Dr. Gretel Satow: Das Bodeneis in der Arktis. Tatsachen und Hypothesen.
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nehmen, daß hier örtliche Eisbildungen existierten, die auf Talniederungen der Flüsse beschränkt
waren. Zum Vergleich zieht er die Beobachtungen von Tschernischew heran, der auf Nowaja Semlja
in vielen Flußtälern Firnfelder von unbeweglichem Eise sah.
Diese während der Eiszeit in Bodensenkungen und Talniederungcn zusammengetriebenen
Schneemassen verfilmten und gingen allmählich in körniges Bodeneis über.
Mit der Abnahme der milden, niederschlagsreichen Winter erfolgte in der Nacheiszeit die Aus
bildung des Eisbodens und damit die Bedingungen für die Erhaltung des Bodeneises. (36).
e) Obrutschew: Während man eine Zeitlang zweifelte, ob Sibirien überhaupt eine Eiszeit gehabt
hatte, da man keine oder geringe eiszeitliche Spuren fand, haben die neueren Untersuchungen das
Gegenteil erbracht. Spuren ausgedehnter Vergletscherung wurden in den einzelnen Gebirgen nach
gewiesen (so von Wollosowitsch und Scersky für das Werchojanskgebirge und Witimplateau, für die
Taimyrlialbinsel schon von Middendorff, Obrutschew für den inneren Kolymabogen des Tscherski-
gebirges und auch für die Neusibirischen Inseln). Das Benettland ist noch heute vergletschert.
Obrutschew spricht in seiner Geologie von Sibirien, gestützt auf Wollosowitsehs Untersuchungen,
sich gegen den Gedanken aus, daß Sibirien dank seiner klimatischen Verhältnisse nicht oder nur
schwach vergletschert gewesen sei und entscheidet sich für zwei Eiszeiten. (49).
Er nimmt eine starke Vergletscherung an. Beweise liefern ihm dafür:
1) Die Bodeneisfunde.
2) der ± sandhaltige Geschiebelehm auf Koteiny.
3) die Aaser aus Kies und erratischen Blöcken zwischen den Inseln.
4) der Geschiebesand mit schön polierten Blöcken von 0.7—1 m Durchmesser.
f) Wollosowitsch: Wollosowitsch untersuchte das Profil der südlichen Steilküste der großen Lja-
chowinsel genauer und kam zur folgenden Gliederung des Quartärs: (86—89).
Schichtfolge: 10 30 m
1) Bodenschicht (Tundra) gewöhnlich 0,2—0,5 m
2) fossiles Eis der zweiten Vereisung 10—20 m (aus Schneewehen, Aufeis, Schollen?)
3) Torfbildung mit Schichten von Eis und dünnschichtigem Lehm mit drei verschiedenen Hori
zonten :
a) Moosen, b) Betula nana, c) mit Stämmen von Salix und anderen Bäumen.
4) grauer dünnschichtiger Lehm mit Süßwassermuscheln und Pflanzenresten eng verbunden mit
dem unteren Horizont der Torfstufe.
5) dunkle lehmige Torfschichten mit Stämmen, Aesten, Blättern von Ainus, Betula und anderen
Resten ausgestorbener Säugetiere.
6) Lößartiger Lehm mit Einschlüssen von schwarzem Torf.
7) graugelbe Sande in Schlammablagerungen.
8) fossiles Eis der ersten Vereisung, oben braun mit Spalten, die mit Ton und Torf gefüllt sind,
unten rein durchsichtig.
In dieser Schichtenfolge sieht Wollosowitsch folgendermaßen den Ablauf der geologischen Pe
riode:
Nach der ersten Vereisung werden die Reste der Eisströme durch angeschwemmten Sand über
deckt. der aus den lockeren tertiären Schichten der flachen Anhöhen gebracht wurde und Schutz vor
Abtauen gewährte. Darauf folgen einige Meter dicke Schichten von schlammigem Lehm mit Torf aus
Moos und Gräsern und dünnen Weidenstämmen, — Sedimente der Seen und Sümpfe, die das Land
bedeckten. Die neugebildeten Ebenen bedeckten sich mit reichem Graswuchs, dessen Reste an der
Südküste cler großen Ljachowinsel 2—4 m dicke Schichten von gepreßten Gräsern bilden. Erlen und
weiße Hainbuchen bildeten ganze Haine, in denen Mammut. Nashorn, Saiga-Antilope reiche Weide
fanden. Dann verschlechterte sich das Klima, die Bäume verkümmerten und wurden durch die
Zwergbirke und Polarweide ersetzt. Mammut und Nashorn wanderten nach Süden aus oder starben
in den Morästen, verdrängt durch Pferd, Bison und Auer-Ochs.
Während die nördlichen Inseln von der ersten Eismeertransgression überschwemmt wurden, die
Ainus und Betulaschichten wegradiert und eine Schichtenreihe mit borealer Fauna abgesetzt wurde