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Full text: 49, 1930/1931

XII 
Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 49. Bd., Nr 10 
Es sei hier nur ein Beispiel einer Vereisung herausgegriffen, das besonderes Interesse ver 
dient, da bei dieser Vereisung eine Kombination von zwei Arten des Eisansatzes sich zeigt, und 
da diese Vereisung den ersten Fall bei der Wetterflugstelle Hamburg darstellt, wo ein sofortiger 
Abbruch des Aufstieges infolge Gefährdung des Flugzeuges erfolgen mußte. 
Diese Vereisung fand am 17. Dezember 1930 beim Morgenaufstieg statt. Die Wetterlage 
war folgende: Über der Ostsee lag ein Teiltief von 760 Millimetern. Die dort schon vorhandene 
Warmluft südöstlichen Ursprungs erhielt erneuten Nachschub ziemlich warmer Luft vom 
Schwarzen Meere her. Kaltluft aus Innerrußland war gezwungen, auf dem Umwege über 
Skandinavien nach Mitteleuropa vorzudringen. Westlich der Oder herrschte allgemein leichter, 
östlich davon mäßig starker Frost. Eine schmale Brücke hohen Druckes spannte sich über die 
Nordsee und das südliche Britannien, von einem Hochdruck von 780 Millimetern über Lappland 
nach einem solchen von 770 Millimeter westlich der Biskaya. 
Der Aufstieg ergab folgende Werte, von denen die Temperaturwerte wegen Vereisung des 
Registrierinstrumentes ab 1000 Meter unsicher erscheinen. 
Boden .... 
— 0,7 Q 
85 % 
90 Meter . . 
— 0,6 D 
82% 
660 Meter . . 
1 
Ol 
o 
98% 
1350 Meter . . 
— 10,9°? 
100 % 
1580 Meter . . 
— 13,2°? 
100 % 
Am Boden war Sicht von 20 bis 30 Kilometern vorhanden, die sich ab 400 Meter sehr rasch 
verschlechterte, bei 800 Meter setzte eine gleichmäßige Nb-Schicht ein, die bis zu 1500 Metern 
hinaufreichte. In ihr war es böig 0. Die Nb-Schicht war sehr dicht, es war ringsum dunkelgrau 
in ihr. Beim Abstieg setzte Schneefall ein. Sofort mit dem Eintauchen des Flugzeuges in die 
Nb-Schicht vereisten die Brillen der Besatzung sehr stark, so daß der Vorgang der Vereisung 
des Flugzeuges nicht verfolgt werden konnte. Es ist aber anzunehmen, daß gleichzeitig mit 
der Vereisung der Brillen beim Eintauchen in die Nb-Schicht bei 800 Meter Höhe, wo eine 
Temperatur von — 6,6° herrschte, auch eine schlagartige Vereisung der Maschine erfolgte. In 
1580 Meter wurde der Aufstieg sofort abgebrochen, da die Düsen am Flugzeug — auch die über 
dem Auspuffrohr angebrachte, die sonst selten Eisansatz zeigt — sowie die Bordinstrumente 
vereist waren und das ganze Flugzeug durch die vom Motor kommenden Stöße erschüttert 
wurde. Bei der Landung auf dem Flughafen bot sich folgendes Bild der Vereisung. Der Rumpf 
des Flugzeuges zeigte eine glasige, dünne Eisschicht, die sich auch auf einen Teil der Motor 
haube festgesetzt hatte. Außer dem Rumpf waren sämtliche Außenteile des Flugzeuges — Stirn 
seiten der Tragflächen und des Leitwerkes, Luftschraube, Fahrgestellstreben, außenliegende 
Instrumente (Generator für Gyrorector am Fahrgestell, Staudruckdüsen, Aufhängevorrichtung 
der Registrierinstrumente) und die Windschutzscheiben — von der Vereisung betroffen. Die 
Dicke des Eisansatzes schwankte zwischen 7 und 10 Millimeter, mit Ausnahme der Luftschraube, 
wo sie nur 3 Millimeter betrug. Das Merkwürdige an der ganzen Erscheinung war, daß der 
Eisansatz verschieden geartet war, und zwar zum Teil aus glasigem Eise, zum Teil aus fein 
kristallenem Reifansatz bestand. Der Unterschied des Eisansatzes läßt auf verschiedenartige 
atmosphärische Bedingungen der durchflogenen Schicht schließen. Die erstgenannte Art des 
Eisansatzes, das dichte glasige Eis, ist als Rauheis zu bezeichnen. Dieses bildet sich bei 
Temperaturen wenig unter null Grad, wobei größere unterkühlte Tropfen im Nebel vorhanden 
sein müssen. Die zweite Art des gleichzeitig beobachteten Eisansatzes ist als Rauhreif anzu 
sprechen, der durch Sublimation in übersättigtem Eisdampf bei Temperaturen unter — 10° und
	        
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