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Full text: 49, 1930/1931

8 Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — Band 49, Nr. 4 — Paul Pummerer und Rudolf Otto Steiner: Höhenwind- 
ganzen Zeit unseres Aufenthaltes 25° C nicht überschritten. Nach verbürgten Aussagen, die sich 
durchaus mit Nachrichten deckten, die uns schon in Rio und Porto Alegre geworden waren, war 
dieser ganze Sommer 1927^28 ausnehmend kühl für die ganze patagonische, argentinische und süd 
brasilianische Küste. Die Ursache soll mit einem ganz ungewöhnlich weit nordwärts reichenden 
Transport von Eisbergen aus dem Südpolarland zusammengehangen sein. Nach den einen sollen 
die Eisberge bis Bahia blanca, nach anderen sogar bis in die Höhe der La - Plata - Mündung 
vorgedrungen sein, eine Möglichkeit, die nicht ganz von der Hand zu weisen ist, da z. B. Schott*) 
von einer Eistrift durch den Falklandstrom bis in eine Breite von 37° S berichtet. 
In Buenos Aires betreute uns auf Empfehlung des Condor-Syndikats und der deutschen Ge 
sandtschaft Herr Ing. Antonio Pauly, Redakteur der angesehenen Zeitung „La Prensa“ und Mitglied 
des geographischen argentinischen Instituts. Herr Pauly, an den modernen Aufgaben der Meteoro 
logie lebhaft interessiert, hat in Buenos Aires mit Hilfe der Militärbehörden Höhenflüge zum Zwecke 
meteorologischer Messungen veranstaltet. Er führte uns auch bei dem staatlichen meteorologischen 
Institut ein. 
Am 22. Februar um 16.30 Uhr verließ die „Sierra Ventana“ den Hafen von Buenos Aires mit 
dem früheren Zaren Ferdinand von Bulgarien an Bord, dem großen Tier- und Naturfreund, der bis 
Rio Passagier der „Sierra Ventana“ war. 
Am Tage unserer Abreise sank die Temperatur besonders stark. Seit Mittag hatte sich ein 
langsamer stetiger Temperatursturz eingestellt, der von Mittag bis Nacht 10° betrug. Am nächsten 
Mittag maßen wir um 14 Uhr unter 35° 0’ südlicher Breite 15° C. Auf der Küstenfahrt bis Rio war 
das Wetter nicht viel besser, als bei der Hinreise. Besonders zeigte sich Santos von der übelsten 
Seite. Wer von den nebelgrauen winterlichen Küsten Norddeutschlands nach der Küste Süd 
brasiliens auszieht mit der Vorstellung einer sonnendurchglühten subtropischen Landschaft, der ist, 
wie wir, erstaunt darüber, wie trübe, düster und regenschwer es dort aussehen kann. In Santos, 
wo wir am 26. Februar lagen, haben wir mit Regen, Unsichtigkeit und tiefen Wolken einen Tag 
erlebt, wie man ihn im deutschen Mittelgebirge nicht schlimmer und flugbehinderter erleben kann. 
Es mag hier nur angeführt werden, daß schon die nächsten kleinen Hügel am Hafen vollständig 
verschwanden und daß die Masten einer Leitung über den flußartigen Hafenarm mit einer Höhe 
von 20—30 m zeitweise in die Wolken eintauchten. Als wir nach diesem schweren Regentag 
abends aus dem schmalen Meeresarm hinter den Bergen der Steilküste das offene Meer gewannen, 
überraschte uns ein Wolkenpanorama, so grotesk und bunt in Farben der untergehenden Sonne, 
wie man es allerdings in Mitteleuropa nicht erlebt. Das Regenwetter hatte in Santos in gleicher 
Weise schon 4 Tage gedauert, so daß teilweise Ueberschwemmungen herrschten und in Rio war 
am gleichen Tage ein furchtbares Unwetter mit Wolkenbruch und Ueberschwemmung nieder 
gegangen. Die Zeitungen brachten am nächsten Tage in Rio Bilder von den Verheerungen, die 
Wirbelwind und Unwetterkatastrophe angerichtet hatten. 
Die „Sierra Ventana“ als Passagier-Dampfer mußte ihren Gästen mehr von der ozeanischen 
Inselwelt zeigen, als wir auf der Ausreise auf dem Frachtdampfer zu sehen bekamen. Daher war 
ihre Route zum Teil eine andere als die der „Erfurt“, sehr zum Vorteil für unsere Erfahrungen. 
Das Gebiet der mit dem SE-Passat kämpfenden NE-Winde vor der brasilianischen Küste war 
wieder der Schauplatz plötzlicher Einbrüche mit käftigen Regenschauern. Am 2. März fuhren wir 
dicht am Westufer der brasilianischen Insel Fernando Noronha entlang. Die Küste fällt steil ab, so 
daß eine gute Annäherung an das Land möglich ist. Die westliche Steilküste Fernando Noronhas, 
die in einer einsamen Felszacke bis fast 400 m hochragt, ist berüchtigt durch Fallböen auf der 
Leeseite der passatischen Ostwinde. Wir bekamen diese Fallböen wohl zu spüren. Gleich hinter 
Fernando Noronha kündete ein erster Schauer die Annäherung des äquatorealen Regengürtels an. 
Von 22 bis 6 Uhr fuhren wir durch Mallungen und am nächsten Morgen hatte sich schon ein sehr 
frischer Nordost aufgemacht, der jedoch noch nicht beständig blieb, sondern zeitweise wieder von 
’) Schott: Geographie des Atlantischen Ozeans. Seite 163.
	        
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