K. H. Sol tau: Höhenwindmessungen und sonstige meteorologische Beobachtungen zwischen Hamburg und dem La PI ata 11
Dagegen ergibt ein Vergleich der bei der vorliegenden Reise Vorgefundenen Strömungsver
hältnisse mit dem aus früheren Reisen gemittelten Strömungsverlauf, wie er für einzelne Niveaus
auf den „Luftfahrtblättern 7 ) der Monatskarte für den Südatlantischen Ozean“ dargestellt ist, folgende
Uebereinstimmungen bzw. Abweichungen.
Der auf den Luftfahrtblättern dargestellte mittlere Strömungsverlauf gilt für die Monate Mai
bis September, während welcher Zeit der NE-Passat am weitesten nordwärts reicht. Es ist daher
verständlich, daß der Passatbeginn während der von Ende April bis Ende Juni 1928 dauernden
Reise südlicher, als in den Luftfahrtblättern verzeichnet, angetroffen wurde. Abgesehen von dieser
Verschiebung der polaren Passatgrenze herrscht bis zum 1000 m - Niveau gutes Uebereinstimmen.
Vom 1500 m - Niveau an aufwärts treten aber deutliche Unterschiede hervor. Nach den Luft
fahrtblättern stellt etwa der 20. Breitengrad in 1500 m eine wesentliche Grenze dar. Nördlich die
ser Linie setzt in der Höhe die südwestliche Gegenströmung ein, während südlich von 20 0 N. Br.
der Passat höher hinaufreicht. Bei 2000 m ist etwa unter 20° N. Br. und 24° 30’ W. Lg. ein hy
perbolischer Punkt verzeichnet, südlich und westlich von dem die Winde östliche Komponenten
haben, während östlich und nördlich von ihm Winde mit westlicher Komponente auftreten. Dieser
hyperbolische Punkt liegt in 2500 m unter 19 0 N. Br. und 28° W. Lg.
Auf der „Einweisungsfahrt A“ wurde im 1500 m-Niveau die Grenze zwischen westlichen Winden
im Norden und dem Passat im Süden erst unter 17" bis 18° N. Br. anstatt bei 20° N. Br. gefunden.
Dementsprechend verschob sich auch der hyperbolische Punkt im 2000 m - Niveau bei gleichblei
bender Länge um volle 5 Breitengrade weiter nach Süden. Er lag unter 15° bis 16° N. Br. und
etwa 25° W. Länge. Auch im 2500 m - Niveau wurde der hyperbolische Punkt an dieser Stelle
gefunden.
Die Polargrenze des NE-Passats befand sich auf der Ausreise am 28. IV. unter 30 0 N. Br.
Auf der Heimreise zeigte der Aufstieg Nr. 85 als letzter die für den NE-Passat dieser Tage typi
schen Verhältnisse mit dem scharfen Windsprung in 1000 m auf SW. Der Aufstieg des nächsten
Tages (Nr. 86) auf der Breite 28 ° 42 ’ N ergab bereits am Boden NNW von 6 m/sec und in 3000 m
SW von 22 m/sec. Auf Gran Canaria (28 0 N. Br.) wehte tagsüber noch der Passat, sodaß seine
nördliche Grenze am 18. VI. also hart nördlich von Gran Canaria lag.
Die Aufstiege Nr. 87—92 in der Breitenzone von 32° N bis 45° N, die den Breiten von Mogador
(Marokko) bis Vigo (Nordwestspanien) entsprechen, ergaben allerdings wieder NE - Winde von
der Meeresoberfläche bis über 500 m herauf. Trotzdem kann diese Windströmung nicht mehr zum
Passat gerechnet werden, da die südlich von den Kanaren angetroffene typische Gegenströmung
über dem Passat von 1000 m an aufwärts hier vollkommen fehlte. Nördlich von 32 0 N. Br. drehte
der Wind von NE 7—8 m/sec. in den unteren 500 Metern mit der Höhe über E auf SE zurück, gleich
zeitig abflauend. Diese vorherrschend östliche Strömung stand in direktem Zusammenhang mit
einem nordostwärts gerichteten Vorstoß des Azorenhochs. Auf der Fahrt der „Monte Olivia“ von
Las Palmas bis nach Vigo verschob sich das Gebiet höchsten Druckes vom Westen über NW, N bis
nach NE. Am 21. VI. lag bereits ein selbständiges Hoch über SW - Frankreich und der Biscaya.
Dementsprechend schrumpfte die NE-Strömung nach Norden zu immer mehr zusammen, und unter
41 0 30’ N. Br. (Aufstieg Nr. 91) war die NE-Strömung nur noch 50 m mächtig. Darüber wehten be
reits aus dem Hoch abgleitende SE-Winde. Die Windsprungschicht (Inversion) war durch einen
deutlichen, vom Schiff aus wahrnehmbaren Dunsthorizont gekennzeichnet. Unter dieser Inversion
verdichtete sich am Abend des 21. VI. im Hafen von Vigo der Dunst bis zu Bodennebel.
In 5500 m (Aufstieg Nr. 91) setzten Westwinde ein, die am 22. VI. unter 46° N. Br. schon bis
1000 m herabreichten (Aufstieg Nr. 93). Unter 50° N. Br. herrschte bis zum Boden herab West
wind. Hier wurden in einer Höhe von 7000 m mit 30 m/sec (Aufstieg Nr. 99) die höchsten Wind
geschwindigkeiten während der ganzen Reise gemessen.
7 ) Luftfahrtblatt usw. Bearbeitet vom Seeflugreferat bei der Deutschen Seewarte. Abgeschlossen am 1. V. 1928.