondschen Ausgabe von Mercators Atlas bei einer Karte von Südamerika 4 . 
Das Netz dieser Karte rührt zweifellos von Mercator her. Es sollte daher der Name : „Mercators unechtzylindrische 
Projektion“ allgemein werden, wenn man auch „Mercator-Sanson-Projektion“ sagen könnte, da sie ihre große 
Verbreitung erst durch Sanson erfahren hat. 
Es ist nicht uninteressant, einmal darüber Überlegungen anzustellen, wie wohl Mercator zu diesem Entwurf 
gekommen sein mag. Da es nicht anzunehmen ist, daß ihm die Schaffung eines unechtzylindrischen Entwurfs 
vorgeschwebt hat, da alle bereits vorhandenen Entwürfe dieser Art durch rein konstruktive Herleitung, man möchte 
beinahe sagen rein zufällig, entstanden sind, und auch der Stand der Systematik der Kartenentwurfslehre damals 
eine solche Annahme nicht rechtfertigt, müssen andere Leitgedanken maßgebend gewesen sein. 
Wenn wir von der Stab-Wernerschen Projektion, besser nur Stabschen Projektion 5 ausgehen, und bedenken, 
daß Mercator zu seinen Länderkarten meistens diese Projektion anwendete, oder etwas variierte Formen, bei denen 
. nur zwei Parallelkreise abweitungstreu geteilt waren und die Meridianbilder geradlinig ausgezogen wurden, liegt 
es nahe, daß er zwecks einfacherer Konstruktion auch die Parallelkreise zu Geraden streckte. Er kam so zu trapez- 
maschigen Netzen. Die Beibehaltung der geradlinigen Parallelkreise und deren abweitungstreue Teilung war nur 
ein weiterer Schritt, so daß die Meridiane wieder Kurvengestalt annahmen 6 . Wenn dies auch nur eine Annahme 
ist, und die Entwicklungsgeschichte dieser Projektion genau wie bei der eigentlichen Mercatorkarte in völliges 
Dunkel gehüllt ist, so hat doch diese Überlegung sehr viel Wahrscheinliches. 
Die Projektion von Mollweide 1805 
An Verbreitung, Brauchbarkeit und Bedeutung auch noch für die moderne Kartographie der vorigen weit über 
legen ist das 1805 von Mollweide veröffentlichte flächentreue Netz 7 . Die Meridiane sind Ellipsen, die im Pol zu 
sammenlaufen. Die Länge des Äquators und des Hauptmeridians ist für die Halbkugel (Erdradius = 1) gleich y 2. 
Der Meridian X = 90° wird daher ein Kreis. Das Netz für die ganze Erde entsteht durch Verlängerung des Äquators 
auf das Doppelte (2 y 2). Die Parallelkreise sind zum Äquator parallele Gerade, deren Abstände nach einem durch 
die Forderung der Flächentreue bedingten Gesetz gefunden werden 8 . 
Mollweide gibt selbst an, wie er auf die Projektion geführt wurde. Es lag ein Entwurf von Schmidt, Gießen, 
vor, in dem die Meridiane schon Ellipsen waren, deren größte (X = 180°) bereits die Achsen y 2 und 2j/2 hatte, 
nach dem Gesetz, daß die halbe Oberfläche einer Kugel mit R = 1 gleich dem Flächeninhalt eines Kreises mit 
r = y 2 ist. Die Parallelkreise dieses Entwurfs wurden durch gleiche Teilung der einzelnen Ellipsenbogen gewonnen. 
Mollweide sah ein, daß ein solches Verfahren weder perspektivisch noch geometrisch genau war und ersetzte diese 
1 Mercator ist nicht der Erfinder dieser Projektion. Sie wird nach neueren Forschungen (vgl. hierzu die Ausführungen Eckerts 
in „Kartenwissenschaft II“) dem Nürnberger Kartographen „Etzlaub“ zugeteilt. Nichtsdestotrotz hat die Projektion ihre erd 
umfassende Verbreitung Mercator zu verdanken. 
2 D’Avezac, S. 88ff. 
3 Gretschel, S. 161. 
4 Tissot-Hammer, S. 91, und Anmerkung Hammers dazu. 
s Vgl. hierzu: Breusing, Verebnen der Kugeloberfläche, Leipzig 1892, 8. 52 
6 Vgl. näheres hierüber und auch belegende Literaturangaben bei Eckert, „Die Kartenprojektion“, Geographische Zeitschrift, 
1910, S. 313ff. 
7 v. Zachs monatliche Correspondenz, Gotha 1805, Augustheft, S. 152. 
8 Die Ableitung der Projektion vgl. im mathematischen Teil dieser Arbeit. Außer der Mollweideschen Originalarboit s. a. Zöppritz, 
Leitfaden der Kartenentwurfslehre, III. Aufl. Teubner, Leipzig 1912, S. 172ff.
	        
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