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Kurt Schreiber: Analyse der Wetterlage vom 4. bis 8. Januar 19X2.
B. Die secundaren Fronten von B und C.
Die Kaltfront KBI, die am 5. Januar 8 h rasch auf WBIII folgt (S. 17), kann zunächst durch die
Stundenwerte der Temperatur der holländischen Stationen gestütjt werden. Diese zeigen kurz nach
Durchzug von WBIII einen Temperaturfall von 1—1,5° längs einer Front, die im Windfeld allerdings
nur in Form einer Geschwindigkeitskonvergenz auftritt. Um 8 }l liegt sie auf der Linie Borkum —
Groningen — De Bilt — Vlissingen. Von Vlissingen ab wurde sie wegen der Unsicherheit nur gestrichelt.
Die folgenden Kältewellen KBII, MKBI und MKBII von B, die ebenso durch den Einbruch maritimer
Polarluft gebildet werden, treten erst am 5. Januar richtig in Erscheinung. Sie äußern sich im Wind
felde im Gegensatj zur eben besprochenen durch Geschwindigkeits- und Richtungskonvergenz. (Sprung
von SW auf W.)
Wir haben hier wieder ein Beispiel, daß trog des fast homogenen Windfeldes eine Front existiert.
Im idealen Falle steht eine Front wohl immer mit einer ausgeprägten Konvergenzlinie in Verbindung.
Hier liegt der Fall aber so, daß sich eine Front in einem fast homogenen Windfeld durch Geschwindig
keitsunterschiede bildet. Ob die Luftmaise ursprünglich schon die höhere Geschwindigkeit besitjt oder
durch irgend welchen Umstand erhält, sei dahingestellt. Wenn nun die schneller bewegten Massen in
die vorgelagerten eindringen, muß es zur Aufgleitbewegung und Niederschlagsbildung kommen.
Mit dem Übergang der Fronten in die Alpen tritt auch hier zum Teil umgekehrtes Verhalten im
Temperaturverlaufe ein (vgl. Kap. III).
Eine dritte Staffel MKBI, die am 5. Januar 14 h noch nicht zu erkennen war, ist vornehmlich durch
eine Konvergenz in der Windgeschwindigkeit gegeben und liefert in den Thermogrammen der boden
nahen Schichten einen Temperaturanstieg. Ficker 19 ) behandelt einen ähnlichen Fall als „Maskierten
Kälteeinbruch“.
Vor dem Einbruch werden in den untersten Schichten der Atmosphäre im allgemeinen geringe
Temperaturabnahme mit der Höhe und eine kleine Inversion vorhanden sein. Die Temperatur der
untersten Schichten wird relativ tief liegen. Mit der Passage ist eine Vergrößerung und Gleichmäßigkeit
des Temperaturgradienten verbunden (vgl. Aufstiege Tab. 17). Es muß demnach trotj der Erwärmung in
den bodennahen Schichten ein Druckanstieg auch in der Niederung als Folge der sinkenden Temperatur
in der Höhe beobachtet werden (vgl. auch Lit. 20).
Der Beginn des Druckanstieges muß somit mit Einsatj der Erwärmung bei den Bodenstationen zu
sammenfallen, während bei den Hochstationen Druckanstieg mit Abkühlung erwartet wird.
Das westöstliche Fortschreiten des maskierten Kälteeinbruches konnte an Hand von 45 Thermo
grammen verfolgt werden. Soweit von Bergstationen Registrierungen vorliegen, zeigen sie folgendes
Verhalten:
Brodten ....
. 1200 m
5.
Januar
kaum merkliche Abkühlung
Säntis
. 2500 m
5.
99
20,5 h Abkühlung
Schneekoppe
. 1602 m
6.
99
früh leichte Abkühlung
Hohenpeißenberg .
. 991m
5.
99
indifferentes Verhalten
Mittenwald .
. 915 m
6.
99
2,9 h Abkühlung
Bucheben
. 1203 m
6.
99
6 h Abkühlung
Obir
6.
99
7 h Abkühlung
Aus dem Verhalten der Thermogramme von Hohenpeißenberg und Mittenwald könnte geschlossen
werden, daß die Erwärmung zwischen 800 und 1000 m in eine Abkühlung übergeht. Während Mitten
wald noch Erwärmung hat, ist in Peißenberg keine Temperaturänderung eingetreten. Ganz einfach liegen
aber die Verhältnisse in Mittenwald nicht, da dieser Ort wegen der Leelage für Westströmung oft ge
stört wird. Außerdem scheint es, als ob die Höhe, bis zu der Erwärmung einsetjt, im Süden tiefer als
im Norden liegt. Da die Beobachtungen aber nur gering sind, sei dieses unter Vorbehalt ausgesprochen.