Dr. Erich Wohlenberg: Die Grüne Insel in der Eidermündung usw.
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nung treten und wie sie offensichtlich von entscheidender Bedeutung für höherstehende
Organismen, die mit ihnen den Raum teilen, werden können.
2. Die Fauna im Haushalt der Inselanwuchswatten.
Es sollen an dieser Stelle lediglich jene Tiere genannt werden, deren Lebensäußerungen
derart in Erscheinung treten, daß ihnen eine größere Bedeutung für die Struktur und Beschaffen
heit des von ihnen besiedelten Raumes zukommt.
Am bekanntesten ist der in allen Darstellungen im Vordergrund stehende Sandpier Arenicola
marina, ferner der Polychaet Nereis pelagica und die Muscheln Mya arenaria, Tellina baltica,
Cardium edule, Mytilus edulis.
Ich darf mich darauf beschränken, auf die Literatur ‘) hinzuweisen und gehe nur ein auf:
Corophium volutator.
a) Verbreitung.
Viel weniger — fast keine — Beachtung erfuhr bisher der kleine Schlickkrebs Coro
phium volutator (Pallas) (Cor. longicorne, Latreille; Cor. prossipes, auctorum). Wenn
das Tier auch nur einen Bruchteil der Größe von Arenicola erreicht und ebenso die Einzel
leistung des Individuums, rein quantitativ betrachtet, eine weit geringere ist, so verdient
Corophium volutator dennoch auf Grund seiner ökologischen Bedeutung für den Gesamthaushalt
der Watten, an erster Stelle genannt zu werden. Diese Stellung verdankt es seiner aus
gedehnten und intensiven Besiedelung des Raumes. Um Corophiums Bedeutung, die auf ver
schiedenen Ursachen beruht, für die Wattenlandschaft verstehen zu können, ist es notwendig, die
Lebensweise des kleinen, zu den Amphipoden gehörenden Krusters zu kennen. Ueber seine
Biologie aber ist sehr wenig bekannt, und das Wenige, das mir zur Zeit meiner ersten Unter
suchungen zugänglich war, ist zum mindesten einer Berichtigung bedürftig. (Schütte, 1911, 36
bis 44.) Inzwischen sind neuere Arbeiten von Richter (Natur und Museum Heft 10 Seite 297)
und als jüngste Mitteilung eine aktuopalaeontologische Abhandlung von Trusheim (Sencken-
bergiana Bd. 12 Seite 254) erschienen, auf die von Fall zu Fall hingewiesen werden wird.
Das Folgende gründet sich auf eigene Beobachtungen und Untersuchungen. Sie wurden
über das ganze Jahr, zum Teil in der freien Landschaft und zum anderen 'Feil mit Hilfe von
Wattaquarien, angestellt. Den natürlichen Verhältnissen entsprechend wurden die Aquarien durch
täglich aus der Eidermündung herbeigeschafftes, frisches Wasser künstlich dem Rhythmus von
Ebbe und Flut unterworfen. Von den biologischen Ergebnissen kann an dieser Stelle nur das
in aller Kürze mitgeteilt werden, was zur Erklärung der Wirkungsweise des Krebses auf den
Raum unbedingt erforderlich ist.
Corophium volutator baut 3—8 cm lange, scharf U-förmige Röhren in das Substrat, das von
ihnen wabenartig durchlöchert erscheint. (Vergl. Fig. 6 und Richter, Natur und Museum Bd. 10,
Bild 13.)
Die Größe des Tieres schwankt zwischen 6—18 mm; 10—12 mm ist die Durchschnittsgröße,
gemessen vom Urosom bis zur Geißel der zweiten Antenne. ’) Das massenhafte Vorkommen
erreicht im Schlickwatt den Höhepunkt, ist aber nicht an dieses gebunden, sondern es wird auch
sandiges Schlickwatt besiedelt.
Die U-förmige Röhre ist eine Wohnröhre und ist nicht als vorübergehendes Schlupf
loch (vergl. Wrage S. 31) oder als Schlupfwinkel anzusprechen. Denn sie beherbergt das Tier
während der längsten Zeit seines Lebens und ist für den ungestörten Ablauf desselben von
fundamentaler Bedeutung.
1) Schütte, Wetzel, Wrage, Columbe, Nienburg, Crimpe und Wagler usw.
2) Die zweiten Antennen sind beinartig ausgebildet und dienen zur Fortbewegung, zum Herbeischaffen der Nahrung, sowie zur Verteidigung der Röhre.