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Full text: 50, 1931

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Erwin Dinies: Luftkörper - Klimatologie. 
I. Klimadarstellung durch Luftkörper. 
Die Lage Mitteleuropas bringt es mit sich, daß seine Witterung, sein Klima von zwei Zirkulations 
systemen beherrscht wird. In den mittleren geographischen Breiten spielt sich der Kampf ab zwischen 
polarem und äquatorialem System. Wir kennen seine Wirkungen in den Vorder- und Rückseiten der tiefen 
vom atlantischen Ozean hereinziehenden Depressionen. Diesem Zirkulationssystem Pol-Aequator über 
lagert sich ein zweites, das durch das thermisch verschiedene Verhalten von Land und Meer verursacht 
ist. Es ist die Erscheinung des Monsuns. Gerade das Zusammenspiel der beiden Austauschsysteme macht 
unsere Witterung so vielseitig und mannigfaltig. Die wechselnden Luftdruckgebilde verfrachten Luft 
massen verschiedener Herkunft nach Europa, sie bringen aus ihrer Heimat ihre Eigenschaften mit und 
verursachen in extremen Fällen eine für die Jahreszeit oft ungewöhnliche Witterung. Diese ist mehr 
oder weniger sprunghaft, je nach dem Unterschied der Luftmasseneigenschaften. Daher ist auch das 
Klima, das Intregral des Wetters über einen längeren Zeitraum, nidit einheitlich, sondern zusammenge- 
setjt aus den Klimaten der einzelnen Luftkörper verschiedenen Ursprungs. Unser Klima ist ein „Kollek- 
tivklima“ aus ozeanischen, kontinentalen, tropischen und polaren Elementen. Ein Beispiel soll dies 
veranschaulichen: Figur 1 zeigt den Verlauf der Temperatur, des Dampfdruckes und der relativen Feuch 
tigkeit im Monat Oktober 1928 in Frankfurt a. Main. Darin bedeutet PM polar-maritime Luft, TM tro 
pisch-maritime Luft, M rein-maritime Luft, PC polar-kontinentale Luft, X Mischluft. Es ist sofort ersicht 
lich, wie jedem einzelnen Luftkörper bestimmte Werte zugehören, die nur durch Strahlungseinflüsse 
etwas variieren; so gehört zu PM am Anfang des Monats eine mittlere Temperatur zwischen 8 und 9 Grad, 
auch am Ende des Monats findet sich bei PM dieselbe Temperatur wieder. Die beiden Perioden mit TM 
haben eine Tagesmitteltemperatur von über 12 Grad. M liegt etwa zwischen PM und TM. Die starke 
Temperaturerniedrigung in der Mitte des Monats wird durch PC verursacht. Die herangeführten Luft 
massen werden nach und nach immer kälter, wie aus dem Abfalle der Temperaturkurve ersichtlich ist. 
Die übliche Mittel- und Summenbildung von den Klimaelementen sagt nicht viel aus, da aus ihr nicht 
hervorgeht, wie diese Werte entstanden sind. So wird in unserem Beispiel der Temperaturrückgang durch 
PC durch die beiden Perioden mit TM wieder ausgeglichen, so daß das Monatsmittel um 0,4 Grad über 
Normal liegt. Dann entspricht die erwähnte Darstellung nicht ganz der Wirklichkeit, da hierbei die klima 
tischen Elemente, wie überhaupt alle W'itterungserscheinungen, die zeitlich und ursächlich unbedingt zu 
sammengehören, auseinander gerissen werden. Ein viel exakteres und naturgetreueres Bild erhält man, 
wenn der Gesamtkomplex der Witterungserscheinungen erfaßt wird, so wie er einer Luftmasse be 
stimmter Herkunft, dem „L u f t k ö r p e r“, zugehört. 
Die Analyse des Klimas nach einzelnen Elementen ist wirklichkeitsfremd. Denn die Natur ist nicht 
mit den mittleren und summarischen Werten der Einzelelemente verknüpft, sondern mit den jeweiligen 
Zuständen der umgebenden Luft. Es ist daher nicht zufällig, daß gerade von den biologischen Wissen 
schaften erkannt wurde, daß es nicht auf den Einfluß von Temperatur, Feuchtigkeit, Wind, Sonnenstrahlung 
in ihrer Einzel Wirkung ankommt, sondern in ihrer Gesamtwirkung. Diese Erkenntnis führte 
zur Einführung neuer klimatischer Größen, wie Abkühlungsgröße, Verdunstungsgröße, Austrocknungs 
größe. Diese Größen enthalten gleichzeitig die Wirkung mehrerer Faktoren. Sie ergeben ein neues, 
physikalisch bestimmbares Maß für mehrere Eigenschaften der Luft zusammen. 
Es ist nicht verwunderlich, daß der erste Vorschlag, bei Krankheitsstatistiken nicht die einzelnen 
Elemente, sondern nach Herkunft der Luft unterschiedene „Wettertypen“ zugrunde zu legen, von einem 
Arzt ausging. Schon 1909 hat Felix Blumenfeld in Wiesbaden an wenig zugänglicher Stelle 1 ) die 
1 ) F. B 1 u m e n f e 1 d: Zur Methodik der Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Wetter und Krankheit. Baineo 
logische Studien und ärztliche Erfahrungen aus Wiesbaden. Neue Folge. Hcransgegeben von E. Pfeiffer. Wiesbaden, 
J. F. Bergmann, 1909.
	        
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