J. Georgi — F. A hl grimm — W. Stöbe: Forschungsreise „Meteor“ nach Island—Grönland 1928. 53
Diese Übereinstimmung ist umso wertvoller, weil man selbst den hohen Werten der Windge
schwindigkeit zu mißtrauen geneigt ist, da sie durch eine Abnahme der Steiggeschwindigkeit vorge
täuscht werden können. In diesem Fall, der offenbar für die Nordluftausflüsse typisch ist, ist die ge
fundene Geschwindigkeit als reell anzusetzen. Und wiederum zeigt, ganz ähnlich der Periode vom 11. bis
15. 8. die Wetterkarte Fig. 6—8 Taf. 13 eine ungewöhnlich kräftige Depression stationär südlich von
Island. Allerdings ist hier die Regeneration bzw. Neubildung bereits am 21./22. 8. südlich von Grönland
erfolgt. Ein am 21. 8. 02.00 mit 755 mm tiefsten Barometerstand und schwachen Winden südlich Grön
lands liegendes Tief ist am 22. 8. 02.00 bereits auf unter 745, am 23., fast an der gleichen Stelle verbleibend,
unter 740 mm vertieft, mit entsprechend stürmischen Winden. Es bleibt mit ungeändertem Gradienten
am 24. und 25. liegen, obwohl eine Tiefdruckrinne nach Finnland hin seit Tagen einen freien Durchgang
nach E gestattet. Erst am 26. füllt es sich auf 745, am 28. unter Zerfallsersoheinungen auf 750 mm auf.
Wenn auch dieser Fall weniger anschaulich ist, da die Bildung der Depression nicht durch Pilot
aufstiege belegt ist, so ist der Zusammenhang zwischen hoher N-Strömung auf Island und Erhaltung
einer stationären Zyklone auf dem N-Atlantik, besonders mit Hilfe des Aufstiegs von Akureyri vom
25. 8., wiederum kaum von der Hand zu weisen. Im einzelnen wird die jeweilige Wetterlage, besonders
der thermische Gradient, der die südöstliche Hälfte der Depression bildenden subtropischen Luft, die
Verhältnisse stark beeinflussen. Ist ein Ausgleich der Temperaturgegensätze oder, was dasselbe ist, der
Druckunterschiede erfolgt, dann wird das Tief rasch absterben. Es ist aber denkbar, daß nunmehr die
kinetische Energie großer von N nach S in Bewegung gesetzter Luftmassen deren Weiterfluß gegen
den Gradienten bewirkt, wodurch sich ein als Arbeitsbegriff vielfach verwendeter „dynamischer Auf
bau“ eines Hochdruckgebietes ergeben würde. Die Fig. 6—8 Taf. 13 zeigen die vorstehend erörterten
Tage vom 25.—28. 8. 28, wobei anstelle der in Fig. 1—5 Taf. 13 dar gestellten Regeneration einer
Depression deren langsames Auffüllen unter gleichzeitigem Aufbau eines für diesen Teil des Atlantik
ungewohnt kräftigen Hochdruckgebietes zu erkennen ist.
Ohne Zweifel machen die mitgeteilten Beobachtungen über die Natur der Polarluftausbrüche als
hohe Antizyklonen eine Nachprüfung der bestehenden Vorstellungen über ihre Wechselwirkung mit
dem zyklonalen Luftkörper in den hohen Schichten und den Verzicht auf ihre Eigenschaft als polare
Kälteverfrachter notwendig. Eine mit Unterstützung der Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft
im Gange befindliche statistische Bearbeitung aller bis Ende 1928 bekannten Aufstiege von Island soll
erst zeigen, ob diese Nordluftvorstöße nur auf den Sommer begrenzt sind, für den ja bereits Herge
sei l 21 ) eine starke Erwärmung der Atmosphäre in den subpolaren Gebieten unter dem Einfluß der
ununterbrochenen Sonneneinstrahlung in Anspruch genommen hat, oder ob sie während aller Jahres
zeiten eintreten können. Sollte tatsächlich ein Zusammenhang mit dem Polarsommer bestehen, dann
müßte allerdings ein unterschiedliches Verhalten der nordatlantischen Depressionen im Sommer und
Winter nachweisbar sein. De Quervain (1. c. p. 400) hält es für möglich, daß die winterlichen Anti
zyklonen des subarktischen Gebietes aus Ansammlungen kalter Luft bestehen, diejenigen des Frühjahrs
dynamischer Natur sind und mit der großen Zirkulation (Abfließen der Luft in der Höhe von den sich
erwärmenden südlichen Breiten) Zusammenhängen.
In der Nacht vom 28.—29. 8. „wunderbares Nordlicht, nach unten rötlicher Saum, in den W—E
streichenden Draperien Bewegungsrichtung nach E, d. h. Richtung von der Sonne fort.“
Mittwoch, 29. und Donnerstag, 30. August. BZ — MEZ — 2 h .
Ein ausgedehntes Tiefdruckgebiet liegt südlich von Island. Obwohl auf See südlich Island vor
wiegend S—SW-Strömung beobachtet wird, die dem Isobarenverlauf entspricht, herrschte beim Aus
laufen aus Reykjavik NNE 3, offenbar durch Landeinfluß abgelenkt.
21 ) H. Hergesell. Die Erforschung der freien Atmosphäre über dem Polarmeer; Beitr. z. Phys. d. fr.
Atm., Bd. II, 1906—08, p. 97. — Aerologigehe Studien im arktischen Sommer ebenda, Bd. VI, 1914, p. 250.