Dr. Lohr: Flugzeugaufstiege- — Hamburg, Oktober 1927 bis Juli 1928
XIII
bei Windstille entsteht. Der Rauhreifansatz bestand aus feinsten, dicht nebeneinanderstehenden
10 Millimeter langen Stäbchen, die in ihrer Struktur auf weite Strecken hin vollkommen unge
stört waren. Dieser Rauhreifansatz wurde nur an den Stirnkanten der Tragflächen und des
Leitwerkes beobachtet und beschränkte sich auf einen ganz schmalen, etwa 2 Zentimeter breiten
Streifen unmittelbar an der Kante. Die Stirnseite des Morell-Geschwindigkeitsmessers, der
an einem Gestänge l'A Meter über die Stirnseite der Tragfläche hinausreicht, zeigte auch Ansatz
dieser Stäbchenbildung, die aber bedeutend dichteres, schneeartiges Aussehen hatte. An den
übrigen Teilen des Flugzeuges, dem Fahrgestell, der Luftschraube, der Nabenhaube, den
Meteorographenaufhängungen und den Staudruckdüsen war dichter Eisansatz vorhanden, der
zum Teil wasserklar war, zum Teil auf der Oberfläche aufgepreßte Eis- und Schneeteilchen in
feinster Form aufwies und dann ein milchiges Aussehen hatte. Etwas davon ist auch auf dem
Bild 2 der Bildtafel zu ersehen. Der Rauheisansatz entstand ziemlich rasch in den unteren
Schichten bis zirka 600 Meter, wo die Temperatur sich — 5' näherte. In diesem Bereiche
erfolgte auch die Vereisung der Brillen, die beim Eintauchen in die Nimbusschicht bei 800 Meter
schon ganz dicht mit Eis bedeckt waren. Der Rauhreifansatz hingegen erfolgte erst bei den
niedrigen Temperaturen der Höhe und setzte sich nur im Staugebiete an den Stirnkanten in
schmalen Streifen fest, wo der Luftstrom sich teilt, während an den übrigen Stellen der
Maschine, wo der Luftstrom unmittelbar anprallt oder wirbelt, nicht Rauhreifbildung, sondern
nur Rauheisansatz möglich war.
Dieser Fall von Vereisung ist auch flugtechnisch sehr erwähnenswert, da der Eisansatz der
Luftschraube zur Landung zwang, während sonst in Hamburg bei den Höhenflügen Vereisung
der Maschine noch nie dazu Anlaß gab. Vereist die Luftschraube und springen dann Eisstücke
von ihr ab, wie die nach der Landung noch vorhandenen Eisreste an der Luftschraube dies
deutlich erkennen ließen, so treten bei dem dadurch hervorgerufenen Gewichtsunterschied der
beiden Flügel der Luftschraube Zentrifugalkräfte auf, die das ganze Flugzeug in Schwingung
versetzen und sogar zur Zerstörung des Motors führen können. Eingangs wurde schon erwähnt,
daß die auftretenden Stöße damals zum sofortigen Abbruch des Aufstieges Veranlassung gaben.
Es sei darauf hingewiesen, daß im allgemeinen der Eisansatz mit dem Vordringen in größere
Höhen von geringer relativer Feuchtigkeit oder beim Durchstoßen von Inversionsschichten
meistens in wenigen Minuten verschwindet.
5. Erläuterung der Tabellen.
Die nachfolgenden Tabellen 1 bis 184 enthalten die Resultate der täglichen Höhenaufstiege
vom Oktober 1927 bis zum Juli 1928 einschließlich. Für jeden Aufstieg sind vier Zahlentafeln
vorhanden. Diese enthalten den Luftdruck (in Millimeter und Millibar), die Temperatur und die
relative Feuchtigkeit sowohl in den einzelnen markanten Punkten als auch geordnet nach
geometrischen und geodynamischen 500-Meter-Stufen beziehungsweise von 3000 Meter an in
1000-Meter-Stufen. Daneben ist in den Zahlentafeln für die markanten Punkte die entsprechende
potentielle Temperatur, die spezifische Feuchtigkeit, der Dampfdruck sowie der Temperatur
gradient pro 100 Meter in den durch die markanten Punkte abgegrenzten Höhenschichten auf
genommen. Für statistische Zwecke ist auch der Temperaturgradient der geometrischen 500-
beziehungsweise 1000-Meter-Stufen ausgewertet. Endlich erfolgte noch die Zusammenstellung
von geodynatnischer Höhe, Temperatur und relativer Feuchtigkeit, in den 100-Millibar-Stufen.