Dr. Erich Wohlenberg: Die Grüne Insel in der Eidermündung usw.
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*) In diesem Augenblick tritt das von Richter so treffend bezeichnet« Baugesetz U*in*U in Funktion. (Richter, Senckenbergiana Bd. 8, 1926 Seite 200).
Oeffnungen der Röhre verständlich. Es liegt baulich sowohl wie hinsichtlich der physiologischen
Bedeutung ein Analogon zu der Röhre von Arenicola marina vor (Fig. 6). Wie beim Bau des
Sandpiers die beiden Oeffnungen der Röhre physiologisch von einander zu unterscheiden sind,
so dient auch bei Corophium die eine Oeffnung zum Herbeischaffen der Nahrung, (sie sei im
Folgenden der Kürze halber mit „Oeffnung A“ bezeichnet) (Fig. 6), die andere zum Heraus
schaffen der Stoffwechselprodukte und aller Fremdkörper („Oeffnung B“). Oeffnung B ist aus
schließlich bei Wasserbedeckung in Tätigkeit, während Oeffnung A bei Ueberflutung sowohl wie
während der Trockenlage des Gebietes, vornehmlich aber bei dieser, für den Haushalt des Tieres
im Vordergrund steht.
Die Oberflächenform an der Oeffnung A ist im Dezember 1930 von Trusheim mitgeteilt
worden und durch eine photographische Wiedergabe belegt (Senckenbergiana Bd. 12 Seite 254).
Nur die von Trusheim genannten Kotperlen sind an dieser Oeffnung nicht am richtigen Platz,
jedenfalls nicht an primärer Lagerstätte. Ihre Ablagerung konzentriert sich nach meinen
Untersuchungen lediglich auf die Oeffnung B. Ein gelegentliches Vertauschen beider Oeffnungen
ist nicht beobachtet worden.
Der Vorgang ist folgender: Die intensivste Nahrungsaufnahme ist bei Ebbe zu beobachten
(Fig. 7). Sobald danach die Watten mit neuem Wasser überflutet werden, setzt der Krebs mit
der Nahrungsaufnahme aus und verschwindet vorläufig an der Oeffnung A. Es beginnt jetzt
die Säuberung und evtl, auch Erweiterung der Wohnröhre. Gleich einer Eruption werden die
Sand- und Kotmassen in großen Mengen herausgewirbelt und sinken zu beiden Seiten der
Oeffnung B wallförmig nieder (Fig. 6). Die winzigen Kotperlen haben etwa 5 — 20fache Größe
eines Sandkornes aber ein bedeutend kleineres spezifisches Gewicht, denn sie gelangen immer
erst nach den Quarzkörnchen zur Ablagerung und nehmen immer die Oberfläche ein. Eine
leichte Wasserbewegung genügt, sie fortzuschwemmen, was bei der überaus dichten Besiedelung
des Raumes von ernährungs-physiologischer Bedeutung sein dürfte. Das zahlreiche Vorkommen
von Kotperlen im Plankton weist ebenfalls auf ihre leichte Entfernung von den Watten hin
(vergl. Seite 11). Untersucht man mit der Lupe bei ruhigem Wetter die schmutzig-graue Haut,
womit der äußerste Saum des vordringenden Flutwassers bedeckt ist, so erweist sich diese Haut
als aus winzigen Kotperlen bestehend, die ihrer Form nach zum größten Teil dem Schlickkrebs
Corophium volutator zuzuschreiben sind.
Die Aufschüttung von Kot und Sand um die Oeffnung — B — herum ist nicht sehr
beständig. Nach dem Zurückweichen des Wassers hat sie kaum noch strukturelle Bedeutung.
Die sternförmige Bildung an der ersten Oeffnung ist beständiger, weil sie in der Regel bei Ebbe
entsteht. DiePlastizität der Oberfläche ist bei Wasserbedeckung weit geringer. Die Kotperlen
werden leicht fortgespült und haben keinen wesentlichen Einfluß auf die Oberflächenmikroplastik
der Watten.
Mit dem Herauswirbeln der Kotmassen geht die Erweiterung der Wohnröhren vermutlich
g 1 e i ch z e i t i g vor sich. 5 )
Diese Annahme wird durch folgenden Versuch begründet. Ich verschaffte mir alte Coro-
phium-Siedlungen von einem sandigen Watt mit sehr starker, tiefblauer Pigmentierung und
brachte diese Kolonie im Aquarium unter den Einfluß experimenteller Gezeiten. Die Nahrungs
aufnahme und das Herauswirbeln der Kotmassen geschah in der geschilderten Weise, aber außer
dem bestand ein großer Teil der Auswurfstoffe aus pigmentierten Quarzkörnchen. Diese ordneten
sich ebenfalls um die kraterförmige Oeffnung — B — an und bildeten anfangs einen dunkelblauen
Ring um dieselbe. Der oben geschilderte Oxydationsvorgang setzte aber sofort ein und ver
ursachte das bekannte Umfärbungsphänomen. Die dunkel - pigmentierten Sandkörnchen kenn
zeichnen deutlich ihre Herkunft. Von der Wattoberfläche können diese nicht stammen, weil