Dr. Lohr: Flugzeugaufstiege — Hamburg, Oktober 1927 bis Juli 1928
VII
Vorsichtsmaßregel im flugtechnischen Interesse beachtet, anderseits soll damit auch ermöglicht
werden, den beim Abstieg gewonnenen Kurvenast des Diagramms zu Vergleichsmessungen mit
den Aufstiegswerten heranzuziehen. Die Aufstiegsgeschwindigkeit ist fast immer geringer als
die Abstiegsgeschwindigkeit. Da nun die Fehler eines nachhinkenden Thermometerkörpers sich
mit der Vertikalgeschwindigkeit des Flugzeugs vergrößern, so bevorzugt man bei der Aus
wertung vorteilhaft das im Aufstieg gewonnene Diagramm. Bei langsamem Abstieg kommen
im Kurvenverlauf die markanten Punkte ebenso klar wie beim Aufstieg zum Vorschein, so daß
die Möglichkeit geboten ist, daß die Meßapparate noch einwandfrei innerhalb der Fehlergrenze
die tatsächlichen Werte wiedergeben; ergibt der Vergleich der Abstiegs- und Aufstiegswerte
dann Übereinstimmung, so lassen sich recht zuverlässige Schlüsse ziehen.
Zur dauernden Kontrolle des Instrumentes wird ferner auch der Vergleich der Anfangs- und
Endpunkte der Temperaturzustandskurve mit der Abflugs- und Landungstemperatur beim
Zeichnen der Temperatur-Basislinie auf dem Diagramm herangezogen. Endlich werden die
Temperaturwerte der ausgewerteten Diagramme stets mit den Angaben eines am hinteren
Flügelrande angebrachten Flächenthermometers, das während des Fluges dauernd beobachtet
wird, verglichen.
Ein Haupterfordernis bei aerologischen Sondierungen ist die genaue Einstellung der Basis
werte für Druck, Temperatur und Feuchtigkeit, wozu eine gute Ventilation des Meteorographen
erforderlich ist. Es wurden an der Hamburger Flugstelle Versuche unter diesem Gesichtspunkt
unternommen. Erwähnt sei beispielsweise die Ventilation des Registrierinstrumentes in einem
geschützten Raume mit einem Handventilator, der einen Luftstrom von fünf bis sechs Meter
sekunden durch das Ventilationsrohr des Meteorographen hindurchsaugte. Es besteht dabei
aber immer wieder Gefahr, daß an Tagen mit starker Strahlung die Werte nach dem Einbau
des Instrumentes in das Flugzeug wieder gefälscht werden, wenn der Start aus irgendwelchen
technischen Gründen nicht unmittelbar darauf erfolgt. Es hat sich im Laufe der Zeit als am vorteil
haftesten erwiesen, das Registrierinstrument 20 bis 30 Minuten lang vor dem Start an strahlungs
geschütztem, gut ventilierten Orte aufzustellen, damit sämtliche Teile des Apparates temperatur
ausgeglichen sind. Ein möglichst langes Rollen beim Starte, das bei einem so großen Rollfelde,
wie es der Hamburger Flughafen aufweist, erfolgen kann, gewährleistet dann bei der dadurch
entwickelten kräftigen Ventilation eine genaue Einstellung auf die Bodentemperatur. Letztere
wird durch mehrmalige Messungen mit dem Aspirationspsychrometer über der Grasnarbe des
Rollfeldes bestimmt. Auf diese Weise ist auch eine zuverlässige Festlegung des Feuchtigkeits
wertes ermöglicht. Bei einer dauernden Kontrolle der Instrumente und einer sorgfältigen Ein
stellung der Basiswerte ist wohl die Garantie dafür gegeben, daß die auftretenden Fehler auf
ein Minimum herabgedrückt sind. Uber die Fälschung des Absolutwertes von Temperatur und
Feuchtigkeit in den Registrierinstrumenten bei Flugzeugaufstiegen geben nur Vcrgleichs-
messungen, die gleichzeitig mit dem Flugzeugaufstiege im Freiballon oder bei Drachenaufstiegen
angestellt werden, Anhaltspunkte. In Hamburg fanden bereits solche Vergleichsmessungen bei
gleichzeitigen Freiballonaufstiegen statt. Auch in Friedrichshafen finden gegenwärtig derartige
Untersuchungen statt. Abschließende Ergebnisse liegen noch nicht vor. In bezug auf die
Empfindlichkeit der Registrierinstrumente im Temperatur- und Feuchtigkeitsgang schätzt man
nach eingehenden Versuchen an verschiedenen aerologischen Stellen bei den am meisten
gebrauchten Marvin- und Bosch-Instrumenten den mittleren Fehler bei der Temperatur auf
± 0,1“, der in ungünstigen Fällen ± 0,2° nicht überschreitet. Für den Druck ergibt sich ein
mittlerer Fehler von < 0,5 mm Hg. Bis 3000 Meter kann man in der relativen Feuchtigkeit mit