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Full text: 49, 1930/1931

G. Baumann: Strömungseinfluß des mitteldeutschen Gebirgsrandes und seine Bedeutung iür die Flagmeteorologie dieses Gebietes 45 
Gelegentlich der Besprechung der Gewittertätigkeit am Gebirgsrand wurde schon erwähnt, daß Kalt 
lufteinbrüche unter Umständen am Gebirgsrand aufgehalten werden. Dies geschieht jedoch nur bei relativ 
schwachen Kaltluftstaffeln. Erfolgt der Vorstoß der Fronten mit größerer Energie, so erhält man eine mehr 
oder weniger starke Deformation derselben, die als ein Nachschleifen am Gebirgshang in Erscheinung tritt. 
Da mit Kaltlufteinbrüchen im allgemeinen für die Fliegerei sehr wichtige Witterungserscheinungen verbun 
den sind, ist der Ausbreitung von Kaltluftwellen größte Beachtung zu schenken. Die hemmende Wirkung 
des Gebirgsrandes ist zwar sehr verschieden und abhängig von der Intensität des Kaltlufteinbruches und der 
Mächtigkeit der Kaltluftmasse. Dringt Kaltluft von West nach Ost vor, also dem Gebirgsrand parallel, so 
wird die Luftwelle teils verzögert und teils beschleunigt. Der 4. Juli 1928 18 ) liefert ein treffliches Beispiel 
eines solchen Kaltlufteinbruches aus West: Um 8 Uhr lag die Front am Rhein, um 9 Uhr hatte sic das Rot 
haar-Gebirge erreicht, wurde aber in ihrem mittleren Abschnitt an dem Gebirge stark aufgehalten. Ganz 
ähnlich war die Strömungsform am Harz, doch trat hier das Voreilen der beiden Flanken noch mehr her 
vor. Erst ziemlich weit östlich des Harzes glich sich die Unebenheit der Frontwclle einigermaßen aus. Das 
Nachschleifen der Front im Süden wurde durch den Gebirgsrand hervorgerufen. 
Das Fortschreiten der Kaltluftwelle geschah also durchaus im Sinne der Geschwindigkeitsverteilung 
bei westlichen Winden (s. Kart. 2). Sehr charakteristisch ist die beschleunigte Bewegung am Rande des 
Harzes, die sich nordostwärts über Braunschweig—Gardelegen weiter fortsetzt. Es wurde bereits früher 
festgestellt, daß diese Richtung auch von Gewitterzügen bevorzugt wird. 
Der Kaltlufteinbruch vom 4. Juli 1928 ist eine vorzügliche Bestätigung der Ergebnisse der Geschwindig 
keitsverteilung, speziell bei westlichen Winden. Außerdem ließ sich aus der bevorzugten Fortpflanzungsge 
schwindigkeit der Kaltluftwelle, hervorgerufen durch Beschleunigungen am Gebirgsrand, eine der früher an 
gegebenen Gewitterzugstraßen wiedererkennen. 
8. Not- und Zwischenlandungen wegen Wetter. 
Zum Beleg der im ersten Teil abgeleiteten Stromfelder haben die Spezialwetterlagen und besonders die 
Flugerfahrungen gute Dienste geleistet. Es hat sich ferner gezeigt, daß dem Mittelgebirgsrand für die 
Wittcrungsgestaltung große Bedeutung zukommt, vor allem vom fliegerischen Standpunkt aus betrachtet. 
Sehr eindrucksvoll ist eine Darstellung der Not- und Zwischenlandungen, die wegen Wetter ausgeführt 
wurde (s. Kart. 15). Diese Darstellung bezieht sich auf Angaben der Deutschen Luft-Hansa 
A. G. und umfaßt die Jahre 1926/28. Die durch ausgefüllte Kreise markierten Landungsorte häufen sich in 
gewissen Gebieten, die sich zu „H äufigkeitsfeldern“ zusammenfassen ließen, und zwar wurde eine 
„Häufigkeit“ immer dann angenommen, wenn die Entfernung der einzelnen Notlandeorte kleiner als 
20 km war. Reduziert man die „Häufigkeitsfelder" zu einer Linie, die ungefähr die Hauptachse der Fläche 
darstellt, so erhält man die „H ä u f i g k e i t s 1 i n i e“. Diese „Häufigkeitslinien" aber sind nun in ganz 
bestimmter Weise über das Gelände verteilt. Man kann sogar von einer gesetzmäßigen Verteilung sprechen, 
denn größtenteils fallen diese „Häufigkeitslinien“ mit den Strömungssingularitäten bei westlichen bis nord 
westlichen Winden zusammen oder aber es decken sich zumindest die „Häufigkeitsfelder“ mit den „Ver 
zögerungsfeldern“ (Stau). Die „Häufigkeitslinie“ Asbach—Westerburg—Limburg entspricht beispielsweise 
der Konvergenzlinie bei Nordwestströmung (s. Kart.3 u. 4). Die „Häufigkeitslinie“ Kierspe—Lüden 
scheid ist ebenfalls von den West- und Südwestwetterlagen her bekannt als Strömungskonvergenz. Sehr 
typisch ist die „Häufigkeitslinie“ Köln—Krefeld—Essen—Dortmund, die, etwa 10 bis 20 km vom Ge 
birgsrand entfernt, diesem nahezu parallel läuft. Auchdiese Linie war teilweise in den Strömungskarten her 
vorgetreten; jedenfalls steht außer Zweifel, daß dieses „Häufigkeitsfeld“, zumal es große Ähnlichkeit mit 
dem „Verzögerungsfeld“ bei nordwestlichen Winden besitzt, den Stau am Westerwald zur Ursache hat. 
Die gleiche Ursache wird die „Häufigkeitslinie“ der Paderborner Bucht haben. In derselben Weise ließen 
sich solche „Häufigkeitslinien“ am Erzgebirge und Thüringer Wald fcstlegen. Es heben sich da besonders 
zwei Linien hervor: Freiberg—Chemnitz—Zwickau—Plauen—Hof und Riesa—Narsdorf—Gera—Wei 
mar—Erfurt—Gotha—Eisenach. Erstere ist wahrscheinlich eine Folge der Stauwirkung am höheren Teil 
des Gebirges; letztere ist ebenfalls eine Stauerscheinung und in den mittleren Strömungsverhältnissen ge
	        
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