Heinrich Nohascheck: Der Zustand der freien Atmosphäre bei Nebelfrost- und Glatteiswett erlagen.
Der Zustand der freien Atmosphäre bei Nebelfrost-
und Glatteiswetterlagen.
Mit „Nebelfrost“ bezeichnet H. Köhler die Niederschläge Rauhreif, Rauhfrost und Rauheis. Über
deren Bildung schreibt er etwa folgendes 1 ): Rauhreif entsteht durch Sublimation und Anlagerung
unterkühlter Wassertröpfchen. Der Vorgang der Sublimation spielt jedoch weitaus die größte Rolle, da
Rauhreif deutlich kristallinisch ist und das Vorhandensein von Nebel, also von Wassertröpfchen, nicht
unbedingt notwendig zu sein scheint. Bei der Entstehung von Rauhf rost überwiegt das Gefrieren
unterkühlter Nebeltröpfchen die Sublimation, während diese bei der Bildung von R a u h e i s überhaupt
keine Rolle mehr spielt. Die Tröpfchen sind dann so groß und geben dadurch beim Gefrieren soviel
Erstarrungswärme frei, daß sie sich noch ausbreiten können und so eine zusammenhängende Eismasse
bilden. Noch größere Tropfen, wie unterkühlter Regen, bilden beim Erstarren eine glatte, homogene
Eisschicht, das Glatteis.
Hieraus geht hervor, daß die genannten Niederschlagsarten nicht fest gegeneinander abgegrenzt
werden können, sondern daß sie, was Entstehung und Erscheinungsform betrifft, kontinuierlich inein
ander übergehen. Schon A. Wegener hat darauf hingewiesen, daß es einen solchen Übergang zwischen
Rauhfrost und Glatteis geben muß 2 ), der in der obigen Einteilung dem Rauheis entspricht.
Im folgenden werden die aerologischen Bedingungen für das Auftreten dieser Hydrometeore an der
Erdoberfläche untersucht. An verschiedenen Beispielen wird die Entwicklung der atmosphärischen Ver
hältnisse dargelegt, und auf Grund der so gewonnenen Ergebnisse werden Schemata aufgestellt, die das
Typische der einzelnen Fälle wiedergeben.
Die bisher veröffentlichten Untersuchungen über Nebelfrostbildung, die einen ähnlichen Zweck ver
folgen wie die vorliegende Arbeit, behandeln die Reif- und Eisbildung in der freien Atmosphäre. Da
eine sehr enge Beziehung zwischen dem Auftreten von Nebelfrost am Boden und in der Höhe besteht,
wie wir sehen werden, seien diese Abhandlungen hier erwähnt. Ihre Ergebnisse werden an anderer
Stelle zum Vergleich herangezogen werden.
R. Aßmann hat die Lindenberger Fesselaufstiege des Jahres 1913 s ), W. Peppier die Fesselaufstiege
der Jahre 1909 bis 1916 4 ) bearbeitet, welche Reif- oder Eisanhang am Draht oder Flugkörper
gezeigt hatten. In beiden Arbeiten sind die Häufigkeiten und Mittelwerte der interessierenden meteoro
logischen Elemente zusammengestellt worden.
Die statistische Methode, die Aßmann und Peppier angewandt haben, genügt wohl zur Darstellung
typischer Erscheinungen, gibt aber kein Bild von der Entwicklung des atmosphärischen Zustandes im
Einzelfall.
Die aerologischen Verhältnisse bei Glatteisbildung sind für je einen Fall untersucht worden
von W. Meinardus 5 ), C. Kaßner') und E. Kleinschmidt 7 ). Meinardus und Kaßner haben zunächst die
räumliche Ausdehnung des Glatteisgebietes festgestellt, um dann die synoptische Wetterlage zu erörtern.
Während Meinardus seine Schlüsse auf den Zustand in der Höhe nur durch Beobachtungen von Berg
stationen belegen konnte, gibt Kaßner einzelne Zustandskurven der freien Atmosphäre. Kleinschmidt
bringt Beobachtungen über Bewölkung und Niederschlag, die durch Zustandskurven ergänzt werden,
ohne Berücksichtigung der räumlichen Erstreckung des Glatteisgebietes.
Diese Arbeiten beschreiben den jeweiligen Zustand der Atmosphäre. Um aber die Entwicklung
dieser Wetterlagen verfolgen zu können, sind andere Methoden anzuwenden. Die Isoplethendarstellung,
wie sie in den folgenden Untersuchungen angewandt wird, faßt alle aerologischen Beobachtungen in über
sichtlicher Weise zu einem einheitlichen Bild zusammen.