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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. 49. Bd. Nr. 5.
Schlamm. Lehm, darunter liegen besonders stark wasserdurchlässige Schotter, schwach mit Lehm ver
bunden, darunter folgt anstehendes Gestein. Die Bildung geht nach Podjakonow folgendermaßen vor
sich: Nach den ersten Frösten im beginnenden Winter bedecken sich die Flüsse in Sibirien bis weit ins
Innere von Zentralasien (bis Transhimalaja, siehe Fickeler und Sven Hedin) mit einer dünnen Eis
schicht. Da das Wasser sich immer wieder senkt, bildet sich unter dieser ersten Schicht ein Zwi
schenraum, und der Fluß bedeckt sich mit der zweiten Eisschicht. So können mehrere Eisschich
ten entstehen, bis das Wasser annähernd seinen normalen Tiefstand erreicht hat. Sobald kein Sinken
des Wasserspiegels mehr stattfindet, bildet sich eine massive Eisdecke statt der einzelnen Eisschichten
Bei stärker werdendem Frost erscheint das Wasser bald an der Erdoberfläche, zeigt sich an den
Flußufern und an den anderen tieferen Stellen des Flufitales und saugt sich hier in die die Erdober
fläche bedeckende Schneeschicht ein. Allmählich wird die überquellende Wasserinasse immer grö
ßer. Schließlich bedeckt sich der gesamte tiefliegende Teil des Flußtales mit Wasser, welches alle Ver
tiefungen ebnet und das ganze Tal in ein ebenes Eisfeld verwandelt. Im Laufe des Winters wird die
Naleclj immer größer und erreicht zur Zeit des stärksten Frostes die größte Entwicklung. Mit dem
ersten Tauwetter beginnt die Naledj sich wieder zu vermindern. (Abb. i—5 Tafel 5).
Das Wesen der Erscheinung beruht in der Versperrung des normalen Weges des Wassers durch
den Frost. Das Wasser in den durchlässigen Flußschottern und im Flußbett bildet immer einen ge
meinsamen, talabwärts gerichteten Strom, mit dem Unterschied, daß das Wasser in den Schottern
langsamer fließt; aber nur das überflüssige Wasser strömt im Flußbett, alles andere in den Flufi-
alluvionen, und dieser Ueberschufi ist umso geringer, je dicker die Alluvionen sind. Einen Beweis
hierfür liefert das streckenweise Verschwinden der Flüsse in Steinstreifen, dann liegt das Bett trocken
und führt nur nach Regen Wasser.
Beim Frost gefriert die Eisschicht fest ans Ufer, nimmt von oben nach unten mit steigender
Kälte zu auf Kosten des Flußbettes. Der Flußquerschnitt wird mehr und mehr eingeengt, und da
durch die Wasserbewegung sehr eingezwängt. Wenn das Wasser im Flußbett keinen Platz mehr
findet, dringt es in die oberen Schichten der Alluvionen ein und ruft eine Erhöhung des Grund
wassers im Tale hervor, d. h. es vergrößert die Wassermenge, die durch einen Teil der Flußablage
rungen fließt, diese erfüllend und überquellend steigt das Wasser an die Oberfläche, wo der Boden
nicht gefroren ist, dank der Trockenheit oder dank einer Schneeschicht und ruft eine Naledj hervor.
Die Höhe des Wasserstandes der Naledj hängt ab von der Höhe des Druckes, hei welchem das
Wasser des ganzen Tallaufes durch das in diesem Moment existierende Flußbett hindurchlaufen
kann. Je enger der Querschnitt des Wasserlaufes, umso höher wird der Druck und umso, mehr
wächst die Höhe der Naledj. Statt eines freien Wasserlaufes in einem Flußbett findet hier eine Strö
mung in einer geschlossenen Röhre statt, deren Querschnitt dauernd enger wird. Die Höhe der
Naleclj hängt damit ah von diesem „lebendigen Querschnitt” und dem Druck der darin wirkenden
Wassermenge.
Da der Eisboden wie ein wasserundurchlässiges Flußbett wirkt, ist es erklärlich, daß die größte
Entwicklung der Aufeisbildungen hauptsächlich auf Flüssen im Gebiet der ewigen Gefrornis vor
kommt, aber auch weiter südlicher, bis zum 30. Breitengrade! (s. Fickeler. 15).
F ür die Entstehung des Bodeneises ist nun wichtig, daß die im Frühjahr aus den Quellgebietcu
kommenden Hochwasser sich in die Aufeismassen einschneiden und oft einen Teil mit Sand, Lehm
und Gerollen zuschlämmen. Wenn der Durchmesser der vom Hochwasser mitgeführten und abge
lagerten Isolierschicht die örtliche Auf tautiefe, die zwischen Bruchteilen eines Meters und 4 Meter
schwankt, übertrilft, kann die Eisschicht nicht mehr tauen. Wenn sie vom Flusse weiterhin nicht
mehr beeinflußt wird, was sehr häufig der Fall ist, da die Flüsse oft in weiten, flachen Tälern flie
ßen, kann sie sich dank der klimatischen Bedingungen unbegrenzt lange halten. Aufeismassen
werden nicht nur mit einer einmaligen Schuttdecke zugesehüttet, sondern bereits während der Bil
dung der Naledj wird Schlamm oder Sand über das Eis und den Schnee gebreitet, so daß sich bei
einem Querschnitt Wechsellagerungen von Erdschichten und Eis zeigen.
Solche Art der Entstehung von Bodeneis wurde häufig in Nordasien wie in Alaska beobachtet
(44: S. 439—455; 53. S. 505—537) (40; 37. S. 158 ff.). Daher gelangten die russischen Forscher zu der
Ansicht, daß solche Fälle von Konservierung und Verwandlung von Aufeisbildungen in Bocleneis recht