G. Baumann; Strömungseinfluß des mitteldeutschen Gebirgsrandes und seine Bedeutung für die Flugmeteorologie dieses Gebietes
Auch kleinere Höhen, wie die des Fläming, haben u. U. Einfluß auf die Strömung; die Winde von
Wittenberg und Düben sind ihrer Lage entsprechend vollkommen auf West abgelenkt und verursachen
kurze Konvergenzlinien.
Der große Unterschied zwischen den Gebirgsformationen des Harzes, der wie ein Gebirgsblock aus
seiner Umgebung herausragt, einerseits, und des Thüringer Waldes und Erzgebirges, die als zusammenhän
gende Gebirgskette einen langgestreckten Riegel bilden, andererseits, tritt im Stromfeld der Südwestwetter
lage sehr deutlich zutage. Während im Gebiet des Harzes, den mittleren Verhält
nissen zufolge, das Umströmen überwiegt, offenbart sich am Thüringer
Wald u n d E r z g e b i r g e dagegen in den meisten Fällen eine zweidimensio
nale Strömungsform, als deren sicherstes Merkmal eine im Lee dieses Ge
birgszuges verlaufende Konvergenz-Divergenz-Linie anzusehen ist. Die
Konvergenz-Divergenz-Linie nimmt ihren Anfang in der Gegend von Gotha und verläuft von dort ost
wärts über Gera bis in das Gebiet Chemnitz—Narsdorf, um dann, nordostwärts umbiegend, von der Süd
westströmung aufgenommen zu werden. Übrigens läßt der auf West abgelenkte Wind von Chemnitz
Stücke der Konvergenz-Divergenz auch am Erzgebirge wieder auffinden. Selbst in Riesa bemerkt man
noch eine Rechtsdrehung des Windes. Die im Bereich der Konvergenz-Divergenz gelegenen Stationen wie
Jena, Altenburg, Narsdorf, Zwickau und auch Riesa deuten mit der Unbeständigkeit ihrer Winde ebenfalls
auf das Vorhandensein einer Strömungssingularität hin. Dieses Schwanken der Winde besteht in häufigem
Vorkommen westlicher und nordwestlicher Winde. Demnach wird gelegentlich eine doppelseitige Diver
genzlinie vorzufinden sein, als deren Folge weiter südlich eine Konvergenzlinie auftreten muß. Die Lage
dieser Konvergenz, die dem Gebirgshang ziemlich nahe sein müßte, ist an Hand der Strömungskarten nicht
auszumachen, was weniger wichtig ist, da diese als Leekonvergenz keine so große Bedeutung besitzt. In
den mittleren Strömungsverhältnissen, wie sie in Karte x dargestellt sind, verschmelzen jedoch beide Singu
laritäten zu einer Konvergenz-Divergenz-Linie. Die Angabe dieser Konvergenz-Divergenz ist deswegen
von großem Interesse, da damit auch die „Reichweite“ des Hindernisses festgelegt ist (genaue Angaben siehe
später). Auffallend ist die „V erschleppung“ der Divergenz leewärts, deren Ursache wahrscheinlich
in den Reibungsvorgängen in der freien Atmosphäre zu suchen ist. Führt man die in vielen Fällen auf
tretende rückläufige Bewegung auf Wirbelbildung leeseits des Gebirges zurück, so kommt man auf außer
ordentlich große Abmessungen. Andererseits muß an der Lage der Konvergenz-Divergenz-Linie festgehal
ten werden, da sie das Ergebnis zweier vollkommen voneinander unabhängiger Strömungskarten darstellt.
Da Sommer- und Winter-Wetterlage sich vollkommen decken, wurde, wie in den folgenden Fällen, nur
eine Wetterlage in Kartendarstellung wiedergegeben (Karte I).
SW
Sk. 4
Skizze i zeigt in schematischer Darstellung die wichtigsten Ergebnisse der Südwestwetterlage:
Doppelseitige Konvergenz und Divergenz im rechtsrheinischen Flachland und am Hang des Sauerlandes als
Kennzeichen gelegentlich auftretender Luvwirbel eine zweite Konvergenz vor dem Haupt-Gebirgsmassiv.