Vorwort
Im 44. Band der Sammelreihe ..A u s d e m Archiv der Deutschen See-
warte“ erschien 1926 als Nr. 1 die Studie von M. Gans: „Das Hu dsonmeer“, im
49. Band (1950) als Nr. 5 die Abhandlung von Georg i-A h 1 g r i m m-S t ö b e-T roll
..Meteorologische Beobachtungen auf einer Forschungsreise mit „Meteor“ nach Island
und Grönland im Sommer 1928, nebst einer Darstellung der Flugklimatologie und
Flugmeteorologie des „Nördlichen Flugweges.“ — Mit der vorliegenden Schrift
Gr. Satow : ..Das Bodeneis in der Arktis. Tatsachen und Hypothesen“ gibt die
Seewarte abermals eine auf polarer Forschung füllende Veröffentlichung heraus.
Wer die geographische, Wirtschafts- und Verkehrs-Literatur der letzten Jahre
verfolgt hat. weiß, daß es kein Zufall ist, wenn auch die Deutsche Seewarte ihre
Aufmerksamkeit zunehmend jenen zur Zeit noch abseits vom Weltverkehr liegen
den Gebieten zugewandt hat: die Wissenschaft bereitet der Wirtschaft und dem
Verkehr den Weg, leistet Vorarbeiten, um deren Versuchszeiten abzukürzen und sie
möglichst bald rationell zu gestalten.
Wir sehen, wie der Wohn raum der Kulturvölker polwärts vordringt, wie die Fer
tigstellung der die mittelkanadischen Provinzen mit Port Churchill an der Hudson
bai verbindenden Eisenbahn seit 1929 die Aufmerksamkeit der seefahrenden Völ
ker auf sich lenkt. Wir verfolgen mit Spannung die wetteifernden Bemühungen der
Nationen, die Arktis für die Zwecke des Weltluftverkehrs „aufzuschließen.“ Das
„Internationale Polarjahr 1952/35" rückt heran, in dem die Völker in gemeinsamer
Forschungsarbeit sich bemühen werden, naturkundliche Rätsel ihrer Lösung näher
zu bringen in der Hoffnung, hiermit auch dem „Leben“ selbst zu dienen.
Ein solches Rätsel ist das Stein- oder Bodeneis. Muß mit Armierungen der
arktischen Festlands- und Inselküsten sowie der Flußmiindungsufer unter dem Ein
fluß der Meerw'assereis-Auflagerungen einerseits, des Abtauens von Eismassen im
Boden andererseits gerechnet werden? Bilden sich letztere noch jetzt oder handelt
es sich nur um Ueberreste einer früheren Eiszeit?
Die Deutsche Seewarte hofft, mit dieser Veröffentlichung denen, die dazu beru
fen sein werden, während des kommenden „Polarjahres“ ihre Arbeitskraft in den
Dienst der Forschung zu stellen, die Anregung sowohl w ie die Möglichkeit zu geben,
sich auch mit einer Naturerscheinung zu befassen, die zwar nicht im Rahmen der
Hauptaufgaben liegt, deren Lösung jenes internationale Unternehmen in erster Linie
gilt, aber gleichwohl zwangsläufig die Aufmerksamkeit der Forscher auf sich ziehen
wird. Es darf insbesondere darauf aufmerksam gemacht werden, daß diese Ab
handlung vielfach auf russische Quellen zurückgreift, die den westeuropäischen
Wissenschaftern größtenteils verschlossen sind.
Hamburg, den i. Dezember 1950.
Deutsche Seewarte.
Dominik.