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Full text: 49, 1930/1931

J. Georg! — F. A h lg r i m rn — W. Stöbe: Forschungsreise „Meteor“ nach Island—Grönland 1928. 
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schmelzrinne als Brandungshohlkehle feststellbar, bei älteren Formen hat die Auswaschung weicherer 
Schichten zu starker Kanneliierung, Höhlen- und Torbildung, geführt. Blaueis-Bänder fanden sich oft 
eingesprengt, ebenso Geschiebe, auch ausgedehnte Spalten. Durch Veränderung der Schwerpunktslage 
waren zahlreiche Berge m. o. w. gekippt, wobei die frühere Lage durch die älteren Abschmelzrinnen und 
die Orientierung der Spaltensysteme angedeutet blieb. 
Da wider Erwarten die Küste nördlich Angmagsalik fast eisfrei war, tvurde versucht, auf drahtlos- 
tetegraphischem Wege die Genehmigung der dänischen Regierung zum Anlaufen dieses Hafens zu er 
halten. Durch besonderen Schritt des deutschen Konsulates in Reykjavik bei dem dortigen Gesandten 
für Dänemark wurde die Genehmigung erteilt, erreichte das Schiff aber zu spät, um noch davon Ge 
brauch machen zu können. 
Am 15. August, 14 Uhr, kommt voraus eine neue Treibeisgrenze in Sicht, die wieder zum Ausweichen 
nach SE zwingt. Am 16. August setzt schnell eine erhebliche Wetterverschlechterung ein, mit N bis 
St 8, am folgenden Tag bis St. 11. Der als Schutzsegel gesetzte Klüver wird fortgerissen, und eine ge 
waltige See läuft von achtern ein. Zugleich ist das Wetter unsichtig geworden, Staubregen, niedere 
Wolken, diesig und sogar Nebel, so daß wegen der Nähe der Eisberge nachts gestoppt bzw. mit halber 
Fahrt gegen den Sturm auf der Stelle getreten wird. Am 17. a. m. werden mit dem im Mast eingebauten 
Anemometer Stundenmittel von 23mps registriert, für mehrere Minuten wiederholt 28mps (auf wahren 
Wind umgerechnet). Am 18. tritt leichtes Abflauen ein. Doch werden noch immer Windstärken von 
8 und 9 Beaufort, um 14 Uhr 21 mps gemessen. Wir haben seit Tagen kein astronomisches Besteck und 
besitzen keinerlei Anhalt zur Abschätzung des nach S setzenden Stromes. Am 18., 17 Uhr, gehen wir 
auf Kurs 237°, 19 Uhr auf 270°, also quer zur See nach W, da wir die Breite von Kap Farewell bestimmt 
überschritten haben. Wie sich am folgenden Tag (19. August) aus einem einwandfreien Besteck ergab, 
waren wir bereits 100 sml südlich des Kaps, also im Nordsturm um etwa 70 sml unerwartet nach S ver 
setzt. Nachdem wir etwa die Verlängerung der Ostküste (NNE—SSW) passiert hatten, nahmen Wind 
und Seegang rasch ab. Allerdings hielt nordwestliche Windrichtung an, d. h. der Bereich der großen 
Depression über der Dänemarkstraße erstreckte sich auch noch zur südlichsten Westküste. Doch ist diese 
Frage nicht zu entscheiden, da es sich hierbei möglicherweise nur um ein Ansaugen der Luftmassen 
an der Westküste durch die sehr starke Strömung der Ostküste handelt (Injektorwirkung). 
Es erübrigt sich besonders zu erwähnen, daß während dieser Sturmtage Ballonaufstiege unmöglich 
waren und auch alle anderen Arbeiten überaus erschwert wurden. An einem im Nordsturm dicht passier 
ten Eisberg wurde die Aufwindströmung an der Vorderseite durch eine F'ontäne von Schmelz- und 
Regenwasser modellmäßig veranschaulicht (s. Skizze Abb. 14, S. 35). 
In der Nacht vom 19. zum 20. August lag „Meteor“ wegen Nebels in der Nähe der Westküste ge 
stoppt. Als sich gegen Morgen der Nebel hob, sahen wir, daß wir diese Nacht in nächster Nähe eines 
großen Eisberges verbracht hatten. Die unsichtige Witterung erschwerte die Einfahrt in den Fjord 
von Julianehaab erheblich. Die Ansiedlung (Taf. 1, Ahb. 3), im Schutz steiler Gneißfelsen liegend und 
von der umfangreichen Antennenanlage der Radiostation überragt, wurde 10 a unter Salutschüssen von 
Land erreicht, die freilich von dem nicht armierten „Meteor“ ohne Erwiderung bleiben mußten. Bunt 
gestrichene Holzhäuser der dänischen Beamten geben dem Ort ein freundliches, malerisches Ansehen. 
Umso primitiver sind, wie allgemein, die meisten eskimoischen Häuser und Hütten. Nur wenige der seit 
den Zeiten des Walfanges mit Europäerblut vermischten Eskimos in Dänisch-Grönland, offiziell „Grön 
länder“ genannt, leben noch in alter Art als Seehund- und Waljäger. Die „Butik“ (Kaufladen) der ört 
lichen Verwaltung gewinnt immer größere Bedeutung für Nahrung und Kleidung. Außer den charak 
teristischen Gesichtszügen hat sich nur die farbenbunte Frauenkleidung erhalten. Das bekannte Kunst 
stück, sich im Kajak unter Wasser um die Längsachse des Bootes herumzudrehen, führte nur mehr 
ein einziger Eskimo aus. Die hier ansässigen Eskimos arbeiten für den grönländischen Monopolhandel 
und für die ansässigen Europäer. Die Hauptzahl der zum Distrikt Julianehaab gehörenden Grönländer 
lebt im Fjord- und Schärengewirr der Südwestküste verstreut und bringt ihre Fangprodukte (Felle,
	        
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