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Full text: 50, 1931

Heinrich Nohascheck: Der Zustand der freien Atmosphäre bei Nebelfrost- und Glatteiswetterlagen. 
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Glatteis. 
1. 4. bis 7. März 1915. 
Am 4. liegt ein Hochdrudskeil über Mitteleuropa, der sich von Norden her über Skandinavien auf den Kontinent bis zu 
den Alpen erstredet. Uber Rußland finden wir eine Zyklone von 755 mm, über England und der Nordsee ein flaches 
Minimum. Bei mäßig starken nördlichen und nordwestlichen Winden liegen die Temperaturen in Ostdeutschland einige Grade 
unter dem Gefrierpunkt, in Westdeutschland ebensoviel darüber. Am 5. ist das nordwestliche Tief mit einem Ausläufer nach 
Mitteleuropa hinein vorgestoßen. Die Winde haben unter Auffrischen nach Südost gedreht, die Temperaturen sind gleich- 
geblieben. In ganz Deutschland fallen Niederschläge, teils als Regen, teils als Schnee. Am nächsten Tag bat der Tief- 
druckausläufer über Mitteleuropa sich zu einem Teiltief mit einem selbständigen Kern über der Kieler Bucht entwickelt. 
Im Osten Deutschlands wehen die Winde wie am Vortage aus Südost, im Westen aus Nordwest. Temperatur und Nieder 
schläge sind unverändert. Zum 7. ist das Teiltief nach Südosten gewandert, sein Kern liegt über dem Balkan. Der Wind hat 
in Ostdeutschland unter Abflauen nach Osten gedreht, die Temperaturen sind gleichgeblieben. In Norddeutschland wird 
teilweise noch Schneefall beobachtet. 
Der Temperaturverlauf über Lindenberg zeigt am 4. morgens eine Inversion zwischen 1500 m und 1700 m und den 
potentiellen Temperaturen 1° und 5°. Nach unten schließt sich bis 1350 m eine isotherme Schicht an. Im Laufe des Tages 
senkt sich die Inversion außerordentlich rasch, um schon in den ersten Morgenstunden des nächsten Tages als Bodenumkehr 
bis 1000 m zwischen den potentiellen Temperaturen —3° und 8° zu erscheinen. Dieser auffallende Höhenunterschied der 
Sperrschincbt bei anähernd den gleichen potentiellen Temperaturen bedeutet eine sehr rasche zeitliche Zunahme der wahren 
Temperatur in der Höhe. In der Tat steigt sie um etwa 10° im Durchschnitt des ganzen Höhenintervalles mit Ausnahme der 
bodennahen Schicht vom 4. um 8h bis zum 5. um 8 h Zu dieser Zeit muß der Gefrierpunkt in der Wolke bereits überschritten 
sein, da es regnet. In der Nacht zum 6. hebt sich die Inversion vom Boden ab, um gegen Morgen unter Verstärkung der 
Inversionsgradienten wieder herunterzukommen. Gleichzeitig senkt sich die 0°-lsotherme der wahren Temperatur zum Boden. 
Sowie die Abkühlung beginnt, steigt mit den Isothermen der potentiellen und der wahren Temperatur auch die Inversion 
in die Höhe, um sich während des 7. zwischen 500 m und 1000 m zu halten. Sowohl unterhalb wie oberhalb der Temperatur 
umkehrschicht ist während der ganzen Zeit die tägliche Temperaturperiode sehr deutlich zu erkennen, die sich den aperiodischen 
Schwankungen überlagert. Am 4. macht sich die Abkühlung in den frühen Morgenstunden vom Boden aus noch bis 1500 m 
Höhe bemerkbar. Am Abend dieses Tages finden wir oberhalb der Sperrschicht noch eine zweite Störung. 
Der Gang der spezifischen Feuchte ist am 4. in Bodennähe parallel dem Temperaturverlauf. Die Führung der 1.0-Linie ist 
zweifelhaft, da das Hygrometer des Meteorographen beim zweiten Morgenaufstieg vereist war. Auch die Feuchte 
angaben des Mittags- und Abendaufstiegs am 5. sind unsicher. Am 4. abends macht sich in allen Höhen eine außerordentlich 
rasche und starke Zunahme des Wasserdampfgehaltes bemerkbar, die zwischen 1000 m und 1500 m am ausgeprägtesten ist. 
Hier beträgt sie 2.0 gr/kg innerhalb fünf Stunden. Vom Abend des 6. an nimmt die spezifische Feuchte wieder in allen 
Höhen ab. 
Am 4. abends bildet sich unter der Sperrschicht, die zu dieser Zeit nur eine Isothermie ist, eine Nimbus-Decke in 
ungefähr 400 m Höhe. Sie ist in der Karte nicht cingczeichnet, weil zur Höhenbestimmung lediglich das ' Feuchtediagramm 
benujjt werden konnte. Am nächsten Morgen liegt sie in der gleichen Höhe, die diesmal gemessen worden war. Als Nieder 
schlag fällt nicht mehr Schnee, wie am Abend und in der Nacht vorher, sondern es regnet ununterbrochen bis zum 
Mittag des 6. Um 20h dieses Tages liegt die Nimbus-Schicht in 500 m, und in Übereinstimmung mit dem Temperaturverlauf 
wird nun wieder Schnee als Niederschlag beobachtet. Am 7. hat sich die Wolkendecke um 100 m gesenkt. — Sowie der 
Regen beginnt, bildet sich am Boden Glatteis, das auch dann nicht verschwindet, sobald die Bodentemperatur am 6. mittags 
um 1.5° den Gefrierpunkt übersteigt. 
Die Strömungsverhältnisse zeigen einen sehr engen Zusammenhang mit der Temperaturschichtung. Beim ersten Morgen 
aufstieg des 4. haben wir in der ganzen Höhe bis zur Inversion nördliche Winde, die bis zum zweiten Aufstieg nach Osten 
drehen, während innerhalb der Sperrschicht die Windrichtung unverändert bleibt. Nachmittags ist der Bodenwind der gleiche, 
die Höhenwinde sind auf Süd herumgegangen, während über der Inversion immer noch Nordwestwind herrscht. Am Abend 
finden wir in der bodennahen Schicht Südostströmung. Die Zufuhr der warmen, feuchten Luft aus Nordwesten dauert bis 
zum 6. nachmittags an, während die Bodenwinde aus Südost bis Ost wehen. Am Abe.nd des 6. hat der Wind in der Höhe 
auf Nordost gedreht, am 7. herrscht bis 1500 m starker Südoststrom bei östlichen Bodenwinden. Gegen Abend hat sich eine 
einheitliche Ostströmung durchgesetzt. — Die Rechtsdrehung des Windes in der bodennahen Schicht ist kaum zu bemerken, 
dagegen ist der Windsprung an der Inversion sehr ausgeprägt. 
Zum Schluß sei noch auf die Rauhreifbildung am Morgen des 4. hingewiesen. Daß wir es hier mit echtem Rauhreif zu 
tun haben, geht daraus hervor, daß kein Nebel vorhanden war. Auffallend ist wieder die Unterscheidung zwischen Reif (von 2h 
bis 4h) und Rauhreif (von 4h bis 8h). Da der Niederschlag mit einer nächtlichen Bodeninversion verbunden ist, ist er dem 
zweiten Nebelfrosttyp zuzuordnen. 
2. 8. bis 9. Januar 1911. 
Diesen Fall hat bereits Kaßner untersucht. Es dürfte sich jedoch lohnen, das Beispiel auch einmal nach der Isoplethen- 
methode zu behandeln.
	        
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