K. H. Sol tau: Hohen vvindmessungen und sonstige meteorologische Beobachtungen zwischen Hamburg und dem La Plata
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geschlossene Wolkendecken bis San Franzisco do Sul. Auf dieser rund 1000 km langen Strecke
war daher an Ballonaufstiege nicht zu denken. Da schon seit Tagen kräftiger Süd wehte, hatte
sich auf dem Atlantik eine hohe südliche Dünung entwickelt, die vor der Einfahrt nach Rio Grande
do Sul über der Barre so hohe Brandung bildete, daß die „Monte Olivia“ über 24 Stunden am
Einlaufen gehindert wurde. Bei fortgesetzter Zufuhr südlicher Luftmassen erreichte die Tempe
ratur am 2. VI. 7 00 unter 32° S. Br. mit 10° C ihren niedrigsten Stand während der Heimreise.
Zur Zeit der niedrigsten Temperatur fiel für einige Stunden Hochnebel ein. Die Regenzone endete
erst kurz vor Santos.
Anschließend setzte sich eine durch den Küstenverlauf umgebogene passatische Strömung
nordöstlicher Richtung durch, die den Witterungsverlauf wesentlich änderte. Bei klarer Kimm
und geringer Bewölkung konnte nun erst mit regelmäßigen Aufstiegen begonnen werden.
Am 5. VI. wurde Santos angelaufen. Da ein ganzer Tag Liegezeit vorgesehen war, konnte
eine Bahnfahrt nach Säo Paulo unternommen werden. Die Bahn führt zunächst durch sumpfiges
Schwemmland mit ausgedehnten Bananenkulturen und muß dann den etwa 800 m hohen Steilabfall
zum brasilianischen Hochland mit Drahtseilbahn überwinden. Der Küstenabfall und das niedrigeKüstcn-
vorland sind mit dichtem Rcgenurwald bestanden, während auf dem Hochland bis Säo Paulo offenes
Grasland folgt. Im Laufe desTages bildeten sich,wie fast immer bei auflandigemWind,amKüstenabfall
Hinderniswolken, die aber nur bis zur Höhe des Plateaus reichten, während auf dem Hochland
strahlender Sonnenschein herrschte. In Alto da Serra, der Bahnstation auf der Höhe am Steilrand
abfall, kamen wir in die Wolken, deren Basis in 300 m Höhe über dem Meeresspiegel lag. Der
Urwald dampfte vor Feuchtigkeit und die fast tägliche kondensierende, regenbeladene atlantische
Luft schafft hier die eigentlichen Lebensbedingungen für das üppige Gedeihen der Vegetation.
Der Gegensatz zwischen dem urwaldbestandenen Gebirgsabfall und dem trockenen Land um
Säo Paulo, der so plastisch vor Augen trat, wird durch die Zahlen der mittleren jährlichen Regen
mengen vorzüglich illustriert. Nach Hann 5 ) betragen die mittleren jährlichen Regenmengen in
Santos, 3 m über NN 2331 mm
Raiz da Serra, 20 m über NN, am Fuße des Gebirges 3022 mm
Alto da Serra, 800 m über NN, auf der Höhe 3697 mm
Säo Paulo, 760 m über NN 1315 mm
Bei der Einfahrt nach Rio am 6. VI. morgens lagerte über dem Westteil der Bucht von Rio
und über dem niedrigen Ufergelände dichter Nebel von 100 m Mächtigkeit, der sich gegen 10 00
schnell auflöste. Bei der Ausfahrt abends setzte 20 30 im SW Wetterleuchten ein mit durch
schnittlich 14—15 elektrischen Entladungen pro Minute. Es handelte sich um ein Gewitter an der
Grenze zwischen der kalten nordwärts vordrängenden Südluft und der warmen passatischen
Nordostströmung.
Nördlich von Rio blieben wir in der durch den Küstenverlauf von Südost auf Nordost ab
gelenkten passatischen Strömung. Abgesehen von der Windrichtung gab auch die für den Passat
charakteristische ganz hervorragende Sicht der Wetterlage das Gepräge. So kam z. B. am 7. VI.
ein in 70 sm Abstand gelegener 2100 m hoher Berggipfel in Sicht. Nördlich von Puerto Seguro
(17° S. Br.), wo der Küstenverlauf nach NzW umbiegt, drehten auch die Winde auf nordwestliche
Richtung, verbunden mit leichten Schauern.
Am 9. VI. wurde Bahia angelaufen, wo eine Junkers G 24 auf Schwimmern vom Condor-
Syndikat, Führer Pütz und Paaschen f, angetroffen wurde.
In der Höhe von Pernambuco, wo die Küste nach NW umzubiegen beginnt, setzte der
eigentliche Südostpassat ein. In seinem Bereich kam es, im Gegensatz zur Ausreise, nur zu
wenigen und leichten Schauern. Um so bemerkenswerter gestaltete sich aber der Wechsel vom
5 ) Hann, J. von, Klimatologie. Stuttgart 1910, Band IT. Seite 394.