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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 49. Bd. Nr. 9
daß er Niederschlagsfronten abtrocknet, die unteren Wolken zur Auflösung bringt und lent-Formen häufig
bis in die Breite von Riesa erzeugt, so daß bei dieser Wetterlage das Erzgebirge oft frei ist.“
Daraus geht hervor, daß sowohl Luv- als auch Lee-Einflüsse bis in die Gegend der ermittelten Strö
mungssingularität zu beobachten sind und im allgemeinen durch diese im Norden begrenzt sind. Der wetter
gestaltende Einfluß dieser Konvergenz-Divergenz-Linie ist hiermit also eindeutig bestätigt. Die sehr
wertvollen Flugerfahrungen, die, von den Flugwetterwarten Flalle—Leipzig und Fürth gesammelt, eben
falls in den „Erfahrungsberichten des Deutschen Flugwetterdienstes“ veröffentlicht sind, dürfen an dieser
Stelle nicht unerwähnt bleiben.
In der Wetterlage vom 16. August 1929 (s. Kart. 13), die das horizontale Stromfeld eines Leewirbels
am Thüringer Wald und Erzgebirge vermittelte, ist noch eine andere interessante Strömungsform lokalen
Ursprungs enthalten, die bereits an anderem Ort besprochen wurde. Die Strömungskarte der Südostwetter
lage (s. Kart. 8) wies am Nordwestharz einen Leewirbel auf, der als Wirbel mit vertikaler Achse gedeutet
wurde. Schon oben wurde darauf hingewiesen, daß diese Wirbelbildung bei ähnlichen Wetterlagen im Ge
biete Seesen häufig zu beobachten sei; so zeigt auch die Wetterlage vom 16. August 1929 diesen Wirbel gut
ausgebildet. Mit welchem Energieaufwand diese Wirbeltätigkeit erfolgt, geht aus dem die normale Ge
schwindigkeit überschreitenden Winde Seesens hervor. Neben Seesen besitzen nur noch Quedlinburg und
Flalberstadt höhere Windwerte, die jedoch nichts anderes darstellen als eine Beschleunigung am Gebirgsrande
infolge Zusammendrängens der Stromlinien. Die Wirbelbildung am Nordwestharz ist eine durchaus nicht
seltene Erscheinung; Verfasser hatte bei seiner Tätigkeit an der Flugwetterwarte Hannover des öfteren Ge
legenheit, bei östlichen Winden diesen Vorgang festzustellen. Es müssen gerade an dieser Stelle die Bedin
gungen zur Bildung von Wirbeln mit vertikaler Achse äußerst günstig sein. Spitzwinklig nach Nordwest
vorstoßender Steilrand und Windbeschleunigungen am Nordrand mögen einander kräftig unterstützen.
Sonstige Lee-Einflüsse, die stark richtungändernd auf die Strömung einwirken, sind in diesem Falle am
Harz nicht vorzufinden; dazu fehlen allerdings auch die Meldungen einer Reihe wichtiger Stationen.
Anders liegen die Verhältnisse am Rothaar-Gebirge. Die schwachen und wechselnden Winde nördlich
und nordwestlich des Hauptmassivs deuten auf eine Turbulenzzone leeseits des Gebirges hin, doch lassen
sich wegen der Vielgestaltigkeit des Geländes und der wenigen Meldungen keine genauen Angaben über das
Auftreten einer Divergenzlinie machen. Immerhin scheint der Nordwind Brilons einen Leewirbel des Rot-
haar-Gebirges anzuzeigen, dessen Divergenzlinie weiter hangabwärts, wahrscheinlich in der Gegend Pader
born-Soest, gelegen ist. Brilon, selbst hoch gelegen, wird nicht mehr sehr weit entfernt liegen von der Kon
vergenz hinter dem Kamme. Vielleicht hängt auch die in Brilon stärker als in der Umgebung vorhandene
Bewölkung damit zusammen, ganz ähnlich der Zone stärkerer Bewölkung im Bereich der Hangkonvergenz
am Erzgebirge. Es darf allerdings nicht übersehen werden, daß die Bewölkung über Hängen im allge
meinen stärker ist als im Flachlande, sofern sie thermisch bedingt ist.
j. Lee- und Luv-Erscheinungen am Rothaar-Gebirge.
Eine Wetterlage, die für die Aufheiterung in Lee des Rothaar-Gebirges sehr charakteristisch ist, ist in
Karte 14 wiedergegeben. In der Höhe herrscht eine Ost- bis Südostströmung von einer mittleren Stärke von
4—j msk. In den unteren Schichten dagegen haben die Winde teils eine nördliche Komponente. Die Folge
davon ist, daß die Stationen des Gebirgsrandes durchweg stärkere Bewölkung (Stau) aufweisen. Sehr aus
geprägt ist der Stau am Weserbergland, sowie am Nord-, Ost- und Westrande des Rothaar-Gebirges. Dieses
Staugebiet, das sich größtenteils in tiefer Str-Bewölkung, die vereinzelt in Form von Nebel dem Boden auf
liegt, äußert, ist stellenweise durch heiteren Himmel unterbrochen. Eine dieser Aufheiterungszonen findet
man nordwestlich des Harzes, den Raum Seesen—Braunschweig vollkommen einnehmend; eine andere,
ausgedehntere westlich des Rothaar-Gebirges, das Gebiet Düsseldorf—Arnsberg—Much—Köln umfassend.
Wahrscheinlich wird sich die Leewirkung noch über Krefeld hinaus erstrecken, denn die aus den Strömungs
karten vorliegenden Ergebnisse besagen, daß sowohl bei westlichen als auch bei östlichen Winden Krefeld