30
Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 49. Bd. Nr. 9
nördlich des Rothaar-Gebirges und des Wiehen-Gebirges. Ebenso weitgehend ist die Übereinstimmung der
Verzögerungsfelder nördlich des Harzes und des Weserberglandes, mit dem einzigen Unterschiede, daß diese
in einem Falle Lee-, im anderen Luverscheinungen sind. Das Verzögerungsfeld zwischen Rothaar-Gebirge
und Harz tritt in beiden Wetterlagen auf. Auch im einzelnen beobachtet man diese Reversibilität der Strö
mungsverhältnisse; so fällt beispielsweise das am Hang des Ohmgebirges gelegene Wehnder Gebiet in beiden
Wetterlagen als kleines, selbständiges Beschleunigungsfeld heraus.
6. Ostwetterlage
(s. Karte 7).
Der Übergang der Nordost- zur Ostwetterlage prägt sich in sehr charakteristischer Weise in der Ge
schwindigkeitsverteilung aus: Die Beschleunigungsfelder, die bei der Nordostwetterlage, entsprechend der
größten Stromliniendichte, an den Nordwest- und Südosträndern der Gebirgsmassive auftraten, sind bei
Ostwinden mehr den nördlichen und südlichen Gebirgsrändern zugekehrt. Eine gleichsinnige Drehbewegung
führen die luv- und leeseitigen Verzögerungsfelder aus. Die Veränderungen haben große Ähnlichkeit mit
denen beim Übergange der Südwest- zur Westwetterlage.
Wiederum tritt die Saale-Elbe-Linie als östlliche Begrenzung des Einflußbereiches des Harzes in Er
scheinung. Bei der Besprechung der Strömungsverhältnisse wurde bereits darauf hingewiesen, daß bei öst
lichen Winden etwa an der Saale die Spaltung in zwei Stromarme einsetzt, während bei westlichen Winden
der Zusammenschluß beider nahezu an derselben Stelle erfolgt. In der Geschwindigkeitsverteilung der Ost-
und Westwetterlagen findet man diesen Vorgang bestätigt: Die Beschleunigungsfelder nördlich und südlich
des Harzes sind aus dem Zusammendrängen der Stromlinien infolge beiderseitigen Umströmens hervorgegan
gen; die östliche Begrenzung dieser Beschleunigungsfelder bildet ebenfalls die Saale.
Ebenso übersichtlich ist das Umströmen am Rothaar-Gebirge. Wie bei Westwinden umschließen Be
schleunigungsfelder das Gebirgsmassiv im Norden und Süden. Diese „Randbeschleunigung“ tritt überall
dort auf, wo Gebirgsränder eine Verengung des Strömungsquerschnittes verursachen. Hierher gehören noch
der Nordhang des Wiehen-Gebirges und Weserberglandes, die Nordspitze des Thüringer Waldes und der
nördliche Teil des Erzgebirges.
7. Südostwetterlage
(s. Karte 8).
Die Geschwindigkeitsverteilung der Südostwetterlage vermittelt wieder ein sehr anschauliches Bild der
Hindernisströmung. Beschleunigungs- und Verzögerungsfelder sind in ganz bestimmter Weise den Gebirgen
zugeordnet. Am Nordrande des Harzes, sowie an den von der Strömung tangierten Rändern des Rothaar-
Gebirges und der Eifel beobachtet man die übliche Beschleunigung infolge Querschnittsverringerung. Da
gegen zeichnen sich Luv und Lee der Gebirge durch sehr schwache Windbewegungen aus. Besonders ausge
dehnt ist das Verzögerungsfeld luvseits des Rothaar-Gebirges.
Das Verzögerungsfeld in Lee des Thüringer Waldes und Erzgebirges liegt dem Gebirge nicht unmittel
bar an, sondern ist von diesem durch eine schmale Zone normaler Windstärken getrennt. Eine Bremsung
der Strömung tritt erst dort auf, wo in der Strömungskarte die Konvergenz-Divergenz-Linie angedeutet ist.
Man kann darin einen Beleg dieser Konvergenz-Divergenz erblicken. Im Norden ist dieses Verzöge
rungsfeld nicht scharf begrenzt, da es direkt in das Staugebiet südlich des Harzes übergeht.
Die Festlegung der Singularitäten mit Hilfe der Geschwindigkeitsverteilung, was deren Hauptzweck sein
soll, hat sich vielfach bewährt. So ist auch die Divergenzlinie Essen-Much in Lee des Rothaar-Gebirges
gleichzeitig Begrenzungslinie eines Beschleunigungsfeldes.
Die beachtenswerte Tatsache, daß am Nordhange des Harzes die größten Beschleunigungen auftreten,
läßt die Entstehung eines Wirbel an dieser Stelle durchaus möglich erscheinen. Eine ähnliche Wirbelbildung
beobachtet man bei Hameln; auch dort liefern beschleunigte Luftmassen die erforderliche Energie.