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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 50. Bd. Nr. 3.
Schicht bis etwa 100 m über dem Erdboden sehr rasch erfolgt. Kura nach 8 h beginnen die Temperaturen wieder zu steigen.
Beim Morgenaufstieg um & 1 wird zum ersten Mal Nebel beobachtet, der rein örtlicher Natur ist, da er an anderen
Beobachtungsstationen in Norddeutschland an diesem Tage nicht vorhanden war. Gleichzeitig ist Keif und Nebelfrost vor
handen. Während der Reif noch am gleichen Vormittag verschwindet, halten sich die Nebelfrostbildungen bis zum Nach
mittag des 22. Der Nebel löst sich bereits am Morgen dieses Tages auf.
In dem Temperaturbild der freien Atmosphäre fällt eine Inversion auf, die am 20. abends bei 5° pot. in 1900 m Höhe
liegt und sich zum 22. um rund 1000 m senkt. Außerdem bildet sich am 21. zwischen 14h und 15h eine Temperatur
umkehrschicht bei —2° in rund 400 m, die sich bis zum 22. vormittags hält, wo sie als bodennahe Inversion auftritt.
Die spezifische Feuchte zeigt an allen drei Tagen sehr deutlich die einfache tägliche Schwankung in allen Höhen.
Bemerkenswert ist die außerordentlich rasche Abnahme in den unteren Schichten.
2. 29. Januar bis 1. Februar 1924.
Am 29. liegt über Westeuropa ein Hochdruckgebiet von 780 mm, während ein Tiefdruckgebiet nördlich von Skandinavien
einen Ausläufer über die Ostsee bis zur Balkanhalbinsel vorschickt. Bei nordwestlichen Winden liegen die Temperaturen
nur wenig unter dem Gefrierpunkt. Am folgenden Tag ist das Hoch bis nach Rußland hinein vorgestoßen. Der Wind hat
gegen Westen zurückgedreht, die Temperaturen sind etwas gesunken. Nebel herrscht an der NordseekÜ6te und in Süd
westdeutschland. Zum 31. hat sich das Hochdruckgebiet etwas verstärkt. In Nordoätdentschland wehen westliche bis südwest
liche Winde, die Temperaturen sind gleiehgeblieben. Am 1. ist der Druck etwas gefallen. Bei südwestlichen Winden liegen
die Temperaturen in Nordostdeutschland um den Gefrierpunkt, Nebel findet sich nur noch vereinzelt im Küstengebiet.
Der Isothermenverlauf ist insofern gegen den des ersten Beispiels dieses Typs verschieden, als die Inversion nicht
unmittelbar dem Boden aufliegt. Immerhin sprechen Gründe dafür, daß sie während der Zeit ihrer Bildung als Boden
umkehr auftritt, wie es in der Isoplethenzeiehnung dargestellt ist. Diese Gründe werden später erörtert. Zunächst finden
wir am 29. morgens eine Umkehrschicht zwischen 750 m und 920 m bei — 2° pot., die sich gegen Mittag jedoch wieder
auflöst. Es herrschen beinahe adiabatische Gradienten vom Boden bis zur Temperaturumkehr, die bis zum Nachmittag
bestehen bleiben. Nach der raschen mittäglichen Erwärmung, die bis 1000 m durchgreift, setzt die Abkühlung kurz nach 16^
ein. Die potentielle Temperatur sinkt bis etwa 24h, um von da an bis zum Mittag des 30. konstant zu bleiben. Leider
war ein Morgenaufstieg nicht gemacht worden, sodaß die Lage der Inversion in den frühen Vormittagsstunden des 30.
unbestimmt ist. Um 14h findet sie sich zwischen 300 und 500 m und den potentiellen Temperaturen —5° bis —1°, un
mittelbar anschließend bis 800 m folgt eine Isothermie. Von der Erdoberfläche bis zur unteren Umkehrgrenze herrscht
geringer überdiabatischer Gradient. Die mittägliche Erwärmung macht sich nur verhältnismäßig wenig bemerkbar. In der
folgenden Nacht kühlt sich die Bodenluft weiter ab, während die Inversion sich dem Erdboden nähert, um am Morgen des 31.
als Bodenumkehr zu erscheinen. Am Nachmittag hat sie sich wieder von der Erdoberfläche abgehoben. Die Erwärmung
erreicht ihren Höhepunkt um 18h. In der Nacht entsteht wieder eine kräftige Bodeninversion, die durch eine Gradientänderung
von der oberen Umkehrschicht getrennt ist. Diese liegt am Vormittag des 1. zwischen 220 m und 470 m und den potentiellen
Temperaturen —- 3° und 4°. Über Mittag tritt am Boden rasche Erwärmung ein. Die Isoplethen laufen sowohl nach unten als
auch nach oben auseinander, die Inversion beginnt sich aufzulösen. Beim Mittagsaufstieg ist sie noch als Bodenumkehr bis
650 m vorhanden, jedoch mit wesentlich geringerer Temperaturzunahme als am Morgen.
Der Nebel setzt nach dem Hygrogramm in der Nacht vom 29. zum 30. kurz vor 24h e in; Nebelfrost wird am 30. um 7h
zum ersten Mal notiert. In der Nacht zum 1. verschwindet der Nebel, die Nebelfrostablagerungen am 1. um Mittag. Oberhalb
der Inversion liegt eine Nimbusschicht.
Der Wasscrdampfgehalt ist bis zum 29. mittags auch in höheren Schichten verhältnismäßig groß, nimmt jedoch hier im
Laufe des 29. und 30. ab. Vom 31. an erfolgt wieder rasche Zunahme, die von der gut erkennbaren einfachen täglichen
Periode überlagert wird.
In der Höhe tritt vom 29. bis zum 31. Erwärmung ein, darauf plötzliche Abkühlung gleichzeitig mit der raschen Zu
nahme der spezifischen Feuchte. Bis zum 1. nachmittags nimmt die Temperatur langsam zu, um dann wieder zu sinken. Die
Störung, die sich am 30. mittags bei 1800 m, am 31. morgens bei 1300 m und am 1. vormittags bei 1500 m findet, ist ohne
Einfluß auf die Vorgänge am Boden. —
Als weitere Beispiele dieses Typs sind anzuführen die Nebelfrostperioden vom 28. bis 30. Januar 1926, 24. bis
25. Januar 1927, 31. Januar bis 3. Februar 1930 und 6. biä 7. Dezember 1926. —
Zu dem zweiten Beispiel sei noch folgendes bemerkt:
Obwohl dieser Fall dem Isoplethenbild nach dem zweiten Nebelfrosttyp zugeordnet werden mußte, ergeben sich doch
gewisse Parallelen zum ersten Typus. Erinnern wir uns an die allgemeine Wetterlage! Während Lindenberg am 29. 1. 1924
in einem Übergangsgebiet liegt, ist die westliche Antizyklone am 30. bis nach Rußland hinein vorgestoßen. Am 1. 2. tritt
wieder Druckfall ein. Wir können also vermuten, daß das Aufsteigen der Isothermen am 29. abends den Vorstoß der
kalten antizyklonalen Bodenluft bedeutet. Die Inversion, die diese Luftmasse von der oberen warmen, absteigenden Luft
trennt, reicht bis zum Erdboden herab. An einem Beobachtungsort, über den diese Fläche hinwegzieht, muß also am Boden
plöglicher Temperaturfall eintreten, der mit einer Temperaturzunahme unmittelbar über der Erdoberfläche verbunden ist.
Diese Umkehrschicht hebt sich dann vom Boden ab, und ihre Höhe nimmt stetig zu.