10
Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. 49. Bd. Nr. 5.
Der Eisboden gliedert sich in der Vertikalen in drei Abschnitte. Er wird im Sommer nach dem
Hangenden durch einen oberen Horizont begrenzt, dessen Temperatur 0 0 ist oder darüber, dem
„Auftauboden“. Eine gleiche Fläche von 0 0 Temperatur trennt als unterer Horizont den Eisboden
von seinem Liegenden ab, dem „Niefrostboden“, der wohl nur geringe Schwankungen aufweist. Die
größte Mächtigkeit erreicht der Eisboden nach dem Ende des Winters, wenn die aus der Luft in den
Boden eindringende Kälte ihre Wirkung in die Tiefe erstredet hat, die geringste Mächtigkeit dage*
gen im Laufe des Sommers, wenn die aus der Luft in den Boden eindringende Wärme mit ihrer
Wirkung die größte Tiefe erreicht hat. Diese Dreiteilung gibt die gewöhnliche Gliederung des Eis
bodens an. Außer dieser, bei der die obere Grenze des ewig gefrorenen Bodens mit der unteren
Grenze der Schicht, der Wintergefrornis zusammenfällt, kennt Sumgin noch eine Art von Eisboden,
bei der die obere Grenze des ewig gefrorenen Bodens nicht mit der unteren Grenze der Winter
gefrornis zusammenfällt. Beispiele hierfür stellen die beiden Profile von Irkutsk dar, die Schostako-
witsch anführt (61, S. 407} und die Beobachtungen von W. Sees an der Wasserversorgung der Station
Sjelewo der Amurbahn. Dort fand er Eisboden von unbekannter Mächtigkeit. Zwischen der Schicht
mit Wintergefrornis und dem Eisboden zeigten sich ungefrorene Schichten, die die Brunnen speisten
(65). Außerdem gibt es noch geschichtete Gefrornis: Der gefrorene Boden wechselt mit ungefrore-
nem, indem auch die oben genannten Wechsel Verhältnisse möglich sind (73).
Alle diese Arten der vertikalen Gliederung des Eisbodens, ihre jahreszeitlichen Schwankungen
und die noch hinzukommenden örtlich wirksamen Kräfte bestimmen natürlich das Vorkommen und
die Lagerung der Bodeneismassen.
Die Angaben von Zahlen über die Mächtigkeit des Eisbodens wie des Auftaubodens schwanken
in den einzelnen Gegenden sowie in den verschiedenen Ländern sehr. (Angaben von Eisboden
mächtigkeit: 64, S. 401 ff; 73; 49, S. 387; 58. I. S. 87; 23, S. 261, S. 263—64; 19, S. 7; 37, S. 182, S. 187:
45, S. 59: 8, S. 147. Angaben von Auftaubodenmächtigkeit: 61, S. 402; 72; 46. S. 100—115: 54; 26;
27: 50, S. 52 : 40 : 25, S. 275, S. 264; 57, S. 181; 41, S. 11).
Verallgemeinerungen lassen sich aus ihnen nicht aufstellen, da Beobachtungen in wenigen 100
Metern Entfernung andere Zahlenwerte ergaben. Aus allen erhaltenen Zahlen läßt sich daher nur
feststellen: Der Auftauboden schwankt zwischen einer Mächtigkeit von einigen Zentimetern bis 10
Metern und der Eisboden von einem Meter bis 500 Metern. Für das Bodeneis angewandt bedeuten
diese Zahlen: die gegen die Sonne schützende Decke muß etwas mehr als die örtliche Auftautiefe
betragen. Wir können also die oberste Grenze des Bodeneises in wenigen Zentimetern bis 10 Meter
mitreffen. Aber auch die 0 0 Isothermenfläche — das ist die untere Grenze des gefrorenen Bodens
— weist große Schwankungen (bis 300 m) auf, somit sind die wechselvollen Bedingungen, unter
denen das Bodeneis sich vertikal erstrecken kann, gekennzeichnet.
Das Vorhandensein des Eisbodens überhaupt (somit auch des Bodeneises), wird auf die klima
tischen Elemente zurüdkzuführen sein, wie Jahresdurchschnittstemperatur, winterliche Niederschläge
und Schneedeckenhöhe, während der Wechsel in der Mächtigkeit zum großen Teil von örtlichen Be
dingungen abhängt:
Hier sind in erster Linie die Bodenbedingungen zu nennen: Bodenart, Wärmeleitung.
Feuchtigkeitsgrad, An- oder Abwesenheit von fließendem oder gestautem B o d e n w a s s e r, ferner
die Art der örtlichen Vegetation und nicht zuletzt die t o p o g r a p h i s c h e n B e d i n g u n g e n:
Höhe über dem Meeresspiegel, Exposition zu den verschiedenen Himmelsrichtungen. (57. S. 181: 26:
61. S. 403: 61. S. 405; 23, S. 262; 72).
Aber nicht zufällig auf Expeditionen gemachte Beobachtungen werden hier fruchtbringend wir
ken, sondern genaue systematische Untersuchungen. Nicht zum mindesten werden genaue Temperatur-
beobachtuugen die Lösung des Eisbodenproblems fördern; so haben doch die systematischen Unter
suchungen. die in der letzten Zeit im Amurgebiet angestellt worden sind, schon zu mancherlei inter
essanten Schlüssen Anlaß gegeben (73).
Zusammenfassung: Das Bodeneis ist ein Sonderfall des Eisbodens: es ist daher in seiner horizon
talen wie vertikalen Verbreitung von ihm abhängig, also eng mit allen Fragen des Gefrornisprob-
lems verknüpft.