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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 49. Bd. Nr. 3.
II. Vorgeschichte und Reiser erlauf.
1. Vorgeschichte der Reise.
Nachdem die Reichsmarine beschlossen hatte, das bekannte Vermessungs- und Forschungsschiff
„Meteor“, Kommandant Korv.-Kapt. Bender, im Sommer 1928 zum Fischereischutzdienst in den
Isländischen Gewässern heranzuziehen, stellte sie in überaus dankenswerter Weise der Deutschen See
warte das Schiff für einen Zeitraum von 14 Tagen ausschließlich für wissenschaftliche Arbeiten in
diesen Gewässern zur Verfügung. Während zunächst in erster Linie an ozeanographische Arbeit ge
dacht war, verschob sich im Verlauf der Erörterungen aus Zweckmäßigkeitsgründen der Schwerpunkt
immer mehr auf die Seite der Meteorologie. Hier waren mit Rücksicht auf die Möglichkeit eines späteren
Flugverkehrs besonders zwei Aufgabenkreise zu bearbeiten: die Erforschung der Höhenwindverhält
nisse in den Gewässern zwischen Island und Grönland im Anschluß an die Untersuchungen des Verf.
auf Nord-Island 1926 und 1927. Zur Erweiterung dieses erforschbaren Bereiches wurde die Über
querung der Dänemark-Straße und die Ausführung von Pilotmessungen in der Nähe der grönländischen
Küste in das Arbeitsprogramm aufgenommen. Andererseits sollte nachrichtentechnische Erfahrung ge
sammelt werden, wofür ein Vorstoß von Grönlands Südspitze nach SW in Richtung der Belle Isle-Straße
besondere Vorteile zu versprechen schien.
Das nachrichtentechnische Programm sah die Einrichtung eines durchlaufenden Wetterdienstbe
triebes an Bord vor, der sich neben den von Deutschland und den anderen in Betracht kommenden
Ländern ausgesandten Wetternachrichten hauptsächlich auf die von Schiffen in der Nähe des Reisewegs
einzuholenden Wetterauskünfte stützen sollte. Diese beiden Aufgabengebiete vereinigt sollten den
„Meteor“ zu einem schwimmenden Observatorium machen. Die Durchführung dieser Aufgaben er
forderte neben der wertvollen Mitwirkung des Schiflspersonals die Einschiffung von 6 Meteorologen,
1 Funker und 1 Feinmechaniker.
Diesen Aufgaben entsprechend wurde als Reiseprogramm vereinbart, daß das wissenschaftliche
Personal bereits in Kiel an Bord gehen sollte, um sich während des Anmarsches und des Fischerei
schutzdienstes unter Island in seine Aufgaben einzuarbeiten. In der Zeit vom 13. bis 26. August sollte
das Schiff nur für die meteorologischen Arbeiten zur Verfügung stehen. Es sollte von Reykjavik nach
NW bis zur Grenze des Treibeises fahren, von hier aus südwestwärts bis Kap Farewell in möglichste
Nähe der grönländischen Ostküste. Dann war ein Anlaufen der südlichsten Ansiedlung an der West
küste, Julianehaab, vorgesehen. Von hier sollte ein Vorstoß nach SW nach Maßgabe der noch verfüg
baren Zeit und Kohlenvorräte erfolgen, mit Rückkehr nach Island auf einem möglichst weit südwärts
ausholenden Kurs. Für den Rest des Aufenthaltes bei Island war wieder Fischereischutz vorgesehen.
Dieses Programm konnte in den Hauptzügen planmäßig durchgeführt werden, mit Ausnahme des Vor
stoßes gegen die Belle Isle-Straße, für den die Zeit fehlte, da sehr schlechtes Wetter an der Ostküste
von Grönland die Reise stark verzögert hatte.
Die erforderlichen Geldmittel in Höhe von 6200 RM. wurden vom Reichsverkehrsministerium (Ab
teilung Luftfahrt) bewilligt, dem ebenso wie der Reichsmarine für die Ermöglichung dieser Reise der
wärmste Dank gebührt.