Erwin Dinies: Luftkörper • Klimatologie.
Wir betrachten das Klima als Ablauf von Witterungserscheinungen. In der synoptischen Meteorologie
pflegt man den augenblicklichen Zustand der Witterung zu betrachten, in der Klimatologie sucht
man den mittleren Zustand der Atmosphäre innerhalb eines längeren oder kürzeren Zeitraumes
zu erfassen. Diesen mittleren Zustand glaubte man bisher durch Mittel- und Summenbildung der mete
orologischen Elemente erfaßt zu haben. Diese Darstellungsweisc läßt jedoch unbefriedigt, weil jedes Ein
zelelement als selbständiger Faktor angesehen ist. Die Erfassung und Darstellung des Klimas dürfte der
Wirklichkeit näher kommen, wenn man die einzelnen Elemente wegen ihres inneren, aber wechselnden
Zusammenhanges als einem bestimmten wechselndem Träger angehörend ansieht. Diese Träger sind die
Luftkörper, die durch die bei uns herrschenden Zirkulationssysteme herbeigeführt werden. Demnach
stellt sich unser Klima dar als ein Kollektivklima aus ozeanischen, kontinentalen, polaren und
tropischen Luftkörpern.
Welche Faktoren sind maßgebend, um einen Luftkörper eindeutig und vollständig zu definieren?
W. Koppen hat in seiner oben erwähnten Untersuchung angegeben, daß Ursprung, Weg zwischen
Ursprungs- und Beobachtungsort und die zur Zurücklegung dieses Weges nötige Zeit einen Luftkörper
charakterisieren. Dazu kommen noch die Veränderungen, welche die Luft in der Nähe des Beobach
tungsortes erfährt.
Jeder Luftkörper nimmt erfahrungsgemäß nach acht bis vierzehn Tagen die Eigenschaften seiner
Umgebung an. Wenn also eine Luftmasse acht bis vierzehn Tage an einem Ort gelagert und die Eigen
schaften der dortigen Umgebung angenommen hat, dann erst henennt man diese Luftmasse nach jener
Gegend.
Solange keine Veränderungen in der Umgebung eines Luftkörpers eintreten, müssen die einmal an
genommenen Eigenschaften erhalten bleiben. Mit der Fortbewegung vom Ursprungsort kommt die Luft
in eine andere Umgebung, die je nach der Dauer ihrer Einwirkung den Luftkörper umgestaltet. Die
Veränderungen, welche polare Luftkörper auf ihrem Wege nach Süden und tropische Luftkörper auf
ihrem Wege nach Norden erleiden, hat T. Bergeron in seinen grundlegenden Arbeiten (7, 7a) schon
erwähnt. Maritime Luft, welche in den unteren Schichten die Temperatur des Meeres angenommen hat,
erfährt bei zonaler Bewegung nur geringe Veränderungen. Kontinentalluft unterliegt bei der genannten
Bewegung besonders dem Einfluß von Ein- und Ausstrahlung.
Auf Grund des bisher Gesagten ergibt sich die Aufgabe das Klima als Kollektiverscheinung zu er
fassen, d. h. die Faktoren zu untersuchen, die das Klima konstituieren. Wir wollen das Klima definieren
durch die Häufigkeit von Tagen mit bestimmten Luftkörpern und durch die diesen
Luftkörpern in den verschiedenen Jahreszeiten zukommenden Mittelwerte
der meteorologischen Elemente. Bei der Bearbeitung des Beobachtungsmaterials müssen also
zunächst Ursprungsort und Weg des jeweils vorhandenen Luftkörpers festgestellt werden. Die einfachste
Methode dafür scheint zu sein, eine vorhandene Luftmasse auf ihrem Weg zurück zu verfolgen. Da dies
nicht ohne weiteres zu sicheren Ergebnissen führt, muß auch zu indirekten Methoden gegriffen werden.
Der Verlauf der Isobaren gibt einen Anhaltspunkt für die Richtung, aus der die Luft gekommen ist,
der Isobarenabstand ein Maß für die Geschwindigkeit. Weitere Anhaltspunkte erhält man durch die
Eigenschaften, die die Luft auf Grund ihrer Herkunft besitjt, wie Trübungsgrad, Feuchtigkeits- und
Wärmegehalt. Alle diese Kennzeichen zusammen erlauben die Bestimmung eines Luftkörpers.
Für unser gemäßigtes Klima hat F. Linke nach Ursprung und Weg folgende acht Luftkörper zu
unterscheiden, vorgeschlagen:
P Polarluft (auch subpolar),
T Tropikluft (auch subtropisch),
M Maritime Luft,
C Kontinentale Luft,
PM Polar-maritiine Luft,
PC Polar-kontinentale Luft,
TM Tropisch-maritime Luft,
TC Tropisch-kontinentale Luft.