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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 50. Bdl. Nr. 3.
Zum Schluß sei noch auf die Ergebnisse der in der Einleitung aufgeführten Untersuchungen ein
gegangen.
Daß die Nebelfrostbildungen nicht nur an die Erdoberfläche gebunden sind, sondern auch in der
freien Atmosphäre innerhalb der unterkühlten Wolke des ersten Typs oder der Nebelschicht des zweiten
Typs auftreten können, ist ohne weiteres einzusehen. Dies geht auch aus den häufigen Bemerkungen über
Bereifung oder Vereisung des Drahtes bei den Aufstiegen hervor. Daher kann es nicht über
raschen, daß Aßmann und W. Peppier in ihren statistischen Untersuchungen ähnliche Verhältnisse ge
funden haben, wie sie durch die beiden erläuterten Schemata dargestellt sind.
Aßmann a ) stellt als Bedingung für Reif- oder Eisbildung eine geschlossene Stratocumulus- oder
Nimbus-Decke fest, deren untere Grenze im Mittel bei 695 m liegt. Dabei unterscheidet er nicht zwischen
Reif- oder Eisansatz, da Rauhreif in wärmeren Schichten schmelzen und das Aussehen klaren Eises an
nehmen könne. Windrichtung und -stärke in der Höhe waren ohne Einfluß auf die Kondensation. Von
115 Aufstiegen herrschte bei 16 leichter Regen, in 22 Fällen Schnee und 22mal Nebel.
Na di W. Peppier 4 ) überwiegt bei Reifansatz Stratus-, bei Eisbildung Nimbus-Bewölkung. Für den
Stratus, die „echte Reifwolke“, ist eine Inversion an seiner oberen Grenze typisch, deren vertikale Er
streckung am häufigsten 50 m bis 100 m beträgt. In den drei Fällen unseres ersten Typs schwankt dagegen
ihre Mächtigkeit stark zwischen 100 und 800 m. W. Peppier stellt fest, daß diese Inversionen eine Höhen
lage zwischen 600 m und 1000 m bevorzugen. Dies finden wir auch in unseren beiden ersten Beispielen.
Die mittlere Mächtigkeit der Reifwolke von rund 400 m ist ebenfalls übereinstimmend. Dagegen läßt
sich die mittlere Höhe ihrer unteren Grenze von 530 m (Peppier) nicht nachweisen. In 51 % der
bereiften und 44% der vereisten Aufstiege fiel kein Niederschlag. Bei Reifansatj wurde manchmal
Schnee, bei Eisbildung verschiedentlich Regen beobachtet, öfters war Nebel vorhanden. Das, was im
Vorhergehenden über die Gradienten zwischen Erdoberfläche und Inversion gesagt wurde, stellt
auch W. Peppier fest. Vertikale Zirkulationsvorgänge müssen nach ihm vorhanden sein, um bei der großen
Trockenheit der oberen Luftschicht, die wohl durch absteigende Bewegung verursadit wäre, die Stabilität
der Wolkendecke zu erklären. Eine Abhängigkeit dieser atmosphärischen Zustände von der allgemeinen
Wetterlage wäre nicht zu erwarten gewesen. Am häufigsten findet W. Peppier die Lagen im Süd
quadranten einer Zyklone und in Übergangsgebieten. Dies wiese darauf hin, „daß das Zusammentreffen
der kalten antizyklonalen Bodenluft mit den sie überwehenden oder sich dazwischenschiebenden
feuchten warmen Luftströmen der Zyklone Bedingungen für die Bildung unterkühlter Wolkenschichten
schafft“.
Im Gegensatz hierzu sind die Nebelfrostfälle dieser Untersuchung überwiegend an mehr oder
weniger ausgesprochene Hochdruckwetterlagen gebunden. Dieser Unterschied ist wohl darauf zurück
zuführen, daß Nebelfrostbildung an der Erdoberfläche niedrigere Temperaturen in der bodennahen Luft
schicht erfordert, als in dem Falle, daß diese Niederschläge nur in der freien Atmosphäre beobachtet
werden. Die günstigsten Bedingungen hierfür aber geben die winterlichen Antizyklonen. — Als bevor
zugte Windrichtungen gelten nach W. Peppier Nordost bis Südost und Südwest bis Nordwest, die auch
in den hier besprochenen Beispielen vorherrschen.
Für Glatteisbildung fanden Meinardus 5 ), Kaßner *) und Kleinschmidt 7 ) die gleichen aerologischen
Bedingungen: Ein feuchter warmer Luftstrom über einer kalten Luftmasse am Boden. Der Niederschlag,
der aus der oberen Schicht fällt, kühlt sich beim Durchfallen der Bodenluft unter den Gefrierpunkt
ab und erstarrt beim Aufschlagen zu Glatteis. Meinardus gibt eine bestimmte Druckverteilung an,
die er für typisch bei Glatteisbildung hält: Hoher Druck im Nordost und Nord, niedriger Druck im
Südwest und Süd. Diese Verhältnisse treffen wir im wesentlichen in den vier besprochenen Glatteisfällen
an, ebenso die von Meinardus angeführten Strömungsverhältnisse, wenn auch nicht in so strenger Form,
wie er sie angibt (unten Nordostströmung, oben Westwind). Östliche Winde am Boden und west
liche in der Höhe dürften als typisch gelten.